Die vergangenen Monate führten uns die vielerorts prekäre Personalsituation im Gesundheitsbereich vor Augen. Auch in Industrie, Baugewerbe und Handwerk sieht man sich mit einem deutlich reduzierten Fachkräfteangebot bzw. unbesetzten Ausbildungsstellen konfrontiert. Arbeitskräfte aus den MINT-Bereichen (Informatik, Naturwissenschaften, Technik) werden nach Expertenmeinung auch noch längerfristig fehlen. Dies kann sich unter anderem negativ auf die Innovationstätigkeit der Unternehmen auswirken. Für über zwei Drittel der in eine aktuelle Umfrage (IW Zukunftspanel) einbezogenen Unternehmen hat das Thema Fachkräftesicherung in den nächsten fünf Jahren eine große bis sehr große Bedeutung für die Sicherung ihres Geschäftsmodells. Wo können Unternehmen ansetzen?
Strategisch handeln
Gerade für kleine und mittlere Unternehmen muss es darum gehen, ihre Personalentwicklung strategisch(er) auszurichten. Dazu gehört unter anderem die Einschätzung von Risiken durch Personalausfälle/Fluktuation und etwaiger Beschaffungsprobleme sowie möglicher Kapazitäts- und Kompetenzengpässe. Für eine effektive und effiziente Personalentwicklung kann es sinnvoll sein, sogenannte Jobfamilien zu bilden. Dazu werden Stellen mit gleichartigen Kompetenzprofilen zusammengefasst. Sie erleichtern auch die gezielte Suche nach passenden Fachkräften.
Für die Anwerbung von Nachwuchs- und Fachkräften kommt eine Vielzahl von Maßnahmen in Frage. Eine angemessene Entlohnung ist wichtig, aber nicht alles. Betriebliche Angebote zur Alterssicherung dürften weiterhin interessant sein. Darüber hinaus sind es attraktive Arbeitsbedingungen, die im Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte in die Waagschale gelegt werden können.
Womit können Sie als Unternehmen punkten? Hier einige Anregungen:
Klappern gehört zum Handwerk!
Wofür steht Ihr Unternehmen? Wie gestalten Sie die Zusammenarbeit resp. die Ausbildungszeit? Welche Entwicklungsmöglichkeiten bietet der Betrieb? Worauf sind Ihre Beschäftigten stolz? Verwenden Sie große Sorgfalt auf die Darstellung Ihres Unternehmens und seine attraktiven Arbeitsbedingungen. Lassen Sie Belegschaftsmitglieder von der Arbeit in „ihrem“ Betrieb berichten. Achten Sie darauf, dass die Zielgruppe, die Sie hauptsächlich ansprechen möchten, repräsentiert wird (z.B. Frauen/Wiedereinsteigerinnen).
Betreiben Sie aktive Imagepflege an Ihrem Standort bzw. in Ihrer Region durch soziales Engagement, mit Umweltschutzaktivitäten, Sponsoring von Sport-, Musik-, Theater-Events. Sie beteiligen sich damit gleichzeitig an der Gestaltung eines attraktiven Lebensumfelds für die Belegschaft und ihre Familien.
Nutzen Sie verschiedene Kanäle im Internet (Homepage, Social Media, Job-Börsen), aber auch Werbeflächen im öffentlichen Raum oder (regionale) Radiowerbung.
Pflegen Sie den persönlichen Kontakt zu Schulen (und damit auch Eltern) und/oder Universitäten. Bieten Sie Praktikumsplätze für SchülerInnen/Plätze für ein Werksstudium an. Beteiligen Sie sich an Ausbildungs und Jobmessen; dort kommen Sie mit Nachwuchskräften schnell ins Gespräch.
Prüfen Sie bisher vielleicht ungenutzte Potenziale und bereiten Sie eine gezielte Ansprache der jeweiligen Zielgruppe vor (Frauen, Geflüchtete, Menschen mit Behinderungen, Ältere, Arbeitslose, Studierende, Studienabbrecher, internationale Fachkräfte).
