Oftmals müssen heute Ausbildungsverantwortliche neben ihrer eigenen Tätigkeit noch "nebenbei" ausbilden und darüber hinaus in viele weitere Rollen schlüpfen. Damit Ausbilderinnen und Ausbildern nicht sprichwörtlich "ausbrennen" und langfristig gesund und dem Unternehmen erhalten bleiben, kann eine Unterstützung von außen sehr hilfreich sein. Im Interview erzählt die Wegbegleiterin und Coach Julia Hindersmann von den alltäglichen Herausforderungen der Ausbildungsverantwortlichen und verrät, was Betriebe für ihre Ausbildungsverantwortlichen tun können, damit diese gesund führen und ausbilden können.
Was sind deiner Erfahrung nach die aktuellen Herausforderungen für Ausbildungsverantwortliche?
Aktuelle Herausforderungen für Ausbildungsverantwortliche sind ganz klar, sich in der neuen Rolle als Ausbilderin und Ausbilder zu finden. Früher ging es primär darum, Fachwissen zu vermitteln, heute gehört zum Ausbilden weitaus mehr. Neben der Entwicklung von Soft Skills, dürfen Verantwortliche immer wieder verschiedene Rollen wie Elternteil, Freundin oder Freund, Mentorin oder Mentor, Lehrerin oder Lehrer, Vorgesetzte oder Vorgesetzter, Kollegin oder Kollege und vieles mehr einnehmen. Dabei authentisch zu bleiben und sich in den Anforderungen der Vorgesetzten und Azubis nicht zu verlieren – eine absolute Höchstleistung in meinen Augen.
Wie profitieren Betriebe davon, wenn ein Ausbildungsverantwortlicher ein Coaching durchläuft?
Betriebe haben den Vorteil, dass Ausbildungsverantwortliche sich selber besser reflektieren können. Das eigene Handeln, Denken und Fühlen kann besser kanalisiert und bei Bedarf auch aus eigener Kraft verändert werden. Diese Selbstwirksamkeit, die entwickelt wird, verändert die Ausbildungsarbeit dahingehend, dass Verantwortliche mehr Ruhe, Zufriedenheit und Ausgeglichenheit ausstrahlen und ihre Azubis individuell noch besser in der persönlichen Entwicklung begleiten können. Mit der Selbstwirksamkeit erlangen Verantwortliche ein machtvolles Tool, welches sie gerade bei der Arbeit mit herausfordernden Azubis kraftvoll unterstützen wird.
Wie hängen Arbeitgeberattraktivität und ein Coaching mit Ausbildungsverantwortlichen zusammen?
Sehr stark. Nur wenn die Ausbilderinnen und Ausbilder zufrieden sind, können sie die Ausbildung attraktiv gestalten. Wenn Ausbildungsverantwortliche auf Messen bspw. jedoch erzählen, wie toll der Arbeitgeber ist und wie viele Weiterbildungsangebote das Unternehmen bereitstellt, Ausbildungsverantwortliche selber zur eigenen Entwicklung Maßnahmen wie Coachings jedoch nicht nutzen können, ist das einfach nur schädigend, was die Arbeitgeberattraktivität angeht. Ausbildungsverantwortliche lernen im Coaching eine bessere Kommunikation mit sich und ihren Mitmenschen, dadurch sind sie in der Lage, die eigenen Bedürfnisse und auch die der Azubis klarer kommunizieren zu können. Für die Ausbildung lassen sich damit nötige Veränderungen und strategisch realistische Prozesse gestalten, die eine stärkere Ausbildungsmarke ermöglichen. Ein Coaching bringt somit nicht nur dem Ausbildungsverantwortlichen, sondern auch dem Unternehmen einen Vorteil. Stichwort: Zufriedenheit.
Wie erkenne ich als Ausbildungsverantwortlicher, dass ich von außen Unterstützung gebrauchen könnte, um gesund zu führen und auch ausbilden zu können? Gibt es da Anzeichen, auf dich ich achten kann?
Wenn ich unzufrieden bin, wenn ich immer wieder Überstunden mache, wenn ich nach Feierabend nicht abschalten kann, wenn ich meinen Azubis im Ton unpassend gegenübertrete, wenn mir alles über den Kopf wächst, alles Zeichen, die allerhöchste Alarmzeichen sind, sich selbst besser führen zu lernen. Ich wünsche mir für Ausbildungsverantwortliche jedoch eher, dass sie es nicht so weit kommen lassen und präventiv ein Coaching nutzen, um sich selbst, die eigenen Bedürfnisse und die eigenen Grenzen besser kennenzulernen und diese kommunizieren zu lernen, um mentalen Problemen vorzubeugen. Coaching ermöglicht eine tiefe Reflexion und lässt die Ausbilderinnen und Ausbilder in eine tiefe Beziehung mit sich selber kommen. Am Ende der Bewusstmachung von Stärken, Schwächen und unentdeckten Potentialen steht Selbstliebe, ein Glückspfad, den jeder gehen darf, ich nenne es in meinem Coaching die Reise zu sich selbst.
Was braucht ein Ausbildungsverantwortlicher in seiner Arbeitsumgebung, dass es ihm gut geht und die große Verantwortung für die Azubis gesund ausüben und reflektieren kann?
Es braucht eine Umgebung, in der er oder sie sich wohlfühlt und wo es um ehrliches Vertrauen geht. Dem Unternehmen, den Azubis und auch den Kolleginnen und Kollegen gegenüber. Dazu sollte ein gesundes Pensum an Arbeit Standard sein. Ich bekomme jedoch auch immer wieder mit, dass Verantwortliche total überlastet sind und der Druck noch mehr Azubis einzustellen weiter steigt. Statt auf Qualität liegt der Fokus oft auf Quantität. Kein Wunder, dass viele Betriebe Probleme mit der Bindung von Azubis haben, sie fühlen sich in der Masse einfach nicht gesehen. Für eine gute Reflektion braucht der Ausbildungsverantwortliche einen loyalen Rückhalt der Vorgesetzten – viele Ausbildungsverantwortliche stehen jedoch eher alleine da. Daher wird es Zeit, dass mehr Verantwortliche in ihre Kraft als Mensch kommen und die Ausbildungswelt verändern, denn für eine Veränderung brauche ich eigentlich nur Mut, Willen und die Vision. Mein Coaching legt hierfür den Grundstein. Junge Menschen brauchen uns in unserer vollen Kraft, jetzt. Geh für Dich und Deine Azubis los, es wird Zeit.
Das komplette Interview mit Julia Hindersmann können Sie ab Juni in einer neuen Podcast-Folge aus der Reihe "Wanted: Fachkräftenachwuchs" hören.
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