Laut einer aktuellen Gallup-Studie befindet sich die emotionale Bindung von Beschäftigten zu ihrem Unternehmen auf dem niedrigsten Stand seit zehn Jahren. Als Konsequenz einer zunehmend niedrigen emotionalen Bindung nimmt die Bereitschaft Beschäftigter für einen Jobwechsel weiter zu. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse des aktuellen Employee Engagement Index 2022, der seit 2001 jährlich durch das Beratungsunternehmen Gallup erstellt wird und misst, wie stark die Mitarbeitenden emotional an ihren Arbeitgeber gebunden sind und wie viel Engagement und Motivation sie bei der Arbeit zeigen. Grundlage der Studie ist eine repräsentative Umfrage bei der 1.500 zufällig ausgewählte Arbeitnehmende in Deutschland per Telefon interviewt wurden.
Emotionale Bindung sinkt, Wechselbereitschaft von Beschäftigten nimmt weiter zu
Die Ergebnisse des Gallup-Reports machen deutlich, dass die emotionale Bindung von Beschäftigten zu ihrem Betrieb weiter sinkt und dass sich immer weniger Arbeitnehmende mit dem eigenen Unternehmen verbunden fühlen. Zurückgeführt wird dies auf den Dauerkrisenmodus der letzten Jahre, der auch bei den Beschäftigten seine Spuren hinterlassen hat. Erreichte der Anteil der Beschäftigten mit hoher emotionaler Bindung in den Pandemiejahren 2020 und 2021 jeweils noch ein Rekordhoch mit 17 Prozent, so erleben jetzt nur noch 13 Prozent der Befragten „ein durch Führung positiv geprägtes Arbeitsumfeld“, das eine hohe emotionale Bindung hervorbringt. Dieser Wert stellt einen Tiefstand seit den letzten 20 Jahren dar.
Gleichzeitig ist die Anzahl der Arbeitnehmenden, die bereits innerlich gekündigt haben, seit der letzten Umfrage (14 % der Befragten in 2021) um ca. 28 % gestiegen (18 % der Befragten in 2022). Dies entspricht dem höchsten Wert seit 2012. In Konsequenz steigt auch die Wechselbereitschaft von Beschäftigten weiter an: nur noch jede/r zweite Arbeitnehmende/r beabsichtigt vorbehaltlos in einem Jahr noch beim derzeitigen Betrieb beschäftigt zu sein. Zusätzlich schätzen Beschäftigte ihre Aussichten auf eine mögliche neue Stelle so positiv ein wie selten zuvor.
Diese Kernergebnisse des Gallup Engagement Index 2022 zeugen von massiven Umbrüchen im deutschen Arbeitsmarkt.
Fachkräfteengpässe Alltag in deutschen Unternehmen
Dazu kommt, dass Fachkräfteengpässe zur Realität der meisten Unternehmen gehören und die Anzahl kontinuierlich steigt. Jährlich berichten mehr Unternehmen, über weniger Fachkräfte als benötigt zu verfügen (2021: 66 %; 2020: 55%; Quelle Bertelsmann Stiftung).
Durchschnittlich haben Betriebe im letzten Jahr 145 Tage gebraucht, um eine offene Stelle mit einer entsprechenden Fachkraft zu besetzen – 23 Tage mehr als im vorigen Jahr und 77 Tage mehr als noch vor zehn Jahren. 2022 waren 845.000 offene Arbeitsstellen gemeldet – das entspricht einer Zunahme von 20 Prozent zum Vorjahr (Quelle: Bundesagentur für Arbeit).
Schlechte Führung wird durch Wechselwilligkeit abgestraft
Betriebe müssen unter den derzeitigen Bedingungen alles daransetzen, Ihre Beschäftigten zu halten, um die Auswirkungen des Fachkräftemangels abfangen und ihre Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit erhalten zu können.
Was können Unternehmen also tun, um für eine höhere emotionale Bindung zu sorgen? Die Antwort lautet: gute Führung! Eine entsprechende Führungskultur im Unternehmen kann für eine höhere Bindung von Beschäftigten sorgen und gleichzeitig die Wechselbereitschaft eindämmen.
Von den Beschäftigten, die eine hohe Bindung zu ihrem Unternehmen angeben, wollen 86 Prozent in einem Jahr noch bei ihrer derzeitigen Firma sein und lediglich zwei Prozent sind derzeit aktiv auf Jobsuche. Und apropos gute Führung: laut der Studie sehen fast vier von zehn Befragten (38 %) hier Nachholbedarf, nur 25 Prozent der Befragten sind mit ihrer derzeitigen Führungskraft äußerst zufrieden.
Unternehmen sollten ihre Führungskultur auf den Prüfstand stellen und aktiv die Qualität und Umsetzung im Arbeitsalltag vorantreiben. Denn, wie heißt es so schön? Man verlässt nie das Unternehmen, sondern Vorgesetzte.
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