Mit Beginn der Corona-Krise wurden längst bekannte Fachkräfteengpässe, aber auch Digitalisierungsrückstände noch einmal besonders deutlich. Vor allem in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Laboren arbeiteten die Beschäftigten wochenlang jenseits ihrer Belastungsgrenze. Im öffentlichen Gesundheitsdienst fehlte es an Personal, etwa um Infektionswege nachverfolgen zu können. Und - wir erinnern uns: Aufsehenerregende Test-Pannen waren nicht zuletzt auf unzureichende digitale Ausstattung zurückzuführen. Wer dieser Tage im Rahmen einer routinemäßigen Vorsorgeuntersuchung die Dienste eines Labors in Anspruch nimmt, muss sich auf eine längere Wartezeit als üblich einstellen: Covid19-Tests binden weiterhin einen großen Teil der Kapazitäten.  Und auch wenn das Infektionsgeschehen in Deutschland inzwischen einen milderen Verlauf nimmt, bleibt die Arbeitssituation in systemrelevanten Berufen mehr als angespannt. Zu erwarten ist zudem, dass das Fachkräftethema auch in anderen Sektoren weiterhin brisant bleibt. Schließlich meldete der Zentralverband des Deutschen Handwerks noch zu Beginn des Jahres, dass 72 %  der in eine Umfrage einbezogenen Unternehmen gravierende Probleme hätten, qualifizierte Mitarbeitende zu finden. 

Beispiele für intelligente Lösungen

Die Anpassung von Vergütungen ist sehr wichtig, aber nur eine Möglichkeit, Berufe attraktiver zu gestalten und Personal zu gewinnen bzw. zu halten. Vor allem kurz und mittelfristig muss es darum gehen, Belastungen am Arbeitsplatz so zu reduzieren, dass einerseits die Gesundheit und Motivation der Beschäftigten erhalten bleibt und andererseits die Kundschaft (resp. die zu Pflegenden) mit den Leistungen zufrieden ist. Zudem sollten weitere bisher brachliegende Potenziale genutzt werden, indem etwa Personen mit Pflege- und Erziehungsaufgaben, Menschen mit Migrationshintergrund oder Behinderungen sowie Geringqualifizierte, integriert werden. Die Digitalisierung bietet dazu interessante Lösungen, die im Leitfaden dargestellt werden. Dabei wird deutlich, dass deren Einsatzmöglichkeiten durchaus auf unterschiedliche Branchen übertragbar sind.

Wie das Pflegepersonal bei der Erledigung administrativer Aufgaben, bei Planung und Abrechnung digital unterstützt wird und dadurch mehr Zeit für die so wichtige "Arbeit am Menschen" bleibt , erläutert Myra Mani, Geschäftsführerin eines häuslichen Pflegedienstes mit 80 Mitarbeitenden.

Eine neue Pflegesoftware erlaubt, Daten über mehrere Standorte hinweg zu nutzen. So werden unsere Fach- und Führungskräfte von formalen Tätigkeiten entlastet, und sie haben über ihr Smartphone beim Kunden vor Ort wirklich alle relevanten Informationen". 

Bei der WS System GmbH sorgt der Einsatz von Datenbrillen in der Montage dafür, dass Personen Schritt für Schritt im Arbeitsprozess lernen können, was zu tun ist. Diese Funktion erweist sich vor allem in der Einarbeitungsphase als nützlich. 

Ein Tablet-gestütztes Werkerassistenzsystem ist bei der Agfa HealthCare GmbH in Peißenberg in der Entwicklung. Es soll sowohl die Handlungssicherheit der Mitarbeitenden als auch die Qualität und Effizienz der Prozesse sichern. 

Kollaborierende Roboter, sogenannte Cobots, sind leicht zu transportieren und können flexibel genutzt werden. Sie finden überall dort Einsatz, wo es auf absolute Genauigkeit ankommt und können nicht nur in  Industrie und Handwerk unterstützen, sondern auch im medizinischen Sektor, etwa im Labor, und sogar bei bei schwierigen operativen Eingriffen.

Die im Leitfaden aufgeführten Beispiele wurden zum Teil im BMBF-Forschungsprojekt "APRODI - Arbeits- und prozessorientierte Digitalisierung in Industrieunternehmen" begleitet. Gemeinsam mit betrieblichen Praktikern gingen Wissenschaftler dort der Frage nach, wie die Planung, Entwicklung und Einführung digitaler Lösungen erfolgreich gestaltet werden kann. Eine Praxisbroschüre hält Vorgehensweisen, Methoden und Erfahrungen aus dem Projekt bereit. Weitere Umsetzungshilfen und Hinweise auf Förderprogramme enthält der Leitfaden im Anhang. 

 

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