Am 22.06.2017 fand in Kooperation mit der Rheinisch-Bergischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH in Overath eine RKW-Werkstatt zum Thema "Arbeitszeit" statt. Gabriele Held, Projektleiterin im RKW Kompetenzzentrum, begrüßte eine bunte Mischung von Führungskräften und Personalverantwortlichen aus privaten und öffentlichen Dienstleistungs- bzw. Handwerksunternehmen. Es zeigte sich, dass die mehrheitlich kleinen Unternehmen bzw. Betrieben ihren Mitarbeitern schon einiges an Flexibilität bieten. Gleichzeitig war ein großer Bedarf zu erkennen, die bisherigen Maßnahmen zu reflektieren und an neue Entwicklungen anzupassen. Dem Austausch unter den Teilnehmern wurde deshalb viel Raum gegeben. Allen gemein war der Wunsch, mit Flexibilitätsangeboten gute Fachkräfte im Unternehmen zu halten. Waren sich auch die Problemlagen häufig ähnlich, zeigte sich, dass die Lösungen nicht ganz so einfach zu finden sind, denn sie müssen letztendlich zum einzelnen Unternehmen und der dort gepflegten Kultur passen. Eine one-fits-all-Lösung ist daher auch nicht möglich, so das Fazit der Teilnehmer.
Was passiert eigentlich, wenn unsere jungen Mitarbeiter in Zukunft ebenfalls länger in Elternzeit gehen möchten oder dauerhaft mehr zeitliche Flexibilität für die Betreuung ihrer Kinder beanspruchen?"
Auch wenn der Impuls nicht von den Männern ausgehen sollte, sei zu erwarten, dass die Mütter mehr und mehr dazu tendieren, sich am Erwerbsleben zu beteiligen und einen Teil der Familienpflichten abgeben möchten, meinte die Geschäftsführerin eines kleinen Handwerksbetriebes. "Die Berufsrückkehrerinnen wollen fast alle vormittags arbeiten, dadurch entsteht voraussichtlich demnächst eine Kapazitätslücke am Nachmittag. Wie kann ich die überbrücken?", fragte sich der Vertreter eines Handelsunternehmens. "Lassen sich die Kunden erziehen, inwieweit kann ich Kundenströme steuern? Müssen Führungskräfte wirklich ganztags präsent sein oder sind auch Teilzeit- bzw. Jobsharing-Modelle möglich? Wie halte ich die notwendige Kommunikation, den Austausch im Team aufrecht, wenn alle zu unterschiedlichen Zeiten oder an unterschiedlichen Orten arbeiten?", überlegten andere. Gelegentlich komme ihm seine Belegschaft wie ein "Flohhaufen" vor, weil die Arbeitszeiten inzwischen so unterschiedlich sind, stellte ein Mitdiskutant fest.
"Wir machen schon alles möglich, was geht, allerdings sind wir nicht sicher, dass wir das in unserem schnell wachsenden Unternehmen durchhalten können", berichtet eine andere Führungskraft aus der IT-Branche. "Homeoffice geht bei uns nur im Ausnahmefall, wenn zum Beispiel ein Kind krank ist, ansonsten müssen unsere Teams anwesend sein, damit auch kurzfristig anberaumte Meetings möglich sind", erklärt sie. Ein brillanter Software-Entwickler in längerer Elternzeit oder im mehrmonatigen Sabbatical? Schwer vorstellbar.
Dass all diese Themen auch weiterhin interessant bleiben, zeigt eine kürzlich veröffentlichte Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung in Köln. Sie belegt, dass immer mehr Mütter Elternzeit nehmen - aber danach früher in den Job zurückkehren. Der Anteil der Väter, die sich im ersten Lebensjahr des Kindes in Elternzeit befinden ist von 0,5 Prozent im Jahr 2006 auf 3,9 Prozent 2014 angestiegen, so das IW. Unsere Teilnehmer sind also auf einem guten Weg, wenn sie sich weiterhin intensiv Gedanken machen und sich mit Lösungen auseinandersetzen. Damit sie dem Unternehmen wie den Mitarbeitern gleichermaßen nutzen, ist es wichtig, mit den Beschäftigten im Gespräch zu bleiben. Diffuse Ängste, dass man die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowieso nicht zufriedenstellen kann, werden dann vielleicht überflüssig. Und gemeinsam lassen sich meist auch gute Kompromisse finden. Ohne die wird es schließlich auch in Zukunft nicht gehen.
Welche Flexibilisierungsmöglichkeiten mit fortschreitender digitaler Vernetzung möglich werden, welche Konsequenzen sich für Führung, Kommunikation, Gesundheit und Kompetenzen im Unternehmen ergeben, ist auch Diskussionsgegenstand in unseren Unternehmenswerkstätten "Digitalisierung und Arbeit". Weitere Informationen finden Sie hier.
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