Das geht aus dem aktuellen Länderbericht Deutschland zum Global Entrepreneurship Monitor (GEM) hervor, den das RKW Kompetenzzentrum (www.rkw-kompetenzzentrum.de) gemeinsam mit dem Institut für Wirtschafts- und Kulturgeographie der Universität Hannover (www.wigeo.uni-hannover.de) vorgestellt hat. Das RKW Kompetenzzentrum hat darauf basierend sieben Maßnahmen zusammengetragen, die für eine bessere Gründungskultur in Deutschland sorgen können:
- Unternehmerisches Denken in der schulischen Ausbildung fördern
Junge Menschen sollten bereits möglichst früh über das Thema Selbstständigkeit informiert werden, um ein ausgeprägtes unternehmerisches Denken zu entwickeln. Eine Möglichkeit ist die bundesweite Einführung des Schulfaches “Wirtschaft”, das bereits in Bayern und Baden-Württemberg erfolgreich in die Lehrpläne eingezogen ist. So können sich Schüler bereits früh mit dem Themenkomplex der Unternehmensgründung auseinandersetzen.
- Umdenken in der Gesellschaft: Kultur der “zweiten Chance” schaffen
Für die niedrige Gründungsquote in Deutschland ist unter anderem die Angst vor dem Scheitern verantwortlich. Rund 42 Prozent der deutschen 18- bis 64-Jährigen gaben dies als Grund an, der sie von einer Gründung abhalte. Daher ist es nötig, ein gesellschaftliches Umdenken zu fördern. So sollte der Mut zur Selbstständigkeit bereits in der Schulzeit honoriert werden und unternehmerisches Scheitern als Lernprozess während der schulischen Ausbildung vermittelt werden. Um diesen Prozess des gesellschaftlichen Umdenkens zu fördern, könnten beispielsweise Formate geschaffen werden, in denen gescheiterte und erfolgreiche Unternehmer der Öffentlichkeit ihre Erfahrungen mitteilen. Auch die einfachere Vergabe von Aufträgen öffentlicher Einrichtungen an junge Unternehmen könnte den Unternehmergeist in Deutschland steigern.
- Finanzierungs- und Förderungsangebote ausbauen und transparenter machen
Das Finanzierungs- und Förderungsangebot in Deutschland ist trotz Verbesserungsmaßnahmen in den letzten Jahren noch immer kompliziert und unzureichend. Die Schaffung von steuerlichen Anreizen bei dem Einsatz von privatem Wagniskapital, die im Koalitionsvertrag verankert ist, stellt einen ersten guten Ansatzpunkt in die richtige Richtung dar. Darüber hinaus muss jedoch verstärkt und transparenter über das bestehende Angebot für Gründer informiert werden beispielweise in Form von mehreren „One-Stop-Shops“. Zudem könnte dies auch durch Weiterbildungsangebote über bestehende Maßnahmen erfolgen.
- Infrastruktur: Hochgeschwindigkeits-Internet im ländlichen Raum sichern
Eine weitere Möglichkeit, die Gründungskultur in Deutschland zu fördern, besteht in dem flächendeckenden Ausbau von Hochgeschwindigkeits-Internetleitungen, insbesondere in ländlichen Regionen. So würden diese Standorte mit ihren günstigen Immobilienpreisen für Gründer attraktiver werden.
- The Future is Female: Förderung von Frauen
In Deutschland gründen Männer beinahe doppelt so häufig ein eigenes Unternehmen wie Frauen. Dabei haben beide Geschlechter hierzulande grundsätzlich dieselben Qualifikationen, um sich selbstständig zu machen. Es bedarf daher politischer Maßnahmen, um Frauen bessere Gründungschancen zu ermöglichen. Einerseits müssen Frauen um familiäre Pflichten entlastet und andererseits an männerdominierte Berufe herangeführt werden. Das kann etwa durch den Ausbau von Ganztagsschulen oder spezielle Bildungsangebote, insbesondere im MINT-Bereich, für Frauen an Schulen und Universitäten erreicht werden. Das Ziel sollte sein, den Frauenanteil bei technischen und ingenieurwissenschaftlichen Berufen zu erhöhen und es ihnen zu ermöglichen, die Familie und den Beruf problemlos miteinander vereinbaren zu können. Auch spezielle Mentoring-Programme durch erfolgreiche Gründerinnen könnten helfen, Frauen die Angst vor dem Gründen zu nehmen.
- Unternehmensnachfolge als Alternative zur Neugründung
Aktuell wird das Thema Unternehmensnachfolge oft nur nebensächlich in der Entrepreneurship-Education in Schulen und Universitäten erläutert. Dabei bietet es gerade in unserer alternden Gesellschaften unglaubliches Potential. So sollte das Thema verstärkt in die Öffentlichkeit getragen werden, indem diese Bildungsinstitutionen verstärkt auf die Möglichkeiten von Unternehmensnachfolgen aufmerksam machen. Außerdem sollten in öffentlichen Programmen zur Förderung von mehr Selbstständigkeit neben Neugründern auch verstärkt Unternehmer zu Wort kommen, die kürzlich eine Firma übernommen haben.
- Gründungsprozesse für Migranten erleichtern
Die Gründungsquote unter Migranten liegt mit 6 Prozent über dem bundesweiten Durchschnitt. Das ist erstaunlich, da Migranten in der Regel größere Hürden im Gründungsprozess überwinden müssen. So müssen sie unter anderem eine neue Sprache lernen und ihre beruflichen Qualifikationen aus dem Ausland anerkennen lassen. Diese Prozesse müssen ebenso erleichtert werden wie der Zugang zu Finanzierungsangeboten. Denn oft fehlen Migranten unter anderem Sicherheiten, um eine Finanzierung zu erhalten. Daher sollten Finanzierungsangebote für Neugründungsprojekte von Migranten von konventionellen Kriterien zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit gelöst werden.
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