Die Auszubildenden von heute sind 16 Jahre aufwärts. Wie kann jemand allen Ernstes zu der Aussage stehen, es handele sich um Kleinkinder von 16 Monaten? Jedenfalls dürften einige der Zuhörer in diesem Moment das gleiche oder ein ähnliches Bild vor Augen gehabt haben: sie selbst am Schreibtisch sitzend, den Blick gerichtet auf ihr Gegenüber – einem Kleinkind, das sich mit Mühe auf dem Stuhl hält. Absurd, nicht wahr? Und so lachten dann auch einige.
Auch ich musste darüber schmunzeln, war mir aber gleichzeitig sicher, dass es sich um einen Scherz handelte und nicht despektierlich gemeint war. Doch nein, er meinte es genau so, wie er es sagte. Ehe ich diesen provozierten Widerspruch auflöse und eine Erklärung für seine Worte gebe, lassen Sie uns über die Eigenheiten der Generation Z nachdenken. Schon in einem anderen Blogbeitrag habe ich versucht, die Andersartigkeit dieser Generation zu skizzieren, und berichtete von Erfahrungen einzelner Ausbilder aus unseren Unternehmenswerkstätten. Häufig fallen Begriffe wie Ichbezogenheit, Materialismus oder Illoyalität. Nicht zur Kritik fähig, verweichlicht hört man von anderen. Nun ist das sicherlich kein generationenspezifisches Problem, mag man meinen. Denn jede ältere Generation wird die nachfolgende mit anderen Augen sehen und beurteilen. Und in jeder Generation gibt es solche, die dem Klischee oder einer gewissen Norm entsprechen, und mindestens genauso viele, die ganz anders „ticken“.
Was Winterhoff beabsichtigte, war eine Erklärung des Verhaltens vieler junger Menschen dieser Generation aus psychologischer Sicht. Es gehe hier nicht um Intelligenz, Bildung, sondern um die emotionale und soziale Psyche. Und tatsächlich: Seiner Meinung nach sind viele Generation-Z-Jugendliche in ihrer emotionalen und sozialen Psyche auf dem Stand eines 16 Monate alten Kleinkindes stehengeblieben. Das hört sich unglaublich an. Gut, andererseits, die meisten von uns werden sich allenfalls als psychologische Laien betrachten und können den Plausibilitätsgehalt ebenso wie ich vermeintlich nicht einschätzen.
Nun habe ich mich im Anschluss des DALK ein wenig eingelesen in diese Diskussion: Der Vortragende ist alles andere als unumstritten und heftiger Kritik ausgesetzt. Auf der anderen Seite ist er mit seinen Publikationen außerordentlich erfolgreich. Ein streitbarer Geist, der polarisiert. Und gerade dieser (Kritik-)Punkt, dass viele in der Entwicklung der eigenen Psyche auf dem Niveau eines Kleinkindes stehenbleiben, trifft am Ende diejenigen, die sie großziehen: die Eltern. Die Phase, die Winterhoff meint, ist eine Phase ausgeprägten Narzissmus‘. Und einen der Gründe, warum dies geschieht, sieht er darin, dass Kinder nicht wie Kinder aufwachsen und auch nicht so behandelt werden. Er sprach davon, dass Kindern die „die Kindheit genommen“ werde.
Was nimmt ein Ausbilder für sich und seine Arbeit mit? Winterhoff selbst gab in seinem Vortrag einen Wink. Er sagte, dass es notwendig sei, den jungen Menschen in den ersten Monaten ihrer Ausbildung mehr Zeit zu widmen. Für mich klingt das auch nach „mehr auf sie eingehen“ und „versuchen, mehr Verständnis aufzubringen“. Dabei hilft allerdings weniger die Vorstellung, ich müsse den Menschen vor mir im Geiste auf den Kopf tätscheln und „Gucci, gucci“ sagen, sondern vielmehr das Wissen um die Andersartigkeit und die spezifischen Eigenheiten vieler aus dieser Generation. Die Ursachen angehen wird ein Ausbildungsverantwortlicher nicht können und sicherlich auch nicht wollen, aber die Symptome erkennen und im Sinne seines Unternehmens versuchen, den Menschen die Dinge zu vermitteln, auf die es im Arbeitsleben ankommt – daran führt dann und wann kein Weg mehr vorbei. Und mal ehrlich, waren wir in jungen Jahren im Arbeitsumfeld nicht auch rebellierend, das Bestehende infrage stellend? Eben!
Ein interessantes Interview mit Dr. Michael Winterhoff finden Sie hier.
- © Ursula Deja-Schnieder / Fotolia – 159-kinderwagen.jpg