Ab sofort stellen wir Ihnen jeden Monat ein Mitglied des Fachbeirates Mensch und Arbeit vor. Diesmal mit Dr. Charlotte Lauer vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.
Beschreiben Sie kurz, was Sie in Ihrem „echten Leben“ arbeiten?
Ich leite das Referat „Fachkräftesicherung – Grundsatz und Ausland“ im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Hinter dieser etwas sperrigen Bezeichnung verbirgt sich eine Arbeitseinheit, die zur Aufgabe hat, Lösungen zu erarbeiten, damit die Wirtschaft auch künftig die benötigten Fachkräfte findet. Dies ist nicht so einfach, weil aufgrund der demografischen Entwicklung die Fachkräfte immer knapper werden. Hinzu kommt, dass sich die Wirtschaft mit schnellem Tempo verändert (Stichwort Digitalisierung!), so dass neue Kompetenzen gebraucht werden, die ggf. nicht in ausreichendem Maße am Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Wichtige Themen für das Bundeswirtschaftsministerium sind daher insbesondere die Aus- und Weiterbildung, aber auch die Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland.
Was war Ihr Traumberuf als Kind?
Als Kind wollte ich Journalistin werden. Mich reizte die Idee, mitten im Geschehen zu sein, Informationen zu recherchieren, zu analysieren und meine Erkenntnisse mit anderen Menschen zu teilen. Irgendwann und über einige Umwege bin ich darauf gekommen, dass ich nicht nur die Welt beschreiben und erklären, sondern auch aktiv mitgestalten möchte. Informationen recherchieren und bewerten, Zusammenhänge erläutern, das mache ich in meinem aktuellen Job aber in gewisser Weise auch. Der Unterschied ist, dass meine Zielgruppe meistens nicht die breite Öffentlichkeit ist, sondern es sind die politischen Entscheidungsträger in meinem Ministerium. Ich darf und soll aber auch in meinem Aufgabengebiet Handlungsempfehlungen formulieren, die gelegentlich - und dies gar nicht so selten - auch befolgt werden.
Das Thema Homeoffice versus Büro wird gerade viel diskutiert. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Aus meiner Sicht müsste es idealer Weise „Home Office und Büro“ heißen, denn beides ist sinnvoll und nützlich. Es muss sich nicht ausschließen. Home Office ermöglicht ein hohes Maß an Flexibilität. Man erspart sich z.B. unnötige Zeiten in öffentlichen Verkehrsmitteln. Gerade wenn man familiäre Verpflichtungen hat, weiß man diesen Zeitgewinn und die Flexibilität zu schätzen. Gleichzeitig aber ersetzt die digitale Kommunikation nicht den direkten Kontakt zu Mitmenschen. Der persönliche Austausch hat einfach eine andere Qualität. Ich muss immer wieder feststellen: Unsere kreativsten Einfälle und die besten Lösungsansätze für knifflige Probleme ergeben sich oft, wenn wir im Büro gemeinsam darüber diskutieren. Für mich ist ein gesunder Mix aus Home Office und Bürozeiten das ideale Modell.
Was motiviert Sie, Teil des Fachbeirats Mensch und Arbeit zu sein?
Der Fachbeirat Mensch und Arbeit bietet einen Rahmen, um Fragen der Fachkräftesicherung und genereller des Faktors Mensch in der Arbeitswelt aus unterschiedlichen Perspektiven zu diskutieren. Die Beiratsmitglieder kommen aus sehr unterschiedlichen Ecken: aus großen wie kleinen Unternehmen, aus verschiedenen Branchen, aus Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden sowie Ministerien. Die Diskussionen im Fachbeirat sind auf jeden Fall immer spannend. Gerade der Austausch mit den Sozialpartnern und den direkten Kontakt zu Unternehmen finde ich besonders bereichernd und erkenntnisreich.
Über den Fachbeirat Mensch und Arbeit
Seit dem Jahr 1956 gibt es den Beirat Mensch und Arbeit beim RKW – damals allerdings noch unter anderem Namen. 1956 – das ist lange her. Damals war Konrad Adenauer Bundeskanzler, in Westdeutschland wurden erstmals 600.000 Fernsehzuschauer erreicht, dieWehrpflicht wurde eingeführt und dieIG Metall setzte die 45 Stunden Woche mit vollem Lohnausgleich aus.
Im RKW reifte seit Beginn der sechziger Jahre die Erkenntnis, dass man sich intensiv mit Automation und Unternehmensplanung beschäftigt hatte, die Personalpolitik aber ein Stiefkind der Unternehmensführung war. Ziel war es daher, sie den „Zeiterfordernissen anzupassen“. „Die radikale Wende, die sich durch die ständig vorangetriebene Mechanisierung vollzogen habe, erfordere mehr Humanität“. Aktueller könnte ein Ziel kaum sein: Momentan werden in Deutschland die ethische und menschgerechte Gestaltung und Einführung von Systemen künstlicher Intelligenz (KI) in Unternehmen diskutiert.
Die Fachbeiräte des RKW waren immer und sind Beratungsgremien für die entsprechenden fachlichen Organisationseinheiten des RKW gewesen. Interessanterweise haben die Themen im Fachbeirat Mensch und Arbeit sich über die Jahre nicht wesentlich geändert. Bereits damals ging es um ganz konkrete Fragen wie beispielsweise die Beschäftigung älterer Mitarbeiter oder Frauenarbeit. Allerdings waren die Arbeiten des RKW überwiegend überbetrieblicher, oft grundsätzlicher Art. Konkrete Handlungsempfehlungen für Unternehmen wurden erst etwa seit Mitte der 1980er Jahre entwickelt. Die sozialpartnerschaftliche Ausrichtung spielt bis heute eine große Rolle: Der Beirat hat traditionell zwei Vorsitzende, je ein Gewerkschaftsvertreter und ein Vertreter der Arbeitgeberseite.
Und trotz des hohen Alters – des Beirates – ist er weiterhin mit Fachleuten verschiedener Bereiche besetzt und produziert spannende Diskussionen und Ergebnisse. Denn alle sind seit vielen Jahren im Bereich Fachkräfte unterwegs.
- © Charlotte Lauer / Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz – Charlotte_Lauer-BMWK.jpg