Mitte März wurden Unternehmen und Betriebe gezwungen, kurzfristig auf geänderte Anforderungen von außen zu reagieren. Dabei galt es zum einen, die Existenz zu sichern bzw. Produktion und Dienstleistungen soweit wie möglich weiter zu betreiben. Andererseits waren die Mitarbeitenden durch organisatorische Maßnahmen zu schützen und gesund zu erhalten. Dass dies für Unternehmen weiterhin wichtige Fragen sind, zeigt auch unsere RKW-Blitzumfrage.
Vielfältige Unternehmenswelt
Corona hat Unternehmen in Deutschland und weltweit vor vielfältigste Probleme gestellt. Einige Unternehmen mussten ihr Geschäft gänzlich schließen (z.B. Friseure, Kultureinrichtungen) oder mit einem geänderten Geschäftsmodell (Auslieferung statt Bedienung wie in der Gastronomie oder digitale Formate statt Präsenzveranstaltungen) die schwierigen Wochen überbrücken. So haben innerhalb von zwei Monaten rund 750.000 Unternehmen für etwa 10 Millionen Beschäftigte Kurzarbeitergeld angemeldet. Die einen kämpften mit Lieferengpässen bei eigentlich guter Auftragslage, während andere ein nie dagewesenes Auftragshoch zu verzeichnen hatten, etwa die Hersteller von Schutzausrüstung. Allen gemeinsam jedoch war, dass für die weiterhin arbeitenden Belegschaften neue arbeitsorganisatorische und die Gesundheit schützende Maßnahmen ergriffen werden mussten.
Heimarbeit als eine Lösung
Viele Unternehmen konnten die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ins Homeoffice schicken. Dies löste das Problem der Ansteckungsgefahr in den Betrieben, war jedoch natürlich nicht in allen Bereichen möglich und kam vorwiegend bei Schreibtischtätigkeit in Frage. Der Vorteil für Millionen Beschäftigte ist dabei nicht von der Hand zu weisen: Nur so konnte man (halbwegs) die zuhause bleibenden Kinder betreuen und weiterhin arbeiten. Aber für viele Unternehmen und ihre Mitarbeitenden war es ein neues Modell, welches ohne ausreichende Planung von heute auf morgen eingeführt wurde. Betriebe mussten technische und organisatorische Herausforderungen bewältigen: Wie erhalten wir die Arbeitsfähigkeit außerhalb des firmeninternen Netzes bei gleichzeitiger Wahrung des Datenschutzes? Wann arbeiten die Beschäftigten, muss das Arbeitszeitmodell angepasst werden? Wie dokumentieren wir die Arbeitszeit? Um nur einige wenige der aufgetretenen Fragen zu nennen. Weitere wichtige Bereiche betrafen die Gestaltung von Führung und Kommunikation: Wie können Teams weiterhin miteinander arbeiten, wie bleibt man erreichbar? Wie kommunizieren wir mit Projektpartnern? Wie kann Führung auf Distanz stattfinden?
Zur Gestaltung digitaler arbeitsbezogener Erreichbarkeit hat das ifaa – Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e.V. eine Checkliste für Betriebe zusammengestellt. Zu dem Thema Führung auf Distanz bietet die Arbeitshilfe des BMBF-Projekts „Prävention 4.0“ hilfreiche Tipps und Informationen.
Abbildung: Dimensionen von Führung und Distanz, Quelle: Verbundprojekt Prävention 4.0 / Offensive Mittelstand, Heidelberg 2019
Eine mögliche negative Auswirkung des Homeoffice (insbesondere über mehrere Wochen bei wenigen persönlichen Kontakten) ist die Entgrenzung zwischen Arbeit und Beruf. Die Entgrenzung muss keine negativen Folgen für die Gesundheit der Beschäftigten haben, es gilt aber sowohl organisatorische (z.B. Einhaltung von Arbeitszeit und Kommunikationsregeln) als auch individuelle Maßnahmen (bspw. bewussterer Umgang mit Belastungen, Kompetenzaufbau) zu ergreifen.
Für die individuelle Kompetenz hat der Arbeits- und Organisationspsychologe Prof. Sonntag von der Universität Karlsruhe im Rahmen eines Forschungsprojekts ein kostenfreies Life Balance Training entwickelt. Es soll dabei unterstützen, Arbeit, Familie und Freizeit trotz vielfältiger Herausforderungen zu harmonisieren.
Arbeiten vor Ort
Für Beschäftigte, die weiterhin in den Unternehmen präsent sein mussten, waren andere Lösungen zu finden. Denn auch im Arbeitsschutz gilt: Erst arbeitsorganisatorische und verhältnisorientierte Maßnahmen treffen und nur, wo dies nicht reicht, auf persönliche Schutzausrüstung zurückgreifen. Was bedeutet dies? Bevor etwa Atemschutzmasken zum Einsatz kommen, müssen Regeln, zum Beispiel im Hinblick auf Sicherheitsabstands- und Hygiene, getroffen werden. Im Zuge dessen wurden beispielsweise Betriebskantinen geschlossen, es war dann andererseits sicherzustellen, dass die Pausen in geeigneten Räumen und mit Abstand zueinander stattfinden können.
Auch die Arbeitsplanung musste in vielen Unternehmen umgestellt werden. So hat es sich angeboten, mehrere feste Schichtgruppen ohne Kontakt zueinander einzuführen, um die Arbeitsfähigkeit insgesamt und selbst bei einem Erkrankungsfall aufrecht erhalten zu können.
Informationen zur richtigen Umsetzung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes findet man auf der Corona-Seite der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.
Und was kommt nach Corona?
Nach einer Zeit der Dynamik kehrt möglicherweise wieder etwas Ruhe in die Abläufe ein, auch wenn die Arbeitsintensität hoch bleibt. Für viele Beschäftigte wird möglicherweise auch Heimarbeit als dann nicht mehr neue Arbeitsform bestehen bleiben. Was bisher auf unsicheren Beinen stand, muss dann auf eine solide, langfristige Basis gestellt werden. Damit es ein Erfolgsmodell wird, sollten die Erfahrungen, Wünsche und Vorschläge der Beschäftigten aufmerksam und offen ermittelt und in neue Vereinbarungen umgesetzt werden. Im besten Fall können die Mitarbeitenden neue Regeln mitgestalten.
Es ist möglicherweise auch an der Zeit, die gesamte Arbeitsorganisation einmal zu überprüfen. Vielleicht konnte in den vergangenen Wochen in einer Ausnahmesituation etwas getestet werden, was auch langfristig die Arbeit erleichtert und die Produktivität erhöht. Zur Überprüfung des Arbeitszeitmodells bietet das RKW Hessen Unterstützung mit der Internetseite www.arbeitszeit-klug-gestalten.de, aber auch mit geförderter Beratung.
Auch wenn wir es alle nicht hoffen wollen, ist damit zu rechnen, dass es in den nächsten Wochen und Monaten (bis zu einem passenden Impfstoff) zu weiteren Corona-Infektionswellen k und Lockdowns kommt. Aber auch ein anderer Virus kann jederzeit eine ähnliche Situation hervorrufen. Unternehmen sind daher gut beraten, sich auf verschiedene Szenarien mit einem Pandemieplan vorzubereiten. Informationen und Tipps bietet ebenfalls die DGUV.
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