Der Fachkräftemangel ist nicht nur in Deutschland, sondern weltweit eine Herausforderung. In der EU sind mittlerweile die meisten Mitgliedstaaten davon betroffen – und das bereits seit knapp zehn Jahren. Laut einer Statistik von Eurostaat (Statistisches Amt der Europäischen Union) hatten folgende Länder im 2. Halbjahr 2023 die höchste Quote an offenen Stellen: Auf Platz eins die Niederlande mit einer Quote von 4,7 Prozent. Gefolgt von Belgien, Österreich und auf Platz 4 mit Deutschland mit 4,1 Prozent. Selbst Länder, die früher viele Fachkräfte hatten, wie Bulgarien und Rumänien, verzeichneten im 2. Quartal 2023 0,8 Prozent unbesetzte Stellen.
In der EU werden Softwareentwicklerinnen und Softwareentwickler gesucht
Unter den freien Stellen, die online ausgeschrieben wurden, waren Softwareentwickler und Assistenzen im Vertrieb am gefragtesten. Auch in den Bereichen Werbung, Marketing und Fertigung gab es zahlreiche freie Stellen, ebenso wie im Ingenieurwesen und in der Forschung und Entwicklung.
42 Mangelberufe in der EU – Aktionsplan soll Situation verbessern
Kein Wunder, dass fast zwei Drittel (63 Prozent) der kleinen und mittleren Unternehmen in einer 2023 durchgeführten Eurostat-Umfrage angaben, dass ihnen die nötigen Fachkräfte fehlen. Die Kommission hat 42 Berufe ermittelt, die mit Engpässen zu kämpfen haben. Auf der Liste stehen unter anderem: Allgemeinmedizin, Pflegefachkraft, Koch, Maurer, Dachdecker, Kraftfahrzeugmechanik, Busfahrer oder Umweltschutzingenieur.
Deshalb hat die EU einen Aktionsplan vorgelegt. Dieser sieht zentrale Maßnahmen vor, die die EU, die Mitgliedstaaten und die Sozialpartner kurz- bis mittelfristig ergreifen sollen. In insgesamt fünf Bereichen soll gehandelt werden – eine davon ist die Fachkräfteeinwanderung.
EU hat bereits 3,5 Mio. Arbeitnehmende weitergebildet
Der Aktionsplan ist auch ein wichtiges Ergebnis des Europäischen Jahres der Kompetenzen. Er baut auf den zahlreichen, bereits auf EU-Ebene existierenden politischen und finanziellen Maßnahmen auf, wie beispielsweise dem Kompetenzpakt, dank dem bisher 3,5 Millionen Arbeitnehmende weitergebildet wurden.
Weltweit Mangel in vielen Ländern – Japan führt die Liste an, vor Deutschland
Weltweit gibt es mittlerweile in vielen Ländern einen großen Arbeits- und Fachkräftemangel. Die ManPower Group hat 2024 eine Studie zum weltweiten Fachkräftemangel (Global Talent Shortage) veröffentlicht. Dazu wurden 40,077 Arbeitnehmende in 41 Ländern interviewt, darunter viele Europäische, aber auch von allen anderen Kontinenten.
Die größten „Mangelländer“ sind hier etwas anders als im rein europäischen Vergleich: Angeführt wird die Liste von Japan mit 85 Prozent, gefolgt von Deutschland, Griechenland und Israel mit jeweils 82 Prozent. Danach kommen mit 80 Prozent Portugal und Irland. Den geringsten Fachkräftemangel hat Finnland mit 59 Prozent.
Dabei sind die jeweilige Situation der betroffenen Länder sowie die Strategien der Einzelnen gegen den Fachkräftemangel durchaus unterschiedlich. In diesem Blog stellen wir unter dem Motto "Der Blick über den Tellerrand" jeden Monat ein anderes Land und seine Maßnahmen vor.
Was bedeutet die Entwicklung für deutsche KMUs?
Viele osteuropäische Länder, aus denen früher Arbeitskräfte nach Deutschland kamen, versuchen selbst, ihre verbliebenen Fachkräfte zu halten. Dafür ergeben sich neue Chancen in anderen Ländern – teilweise auch forciert durch die Bundesregierung. Länder mit einer sehr jungen Bevölkerung, die im Land selbst kaum berufliche Chancen haben. Auf dem „Informationsportal für ausländische Berufsqualifikationen“ finden sich derzeit Steckbriefe zu 18 Fokusländern mit hohen Potenzialen zur Fachkräfterekrutierung. Ein Blick hierauf kann sich lohnen.
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