Gründungsberatung und Gründungsunterstützung sind in Deutschland gut ausgebaut

In Deutschland ist ein umfassendes Angebot an Gründungsunterstützungsangeboten sowie gründungsbezogenen öffentlichen Förderprogrammen vorhanden. Neben der repräsentativen Bevölkerungsbefragung wird beim Global Entrepreneurship Monitor (GEM) ebenfalls jährlich eine Befragung unter Gründungsexpertinnen und -experten durchgeführt. Zu den Befragten zählen Personen aus der Wirtschaft, Wissenschaft und Politik sowie Gründende und etablierte Unternehmerinnen und Unternehmer. Die in der Studie berücksichtigten Personen setzen sich intensiv mit dem Thema Unternehmens- gründung auseinander und können somit einen breiten Überblick über das Gründungsgeschehen vorweisen. Bei der Betrachtung der gründungsbezogenen Rahmenbedingungen aus der Sicht der insgesamt 78 befragten Expertinnen und Experten im Jahr 2023 zählt der Aspekt der Gründungsberatung und -unterstützung zu den gründungsbegünstigenden Faktoren in Deutschland. Die Rahmenbedingung belegt unter den sechzehn betrachteten Faktoren in 2023 den vierten Platz. Auch in den Vorjahren wird die Rahmenbedingung von den GEM-Gründungsexpertinnen und -experten für Deutschland mit hohen Werten sehr positiv eingestuft. Zudem bewerten die Expertinnen und Experten die staatlichen Gründungs- förderungsprogramme zur Unterstützung von neuen und wachsenden Unternehmen in Deutschland als wirkungsvoll (Sternberg et al. 2024, S. 72–73, 91). 

Frauen nutzen Gründungsberatungs- und -unterstützungsangebote seltener als Männer

Das gute Angebot an Gründungsberatungs- und -unterstützungsangeboten wird in Deutschland jedoch häufiger von Männern als von Frauen in Anspruch genommen. So ist der Frauenanteil bei den Gründungsberatungen der Industrie- und Handelskammern in 2023 mit 43 Prozent zwar auf dem höchsten gemessenen Stand (DIHK 2024a, S.14). Gleichzeitig werden seit 2005 Werte um die 40 Prozent verzeichnet, somit stellt der aktuell gemessene Höchstwert zwar ein positives Indiz, jedoch keine grundlegende Trendwende dar. Bei der IHK-Gründungsberatung handelt es sich – im Gegensatz zu den IHK-Einstiegsgesprächen – um Gespräche, bei denen seitens der Interessentinnen und Interessenten eine Konkretisierung ihrer Gründungsvorhaben stattfindet, wie zum Beispiel durch den Entwurf eines Businessplans (DIHK 2024a, S. 6, 14). Das Thema des Businessplans ist eng verknüpft mit der Gründungsfinanzierung. In der GEM-Expertinnen- und -Expertenbefragung 2023 geben 53,3 Prozent der Befragten an, dass der Zugang zu Finanzierung für Unternehmer in der Regel einfacher ist als für Unternehmerinnen (n=75). 

Frauen über das Thema Gründung und Möglichkeiten der Gründungsberatung und -unter- stützung zu informieren ist ein wichtiger Ansatz

Die Öffentlichkeit rund um das Thema Gründung zu informieren, ist aus Sicht der neuen Unternehmerinnen und Unternehmer ein wichtiger und geeigneter Ansatzpunkt. Im DIHK-Report Unternehmensgründung zählt der Aspekt „Mehr Verständnis für das Unternehmertum in der Gesellschaft wecken“ zu den Ideen der 952 befragten Gründenden, die zu einer höheren Gründungs- dynamik in Deutschland führen können (DIHK 2024 a, S. 8–10). Der Aspekt liegt mit 26 Prozent (Mehrfachantworten möglich) auf Platz fünf von insgesamt elf identifizierten Maßnahmen. Dabei wird insbesondere der Ansatz, für junge Menschen Gründungsinformationen sowie Hinweise zu den Anforderungen einer Gründung online gebündelt zur Verfügung zu stellen, von den Industrie- und Handelskammern diesbezüglich als ein Lösungsansatz gesehen. Für die Gründenden ist zudem die Vernetzung mit Personen, die sich ebenfalls im Gründungsprozess befinden, sowie der Kontakt zu etablierten Unternehmerinnen und Unternehmern ein unterstützender Aspekt. Die von anderen gewonnenen Erfahrungswerte und Informationen können oft positiv für die eigene Gründung angewendet werden. Die Industrie- und Handelskammern unterstützen dieses Anliegen der Gründenden beispielsweise durch Vernetzungsformate mit dem Motto „Startups meet Mittelstand“ (DIHK 2024a, S. 8–10).

