In der heutigen Zeit ist es wichtiger denn je, dass Unternehmen neue Wege bei der Rekrutierung von Azubis gehen. Recruiting-Apps, die speziell Jugendliche als Zielgruppe ansprechen und die Bewerbung kinderleicht machen sollen, spielen dabei eine immer größere Rolle. Robert Greve, CEO und Mitbegründer von „DEIN ERSTER TAG“ hat zusammen mit seinem Team eine solche Job-App geschaffen und dieses Frühjahr an den Start gebracht. Wir haben mit ihm über modernes Azubimarketing, die Entstehung und Vorteile der App und über die Bedürfnisse der Jugendlichen bei der Bewerbung gesprochen.

Herr Greve, welchen Hürden begegnen jungen Menschen heutzutage bei der Bewerbung für einen Ausbildungsplatz und welche Bedürfnisse oder Wünsche werden von Ihnen wahrgenommen?

Der Arbeitsmarkt hat sich gedreht. Nicht mehr die zukünftigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind es, die von sich überzeugen müssen. Vielmehr sind es heute die Unternehmen, die gute Argumente vorbringen müssen, warum sich Jugendliche für sie entscheiden sollten. Die jungen Leute müssen also eigentlich über keine Hürde springen. Es ist viel eher die Hürde der Unternehmen. Sie sind es, die Bedürfnisse verstehen und Wünsche erfüllen müssen. Für unsere „DEIN ERSTER TAG“-Job-App haben wir viel mit Jugendlichen aus der Generation Z, also denjenigen, die zwischen 1995 und 2010 geboren sind, darüber gesprochen und herausgefunden, worauf es ihnen im Bewerbungsprozess wirklich ankommt. Zusammengefasst sind es diese vier Punkte:

1. Die Möglichkeit zu haben, sich mobil per Smartphone bewerben zu können.

2. Jobanzeigen sollten ohne große Selbstdarstellung der Unternehmen auskommen.

3. Antwortzeiten sollten genauso schnell sein, wie die Jugendlichen es von Messengerdiensten gewohnt sind.

4. Unternehmen sollten auch wirklich Antworten und Feedback geben.

Das alles zusammengenommen bedeutet für die Zukunft einen andauernden Stresstest für traditionelle Recruitingprozesse. Mit der „DEIN ERSTER TAG“-Job-App zeigen wir Unternehmen einen Weg auf, diesen vier Herausforderungen – oder Hürden – auf wirklich zielgruppengerechte Weise zu begegnen.

Auf Ihrer Website sprechen Sie von „Azubimarketing like it’s 2023“ – was verstehen Sie denn unter modernem Azubimarketing?

2023 als Arbeitgeber in Betracht gezogen zu werden, bedeutet in erster Linie dort wahrgenommen zu werden, wo sich die Zielgruppe auch wirklich aufhält. Das Recruiting fängt also nicht auf den großen Jobportalen an, wie viele bis heute glauben. Unternehmen müssen schon viel früher auf dem Radar der Jugendlichen sein – durch gute, unterhaltende oder lehrreiche Social-Media-Auftritte zum Beispiel. Wer da heute noch mit klassischen, langweiligen Imagevideos kommt, hat schon verloren. Mit Jugendlichen auf Augenhöhe zu kommunizieren, ihnen einen Mehrwert zu bieten oder Haltung zu zeigen – das kommt an und macht attraktiv. Auch wir standen vor gar nicht langer Zeit vor der Frage, wie wir unsere eigene Kommunikation so aufstellen können, dass wir auch weiter als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden. So entstand die Idee zum „DEIN ERSTER TAG“-TikTok-Kanal. Anderthalb Jahre später folgen uns eine viertel Million meist junger Menschen. Hätte uns damals jemand gesagt, dass wir sogar so erfolgreich damit sein würden, dass wir unseren eigenen Kanal für andere Firmen öffnen und ihnen unsere Reichweite zur Verfügung stellen können, wir hätten es nicht geglaubt. Erfolgsgeschichten wie diese brauchen aber absolutes Commitment und einen langen Atem. Auch das ist nämlich Teil des „Azubimarketing like it`s 2023“ – viel Arbeit und Menschen, die ein gutes Gespür für die Zielgruppe haben.