Individuelle Lebensmodelle und Lebensphasen unterstützen
Neben verschiedenen Arbeitszeitmodellen, weitverbreitet sind Gleitzeit- und Teilzeitangebote, können weitere Konzepte zur Arbeitgeberattraktivität beitragen, weil sie unter anderem eine bessere Balance von privaten Aktivitäten und Beruf ermöglichen: Mit Vertrauensarbeitszeit, Arbeitszeitkonten, verkürzter Vollzeit bieten Sie Ihren Beschäftigten mehr Flexibilität. Gleiches gilt für Organisationsmodelle wie das Jobsharing, bei dem sich zwei Beschäftigte einen Arbeitsplatz teilen. Ortsunabhängiges Arbeiten (Mobiles Arbeiten) sowie gelegentliches oder regelmäßiges Arbeiten im Homeoffice sind für Personen mit Erziehungs- oder Pflegepflichten, aber auch für alle Menschen, die lange Anfahrtszeiten vermeiden möchten, attraktiv. Sie erlauben zudem einen "sanften" Ausstieg aus dem Berufsleben. Vielleicht ist die Anmietung eines Arbeitsplatzes in einem Coworking-Space möglich. Mitarbeitende, die in ihrer privaten Umgebung keinen Arbeitsplatz einrichten können oder wollen, wissen diese Lösung ggf. zu schätzen.
Suchen Sie die Kooperation mit (Betriebs-)Kitas bzw. mit Pflegedienstleistern, die ihre Beschäftigten bei der Care-Arbeit unterstützen. Bieten Sie die Möglichkeit, Kinder mit zur Arbeit zu bringen, wenn ad hoc keine andere Betreuung zu organisieren ist.
Kompetenzen kontinuierlich entwickeln
Beziehen Sie die Weiterentwicklung Ihrer Arbeitskräfte in die Unternehmensstrategie ein. Überlegen Sie regelmäßig gemeinsam mit Ihren Beschäftigten, wie sich Arbeitsaufgaben, z.B. mit dem Einsatz digitaler Technik, verändern und welche Kompetenzen kurz, mittel- und langfristig für deren Erfüllung wichtig werden. Wenn es um den Kompetenzerwerb geht, verfahren Sie nicht nach dem „Gießkannenprinzip“! Berücksichtigen Sie stattdessen individuelle Lerngewohnheiten. Neben traditionellen Weiterbildungsveranstaltungen bieten sich online-Seminare und Workshops an. Denken Sie auch an Tools, die ein selbstgesteuertes Lernen am PC ermöglichen.
Fördern Sie das Von- und Miteinanderlernen in altersgemischten und interdisziplinären bzw. abteilungsübergreifenden Teams und Arbeitsgruppen. Neben fachlichen Fähigkeiten können so am Arbeitsplatz wichtige Schlüsselkompetenzen aufgebaut werden.
Nutzen Sie den zwischenbetrieblichen Austausch und die Kooperation in regionalen bzw. Branchen-Netzwerken. Ermöglichen Sie den Besuch von Messen und Ausstellungen.
Partnerschaftlich führen
Bleiben Sie im Gespräch. Lassen Sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Ihren strategischen Überlegungen teilhaben. Unterstützen Sie die eigene Ideenentwicklung und deren experimentelle Umsetzung im Team, möglichst schon in der Ausbildungsphase. Sie eröffnen so peu à peu größere Handlungsspielräume und gewinnen damit eigenverantwortlich arbeitende, hoch motivierte Fachkräfte.
Unser Veranstaltungs-Tipp für Unternehmen im Saarland:
Unser Landesverband im Saarland – saaris – bietet gemeinsam mit dem Demografie Netzwerk Saar eine Veranstaltung für (ausschließlich) saarländische Unternehmen an. Der Praxistag Fachkräftesicherung am 16. September2021 widmet sich diesen Themen:
- Welche Rolle spielt die Unternehmenskultur bei der Mitarbeiterbindung?
- Wie gelingt es Schüler und Auszubildende erfolgreich zu rekrutieren?
- Wie können qualifizierte Fachkräfte im Saarland gehalten werden?
- Wie trägt eine vorausschauende Kompetenzentwicklung zum Unternehmenserfolg bei?
Vorträge, Diskussionsrunden und Beispiele aus der Unternehmenspraxis geben Ihnen die Möglichkeit sich aktiv über die aktuellen Herausforderungen auszutauschen und liefern Impulse und Ideen für eine zukunftsfähige Personalarbeit.
Onlineveranstaltung: Praxistag Fachkräftesicherung
Fachkräfte für den Mittelstand: Rekrutieren – Qualifizieren – Binden
am 16.09.2021, 13:30 – 16:15 Uhr
Die Zahl der Teilnehmenden ist begrenzt. Aufgrund der Förderrichtlinien, denen das Demografie Netzwerk Saar unterliegt, werden kleine und mittelständische Unternehmen bei der Anmeldung bevorzugt berücksichtigt. Anmeldeschluss ist der 10. September 2021.
Weitere Informationen finden Sie hier: https://www.saaris.de/nc/termine/veranstaltungen/artikel/onlineveranstaltung-praxistag-fachkraeftesicherung/
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