Best-Practice-Beispiele zur Ansprache von Frauen zum Thema Gründung

Die Wichtigkeit von Informationsangeboten zeigt sich auch darin, dass die Industrie- und Handelskammern auf Ansprache- und Kommunikationsmaßnahmen setzen, um den Anteil von weilblichen Gründungen und die Nutzung von Gründungs- unterstützungsangeboten durch Frauen zu steigern. Teil des Aktionsplans der Industrie- und Handelskammern und des Netzwerks Business Women IHK „Werde Unternehmerin“ sind Girls' Day-Aktionen, Existenzgründungsveranstaltungen für Frauen, IHK-Unternehmerinnennetzwerke und Schulworkshops. Im Netzwerk „Business Women IHK“ sind mehr als 300 Unternehmerinnen aktiv, die als Prüferinnen, in Ausschüssen, Expertenkreisen, Vollversammlungen, im Präsidium oder in einer anderen Funktion ehrenamtlich in einer IHK tätig werden und dadurch weibliches Unternehmertum öffentlich sichtbar machen (DIHK 2024b). Auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) setzt öffentlichkeitswirksame Maßnahmen wie die Beteiligung am Girls' Day, MINT-Initiativen und den Abbau der Sicht auf Berufe als „Männerberufe“ und „Frauenberufe“ durch die Mitwirkung in der Initiative „Klischeefrei“ (ZDH 2024). 

Zu dem Ziel, mehr Frauen zum Thema Gründung zu informieren und anzusprechen, tragen auch Maßnahmen der Politik bei. Nachfolgend werden beispielhaft diesbezügliche Ansätze vorgestellt. In der Initiative „FRAUEN unternehmen“ des BMWK sind über 250 Vorbildunternehmerinnen aktiv. Die Vorbild-Unternehmerinnen inspirieren Frauen zur beruflichen Selbstständigkeit und ermutigen Mädchen für das Berufsbild „Unternehmerin“. Sie sind u. a. bei Veranstaltungen an Schulen oder Hochschulen aktiv und geben Einblicke in ihre unternehmerische Tätigkeit (BMWK 2024a).

Der BMWK-Initiativkreis „Gründung in school“ bietet mit dem Angebot von 42 Initiativen Schulleitungen und Lehrerinnen und Lehrern die Möglichkeit, durch Aktivitäten wie Schülerfirmen oder Businessplanwettbewerbe Schülerinnen (und Schülern) erste Erfahrungen im Bereich der Gründung zu machen und das Thema Wirtschaft in der Schule praxisbezogen zu erleben (BMWK 2024b). Das Thema Frauen und Gründung ist auch ein wichtiger Aspekt des Aktionsplans „Mehr Unternehmerinnen für den Mittelstand“ von Bundesministerien, Verbänden, Netzwerken und wissenschaftlichen Instituten, der auf Initiative des BMWK entstanden ist (BMWK 2023).

Fazit

Die Gründungsberatung und -unterstützung – sowie die öffentlichen Förderprograme – sind in Deutschland gut ausgeprägt und auf hohem Niveau. Die Angebote werden jedoch (derzeit noch) häufiger von Männern als von Frauen genutzt. Aus Sicht von Gründenden ist die Vermittlung des Themas Gründung in der allgemeinen Bevölkerung ein wichtiger Ansatzpunkt, um die unternehmerische Aktivität in Deutschland mittelfristig zu steigern. Dabei kommt der Ansprache von Frauen zum Thema Gründung eine besondere Bedeutung zu. Die im Artikel aufgegriffenen Best-Practice-Beispiele zeigen beispielhaft, wie dies erfolgreich gelingen kann.

Der Artikel ist Teil des Themenheft Female Entrepreneurship

 

Literatur

Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) (2024a): FRAUEN unternehmen. (letzter Abruf: 30.09.2024).

Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) (2024b): Startseite – Gründung in school. (letzter Abruf: 30.09.2024).

Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) (2024a): DIHK-Report Unternehmensgründung 2024 – Schlechte Noten für den Standort Deutschland, Berlin: DIHK.

Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) (2024b): Unternehmerinnen aktiv für die deutsche Wirtschaft – Business Women IHK begeistern Frauen für die Selbstständigkeit. (letzter Abruf: 27.09.2024).

Sternberg, R., Gorynia-Pfeffer, N., Täube, F., Wendt, N., Baharian, A. & Wallisch, M. (2024): Global Entrepreneurship Monitor:  Unternehmensgründungen im weltweiten Vergleich – Länderbericht Deutschland 2023/24, Eschborn: RKW Kompetenzzentrum.

Zentralverband des Deutschen Handwerks e. V. (ZDH) (2024): Frauen im Handwerk. (letzter Abruf: 27.09.2024)

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  • © jacoblund / Getty Images – Frauen applaudieren (3295_frauen-applaudieren.jpg)
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