Zunächst die Frage zu klären, was man unter ständiger Erreichbarkeit versteht: Der Anruf von Kollegen und dem Chef im Feierabend oder Urlaub, das eigene Nachschauen und Beantworten von E-Mails kurz vor dem Schlafengehen oder am letzten Urlaubstag? Die Grenzen sind fließend, doch klar ist: Regelungen und feste Absprachen in Teams gibt es bislang kaum.
Die Frage ist: Ist Erreichbarkeit positiv oder negativ zu bewerten?
Aus Studien zur Rufbereitschaft weiß man, dass sich diese negativ auf die Gesundheit und das Befinden der Beschäftigten auswirkt. Bei ungeklärter, gefühlter ständiger Erreichbarkeit fällt dieses Ergebnis ähnlich aus, auch wenn gesicherte, langfristige Studien noch fehlen. Mit der Unruhe, ob man abends angerufen wird oder man entspannt ins Kino gehen kann, wird der Erholungswert reduziert.
Es hat aber auch seine positive Seite: Man gewinnt Flexibilität, die für die Vereinbarkeit von Familie/Privatleben und Beruf, genutzt werden kann. Und in kritischen Situationen kann die Erreichbarkeit entscheidend im Wettbewerb um Kunden sein.
Im Projekt „MASTER – Management ständiger Erreichbarkeit“, gefördert durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, wurde mit fünf Unternehmen der IT-Branche erarbeitet, welche Ansatzpunkte einen gesünderen Umgang mit ständiger Erreichbarkeit ermöglichen. Im Rahmen von fünf Workshops berichteten die mehr als dreißig Teilnehmenden, dass es häufig unklar ist, inwiefern Erreichbarkeit außerhalb der eigentlichen Arbeitszeit tatsächlich erwartet wird. Möglichkeiten und Potenziale, die Erreichbarkeit durch technische Hilfsmittel zu begrenzen (z.B. zeitverzögertes Senden von E-Mails) oder dadurch sogar Überlastung zu reduzieren (z.B. indem Sitzungen online durchgeführt oder aufgezeichnet werden) werden noch zu wenig genutzt. Häufig sind gerade in kleineren Unternehmen Experten für einen bestimmten Arbeitsbereich sehr stark gefordert und werden in ihrer Freizeit kontaktiert bzw. arbeiten dann Anfragen ab, wenn Andere schon Feierabend haben. Es gibt kaum klare Regelungen wie Erreichbarkeitszeiten ausgeglichen werden können, was unter anderem daran liegt, dass diese für Vorgesetzte selten sichtbar sind. Ein insgesamt hohes Arbeitspensum und Arbeitstage mit vielen Unterbrechungen, führen dazu, dass Erreichbarkeit und das Arbeiten außerhalb der eigentlichen Arbeitszeit den Puffer für Unerledigtes bildet.
Wer mehr erfahren möchte...
Zu den genannten Themenfeldern wurden im Projekt „MASTER“ Maßnahmen erarbeitet und umgesetzt. Die Erfahrungen bei der Umsetzung sowie Ergebnisse für Befinden und Work-Life-Balance von Beschäftigten werden im Rahmen der Abschlusstagung vorgestellt:
Am 20. Juni 2017 findet in München die (kostenfreie) Fachtagung "Irgendwie, irgendwo, irgendwann – Ständige Erreichbarkeit im Kontext von Arbeit und Gesundheit gestalten" statt.