„Auf Anzeigen für eine duale Ausbildung erhalten wir oft keine einzige Bewerbung aus Deutschland“, sagt Nora Bartels, eine der Geschäftsführerinnen der Schuf Armaturen. Vielen anderen Geschäftsführern klein- und mittelständischer Unternehmen ergeht es ähnlich. Schuld daran ist unter anderem die demographische Entwicklung, aber auch die zunehmende Akademisierung in Deutschland. Den Trend belegen auch die Daten der Bundesagentur für Arbeit: Die Zahl der deutschen Auszubildenden sinkt seit Jahren kontinuierlich. Im Oktober 2023 gab es 1,4 Millionen deutsche Auszubildende, 2013 waren es noch 1,5 Millionen. Erfreulicherweise steigt im Gegenzug die Zahl der ausländischen Auszubildenden. Von 103.000 im Jahr 2013 auf 212.000 im Jahr 2023.
Auszubildende aus Südkorea haben eine sehr gute Bildung
Kein Wunder, dass immer mehr Betriebe ihr Glück im Ausland suchen. Ein Land, das bislang noch nicht im Fokus steht, ist Südkorea. Dabei sind die Voraussetzungen geradezu ideal. In Südkorea spielen die Bildung, der Job und der berufliche Stand – wie in den meisten asiatischen Ländern – eine große Rolle. Für das Ansehen der Familie müssen die Kinder die Schule so gut wie möglich abschneiden und anschließend an einer prestigeträchtigen Universität studieren. Dafür lernen die koreanischen Kinder buchstäblich von morgens bis abends. Nicht umsonst ist das dortige Schulsystem für seinen extremen Druck bekannt. Nach der Schule gehen die meisten Kinder noch in ein Nachhilfezentrum, auf Koreanisch „Hagwon“.
Lernen von morgens bis nachts
Der Besuch eines Hagwons ist die Normalität in Südkorea. Die Eltern gehen davon aus, dass Kinder ohne den Besuch eines Hagwon von den anderen Schülern abgehängt werden – und das stimmt leider. Alle Schülerinnen und Schüler arbeiten auf die Abschlussprüfungen des Gymnasiums „Suneung“ hin, denn die Ergebnisse entscheiden über die Aufnahme an einer der Top-Universitäten. Die Abschlussprüfungen sind daher etwas, das für die Koreanerinnen und Koreaner über den weiteren Verlauf des Lebens entscheidet.
Keine gute Universität – kein guter Job
So kommt es, dass über 70 Prozent der Koreanerinnen und Koreaner Abitur haben. Trotzdem schaffen es natürlich nicht alle an die Top-Unis. Die Folge: Keine renommierte Universität, kein gut bezahlter Job. Denn tatsächlich sind gut bezahlte Jobs in Südkorea rar. Am Ende machen viele der hervorragend ausgebildeten Jugendlichen eine Arbeit, für die sievollkommen überqualifiziert sind. Oder sind sogar arbeitslos. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt in Südkorea regelmässig zwischen 10 bis 15 Prozent.
Koreanische Regierung unterstützt Jugendliche beim Berufsstart im Ausland
Deshalb unterstützt die koreanische Regierung seit einigen Jahren die eigenen Jugendlichen dabei, ihr Berufsleben im Ausland zu starten. Und das nicht nur organisatorisch, sondern auch finanziell. Sie setzt dabei unter anderem auf eine Ausbildung in anderen Ländern. Eines der Programm des koreanischen Bildungsministeriums startete erst in Australien, seit 2018 setzt der deutsche Partner, die Eckert-Schulen, es in Deutschland um. Zunächst in Süddeutschland seit 2024 auch in Frankfurt Rhein-Main.
Wie sieht das Programm für koreanische Jugendliche aus?
In Korea arbeiten die Eckert Schulen fest mit einigen Meister-Schulen in verschiedenen Regionen zusammen. Meisterschulen sind eine Art Fachhochschulen. Die Jugendlichen beginnen dort bereits Deutsch zu lernen. Im besten Fall erreichen sie dabei das Level B1. Im Sommer führen sie Online-Gespräche mit deutschen Unternehmen. Hier wird „abgeklopft“, ob man sich eine Zusammenarbeit vorstellen kann. Im Herbst reisen die Jugendlichen dann erstmals nach Deutschland. Dort sind sie für sechs Wochen zur Weiterbildung auf dem Campus der Eckert Schulen. In der letzten Woche absolvieren sie schließlich ein einwöchiges Praktikum in den ausgewählten Betrieben – zum Mechatroniker, Zerspannungsmechaniker, Kauffrau für Büromanagement, etc. Sind die Unternehmen – und auch die Praktikanten – zufrieden, dann kommen sie im nächsten Jahr wieder nach Deutschland, um ihre dreijährige Ausbildung zu beginnen.
Im November waren erstmals 16 koreanische Jugendliche im Frankfurt Rhein-Main-Gebiet. Ich habe sie beim gemeinsamen Abendessen in Frankfurt getroffen. Wie es Ihnen in den potenziellen Ausbildungsbetrieben bei Schuf Armaturen und den Oberurseler Stadtwerken gefallen hat und was die Unternehmen sagen, lesen sie im nächsten Blogbeitrag.
Quellen:
https://www.daad.de/de/laenderinformationen/asien/suedkorea/ueberblick-bildung-und-wissenschaft/
- © Hyeyun Kim / Eckert Schulen / Privat/Non-kommerziell – Azubis_Südkorea_Hessen.jpg