Technologien bestimmen unser Verhältnis zur (Arbeits-)Welt grundlegend, weil sie unsere physischen und sensorischen Möglichkeiten erweitern.

Dieser Satz stammt aus dem Einladungsflyer der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft und den Veranstaltenden des Kongresses "Technologie und Bildung in hybriden Arbeitswelten". Technologien sind im Grunde bei jeder Tätigkeit im Einsatz, durch zunehmende Digitalisierung und auch Einsatz künstlicher Intelligenz beschleunigt sich dieser Wandel auch für viele Berufe, die bislang weniger von Technologie profitiert hat. Der Kongress hatte sich zum Ziel gesetzt, Potenziale und Risiken hybrider Arbeitswelten für Individuen, Organisationen und Gesellschaft freizulegen und zu diskutieren.

Die Themen

Die Themen der Vorträge und Sessions waren wie gewohnt sehr breit angelegt. Einen wichtigen Teil nahmen "klassische" Themen wie Ergonomie und Arbeitsschutz, Assistenzsystemen, Arbeitsgestaltung oder Führung ein. Auch hybride Arbeitsformen und Arbeitszeitmodelle waren wichtige Diskussionspunkte. Aber es wurde beispielsweise auch über hybride Geschäftsmodelle und deren Einführung diskutiert.

Workshop "Soziotechnische Systemgestaltung"

Das Referententeam zur Vorstellung der Praxisbroschüre "Betriebliche Digitalisierung erfolgreich gestalten – Sozialpartnerschaftliche Orientierung für ein partizipatives soziotechnisches Vorgehen" staunte nicht schlecht: Ihr Workshop "Soziotechnische Systemgestaltung – Welche gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse haben wir dazu?" war mit mehr als 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmern einer der best­besuchten Vorab-Workshops in der traditionsreichen Geschichte der GfA-Frühjahrskongresse. APRODI-Forscher Wolfgang Kötter (GITTA mbH) initiierte und moderierte der Workshop, der wegen Covid-19 leider in ein Online-Format umgewandelt werden musste.

Drei der vorab angekündigten Impulsvorträge bei diesem Workshop wurden durchweg von APRODI-Forschenden und APRODI-Praktikern gehalten. Dadurch lässt sich auf jeden Fall festhalten, dass die in und mit APRODI verfolgte soziotechnische Ausrichtung auf Resonanz stößt und Folgen haben wird – nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch in der betrieblichen Praxis und bei den Akteuren der Betriebs-und Arbeitspolitik. Dies zeigte die aktive Mitwirkung von Vertreterinnen und Vertretern aus Betrieben und Verbänden.

Woher die plötzliche Aufmerksamkeit für den STS-Ansatz?

Der STS-Ansatz wird doch schon in den 1950er-Jahren erstmals praktiziert und dann spätestens seit den 1970er/1980er-Jahren viel diskutiert und in der Gestaltungspraxis genutzt. Aber er erfährt in letzter Zeit eine besondere Aufmerksamkeit.

Gesicherte Erkenntnisse für diesen Aufschwung gibt es dazu noch nicht, aber doch einige plausible Hypothesen. Stützen können wir diese Hypothesen vor allem auf die Beiträge in dem mit Conceptboard visualisierten World Café, das den zweiten Teil des dreistündigen Workshops prägte:

  • Wir haben es mit einer nächsten Generation von Automatisierungstechnologien zu tun, mit BigData- und KI-basierten hoch vernetzten Geschäftsprozessen und Wertschöpfungssystemen.  Sowohl das mit dem STS-Ansatz eng verbundene partizipative Vorgehen als auch die durchaus gegebenen Chancen der Entwicklung von anthropozentrischen, also vom Menschen her gedachten, auf Erklärbarkeit, Steuerbarkeit und Gebrauchstauglichkeit ausgerichteten Technologie machen eine Aktualisierung des soziotechnischen Herangehens dringend erforderlich. So die klare Botschaft des Impulsvortrags von Alexander Bendel & Erich Latniak (IAQ Duisburg) zum aktuellen Stand des STS-Ansatzes. >> Zum Vortrag
  • Gleichzeitig bringt die Ernüchterung über die offenkundigen Umsetzungslücken gegenüber den vollmundigen Verheißungen zu Industrie 4.0 immer mehr vor allem mittelständische Unternehmen dazu, das technik- zentrierte Herangehen der letzten Jahre in Frage zu stellen und bei neuen Digitalisierungsvorhaben zunächst einmal die Beschäftigten in der Rolle als Vor-Ort- Erfahrungsträger, die später mit den Systemlösungen arbeiten werden, zu informieren und in die Systemgestaltung einzubeziehen.
  • An dieser Stelle kommen die Sozial-und Betriebsparteien ins  Spiel, und vor diesem Hintergrund stießen die Botschaften der APRODI-Praxisbroschüre auf großes Interesse- bei den Betriebsspraktikern. Anscheinend gerade deshalb, weil dort ein Arbeitgeber-Schwergewicht wie Südwestmetall und ein Gewerkschafts-Schwergewicht wie die IG Metall sich darauf verständigt haben, ein solches partizipatives soziotechnisches Vorgehen zu empfehlen. >> Zum Vortrag

Wir sind gespannt, ob sich daraus tatsächlich ein Innovations- und Energieschub für den Ansatz eines soziotechnischen Herangehens an die Gestaltung von Wertschöpfungs- und Arbeitssystemen ergibt…

Wir halten Sie auf dem Laufenden!

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