Sogenannte "thematische Workshops" sollen im Forschungs- und Entwicklungsprojekt APRODI der Diskussion der betrieblichen Entwicklungsschwerpunkte und dem gegenseitigen Erfahrungsaustausch dienen. Die zweite Veranstaltung dieser Art setzte den Fokus auf digitale Assistenzsysteme und fand am 19. September im Future Work Lab auf dem Campus der Universität Stuttgart statt. Im Mittelpunkt stehen dort unter anderem die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeit und die nutzerzentrierte Technologiegestaltung. In seinem einführenden Vortrag erläuterte Bastian Pokorni, Leiter Team Vernetzte Produktionssysteme im Fraunhofer IAO, die Klassifikation von technischen Assistenzsystemen in der Produktion nach
- Art der Unterstützung (physisch, sensorisch, kognitiv)
- Grad der Unterstützung (levels of automation)
- Zielsetzung der Unterstützung (kompensatorisch, erhaltend, erweiternd)
und die sich daraus ergebenden Gestaltungsaufgaben.
Während heute noch allenthalben Technologien im Vordergrund der Betrachtung stehen, so Pokorni, werde man sich in Zukunft besser an Nutzer- und Prozessanforderungen orientieren, um Unternehmens- und Beschäftigteninteressen in Einklang zu bringen.
Entwicklung und Einführung neuer Technologien in die Arbeitsprozesse müssen gemeinsam mit den Nutzern stattfinden, nur so haben sie gute Erfolgschancen"
erläutert der Wissenschaftler. Die Perspektiven eines Human-Centered Design und Design-Thinking-Ansätze seien dabei besonders hilfreich. Vielfach dauere der Prozess von der Ideenfindung bis zum ersten Modell in den Unternehmen auch viel zu lange. Agile Vorgehensweisen und Methoden beflügelten die Entwicklung und führten schneller zu Prototypen. Bastian Pokorni wies dabei auf den Zusammenhang zwischen organisationalem und technologischem Reifegrad hin. Die Notwendigkeit, die Organisation mit zu verändern, würde im Zuge der Einführung neuer Technologien häufig übersehen.
Die anschließende Führung durch die Demonstratorenweltbot den Verbundpartnern Gelegenheit zur Vertiefung und praktischen Anschauung. An modellhaften Montagearbeitsplätzen konnten die Möglichkeiten digitaler Assistenzsysteme erläutert und diskutiert werden. Dabei wurde deutlich, dass ein Zuviel an Unterstützung, die Einengung von Handlungsspielräumen und eine Abwertung der Arbeitsaufgabe bedeuten kann und - in letzter Konsequenz - den Einsatz eines Roboters sinnvoller erscheinen lässt. Andererseits wurde argumentiert, dass eine besonders enge Kontrolle möglicherweise die Chance zur Integration von Menschen mit Behinderungen böte.
"Personalisierte Arbeitsplätze" können sich auf die Bedürfnisse einzelner Mitarbeiter einstellen. So wird von der ergonomisch optimalen Positionierung des Arbeitstisches bis hin zur Bereitstellung notwendiger, am Qualifikationsgrad des Nutzers orientierter Informationen alles digital gesteuert. Der Einsatz von Bewegtbildern kann zur Werkerführung bei komplexen Arbeitsprozessen eingesetzt werden. Er bildet auch die Grundlage für Qualifizierungsmodule, die das arbeitsprozessnahe selbstgesteuerte Lernen fördern.
Highlight unter den Demonstratoren war das Modell eines futuristisch anmutenden Produktionssystems mit mobilen Modulen, die unterschiedliche Anordnungen erlauben (Reihe-, Fließmontage oder U-Linien sowie dezentrale Einzelarbeitsplätze). Individuell anpassbare Beleuchtung, Klimatisierung, Sitz- und Stehmöglichkeiten, sprachgesteuerte Assistenzsysteme, etwa zur Organisation virtueller Konferenzen, sollen - so der Plan - produktiveres, gesundes, lernförderliches und attraktives Arbeiten realisieren.
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