Digitale Lösungen fallen für die Unternehmen nicht vom Himmel
Praktiker in den Unternehmen betrachten Digitalisierung als einen dauernden Prozess mit vielen Stationen und Baustellen. Selbst sehr moderne Unternehmen verfügen über keine fertigen betriebsübergreifenden Komplettlösungen. Digitalisierte Anlagen und konventionelle Technik werden nebeneinander eingesetzt: Auf der einen Seite der Werkstatt befindet sich zum Beispiel eine Fertigungsanlage, an der Werkstücke und Maschinen miteinander kommunizieren und die verschiedenen Stationen automatisch anlaufen. Auf der anderen Seite stehen klassische Arbeitstische, an denen Mitarbeiter Teile von Hand montieren.
Wenig spektakulär und oft mühsam müssen digitale Lösungen schrittweise eingeführt und auf die betrieblichen Bedingungen und ökonomischen Ziele ausgerichtet werden.
Prozessorientierung: Technik – Organisation – Mensch
Damit Digitalisierung die gewünschten Effekte bringt, müssen die technischen und organisatorischen Prozesse im Unternehmen erfasst und in Datensystemen abgebildet werden. Dies erfordert Know-how und gute Abstimmungsprozesse zwischen den Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette.
„Man muss mit denen reden, die es machen sollen“
Sascha Gutzeit: RKW Hessen
Denn diejenigen, die damit später arbeiten sollen – oft sogenannte einfache Mitarbeiter an den Maschinen und in den Büros – müssen die Funktionsweise der neuen Technologie verstehen und nachvollziehen können, was an ihrem Arbeitsplatz, in ihrem Bereich und im gesamten Unternehmen durch Digitalisierung passiert. Zugleich sind sie die Experten für die Abläufe, mit denen sie ständig zu tun haben. Ihr Wissen wird für Digitalisierungsmaßnahmen gebraucht. Daher ist eine Verbindung aus passgenauen Qualifizierungen und Beteiligungsangeboten erforderlich.
Damit sendet das Management zugleich Signale der Wertschätzung und Anerkennung der Mitarbeiter. Es zeigt so, dass es die Meinungen und Belange der Beschäftigten ernst nimmt. Allerdings dürfen die Impulse aus der Belegschaft nicht verpuffen. Es muss für die Beschäftigten sichtbar werden, dass ihr Engagement im Betrieb Früchte trägt.
Workshops: Digitale Qualifizierung
Genau dafür sind die Workshops konzipiert, die das RKW Kompetenzzentrum gemeinsam mit dem VDI Technologiezentrum (VDI TZ) und der Gesellschaft für Organisationsentwicklung und Mediengestaltung(GOM) durchgeführt hat. Die Workshops sind als Basis-Qualifizierung angelegt, dauern einen Tag und sind auf Beschäftigte mit Berufsabschluss sowie angelernte Mitarbeiter zugeschnitten. Damit sollen gerade Beschäftigte erreicht werden, die keine IT Experten sind.
Entwickelt wurde das Konzept im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums vom VDI TZ und GOM. Den „roten Faden“ der Workshops bildet die Verknüpfung der Themenbereiche Digitalisierung und Prozessorientierung. So bestehen die übergreifenden Lernziele darin, den Beschäftigten Basis-Wissen über Digitalisierung zu vermitteln und das Denken in Prozessen zu fördern.
Die Beschäftigten erhalten in Form von Impulsvorträgen Informationen über Grundbegriffe und Einsatzmöglichkeiten der neuen Technik und können in Diskussionsrunden ihre bisherigen Erfahrungen mit Digitalisierung im Privatleben wie im beruflichen Umfeld einbringen. Schließlich setzen sie sich in Arbeitsgruppen konkret mit den Arbeitsabläufen und Arbeitsschritten im eigenen Betrieb auseinander: Dabei erhalten sie die Aufgabe, von ihnen selbst ausgewählte Prozesse aus dem Unternehmen übersichtlich darzustellen und zu analysieren (Erstellung von Flussdiagrammen). Häufig werden dabei Medienbrüche und Reibungsverluste sichtbar. Gemeinsam können dann Lösungen zur Optimierung erarbeitet und Einsatzmöglichkeiten für digitale Technik erschlossen werden.
Was bringen die Workshops für die Teilnehmer?
Bisher haben ca. 60 Personen die Qualifizierung in Anspruch genommen. Aus Sicht der Moderatoren wurde deutlich, dass der Einfluss fortschreitender Digitalisierung auf alle Lebensbereiche und die eigene Arbeit von den Beschäftigten zwar wahrgenommen wird, konkrete Chancen und Risiken aber noch nicht deutlich zu erkennen sind.
Die Rückmeldungen der Teilnehmenden zu den Workshops wiesen folgerichtig auf einen großen Informationsbedarf zum Thema Digitalisierung hin. Die Beschäftigten äußerten zwar Sorgen hinsichtlich der mit Digitalisierung verbundenen Kontrollmöglichkeiten, im Vordergrund standen aber andere Themen: die Chancen, die eigene Arbeit mit digitaler Technik zu erleichtern und die Prozesse zu verbessern sowie effizienter zu machen. Vor diesem Hintergrund bewerteten die Beschäftigten die Mischung aus Informationen und Arbeit in den Kleingruppen zur Prozessanalyse positiv. Unisono kamen die Teilnehmer zum Ergebnis, dass Digitalisierung für den eigenen Betrieb unerlässlich ist, um im Wettbewerb bestehen zu können. Auf sich selbst gemünzt nannten sie das Erfordernis, im Hinblick auf Veränderungen bei den Qualifikationsanforderungen up to date bleiben zu müssen.
Das RKW führt die Workshops weiter
Die positiven Rückmeldungen aus den Betrieben und von den Teilnehmern zeigen, dass sich das Qualifizierungskonzept bewährt hat. Das RKW-Kompetenzzentrum wird daher mit diesem Konzept weiter arbeiten und bietet seinen betrieblichen Partner die Durchführung der Workshops an.
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