Woher rührt die Idee zur App und wie ist die App letztlich entstanden?

In den vergangenen Jahren haben wir uns mit „DEIN ERSTER TAG“ intensiv mit allen Facetten der Berufsorientierung befasst. Dabei ist uns immer wieder von Jugendlichen gespiegelt worden, dass althergebrachte Standards des Recruitings kaum noch mit ihren Erwartungen zusammenzubringen sind. Gerade für die Generation Z hatte der Personalmarkt eine Lücke. Um aber nicht auf gut Glück irgendein Produkt für die Zielgruppe zu schaffen, haben wir uns mit Schülerinnen und Schülern hingesetzt und sie nach ihren Wünschen und Erwartungen für eine Recruiting-App gefragt. Aus den Ergebnissen dieser Gespräche ist das Konzept der App entstanden. Mobile first, einfach zu bedienen und schnell zu verstehen. Oder wie wir es nennen: „Swipe, swipe, Job – ohne viel Blabla“.

Wie genau können Unternehmen die App nutzen? Welche Vorteile bieten sich? Und was kostet die Teilnahme für Unternehmen?

Wendet sich ein Unternehmen an uns, so erhält es einen Fragebogen, in dem wir die für eine Jobanzeige in unserer App nötigen Informationen abfragen. Im nächsten Schritt kommt unser internes Redaktionsteam ins Spiel und erstellt aus diesen Informationen individuelle und an die Sprache der Jugendlichen angepasste Jobanzeigen. Sind diese fertig, werden sie von den Personalmanagerinnen und -managern der Unternehmen freigegeben und in der App veröffentlicht. Das zugrunde liegende Preismodell ist gestaffelt und orientiert sich am Umfang der gesuchten Stellen. Ab 3.000 Euro pro Jahr geht es los. Nach wie vor entscheiden sich viele Schulabgängerinnen und Schulabgänger für ein Studium und gegen eine Ausbildung.

Woher kommt Ihrer Meinung nach das schlechte Image einer Berufsausbildung? Was müsste passieren, damit die Berufsausbildung wieder attraktiver wird?

Ich bin nicht der Meinung, dass das Modell der betrieblichen Ausbildung ein schlechtes Image hat. Es hat nur eine sehr große Konkurrenz. In den letzten Jahrzehnten hat sich gesellschaftlich zunehmend das akademische Modell als vermeintlicher Goldstandard der Ausbildung durchgesetzt. Sicher hat das mit politischen Weichenstellungen wie dem Bologna-Prozess zu tun. Genauso sicher ist allerdings auch, dass vonseiten der Ausbildungsbetriebe versäumt wurde, für das eigene Produkt zu werben. Wie so etwas heute aussehen müsste? Gäbe es da eine Paradelösung, dann hätte die sicher schon jemand gefunden. Man kann sich aber sehr vieles bei erfolgreichen Content Creators in den sozialen Netzwerken abschauen! Hier gibt es viele, die eine Passion gefunden haben und diese in Inhalte übersetzen, die andere begeistern können. Persönlichkeiten wie Fabian Walter – oder wie er auf TikTok heißt: „Steuerfabi“ – machen es vor. Da wird aus einem passionierten Steuerberater schnell mal ein Social-Media-Star und Spiegel-Bestseller-Autor mit Millionenreichweite, der Jugendliche über seinen Berufszweig informiert und das Interesse weckt. Dieses Feuer und die Lust, über die eigenen Berufsbilder zu sprechen, soll und wird nicht jedes Unternehmen zum Social-Media-Star machen. Ganz sicher ist es aber keine schlechte Strategie und ein großartiger Anfang, motivierten und talentierten Nachwuchs zu finden. Davon bin ich überzeugt.

Herzlichen Dank für diese interessanten Einblicke, Herr Greve!

Dieser Artikel wurde zuerst in einem RKW Magazin mit dem Schwerpunkt: Fachkräfte- und Ressourcenmangel veröffentlicht. Dort haben Sie auch die Möglichkeit unser Magazin zu abonnieren. Alle Magazine finden Sie unter: https://www.rkw-kompetenzzentrum.de/das-rkw/rkw-magazin/

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