Frühzeitige Ansprache und Förderung als Schlüssel zu „Female Entrepreneurship“
Fragt man Gründende nach ihren Vorbildern, fallen oft die Namen männlicher Tech-Größen aus den USA, wie eine aktuelle Bitkom-Umfrage zeigt (Bitkom Research 2024). Das gilt gleichermaßen für Männer und Frauen. Dabei liegt das Problem nicht im Potenzial, denn erfolgreiche weibliche Vorzeigegründerinnen gibt es zur Genüge – das Problem liegt in ihrer mangelnden Sichtbarkeit. Wenn schon Gründerinnen selbst Schwierigkeiten haben, weibliche Role Models zu finden, von wem sollen dann Mädchen und junge Frauen ermutigt werden, eigene Wege zu gehen und zu gründen? „Female Entrepreneurship“ spielt eine entscheidende Roll für die wirtschaftliche Innovationskraft und das Wachstum unserer Gesellschaft. Doch in Deutschland gründen Frauen weiterhin deutlich seltener Unternehmen als Männer. Oftmals sind strukturelle Hürden, fehlende Vorbilder und geschlechtertypische Rollenerwartungen die Ursache, die sich bereits in jungen Jahren festigen. Um diese Tendenz zu durchbrechen, müssen Frauen frühzeitig für das Thema Gründung sensibilisiert und unterstützt werden.
Sensibilisierung an Schulen und Universitäten
Mädchen und junge Frauen sollten also so früh wie möglich mit dem Thema Unternehmertum in Berührung kommen. Hier sind Schulen, Hochschulen und Jugendprogramme gefragt. Schulen können durch praktische Erfahrungen wie Startup-Simulationen oder spezielle Gründerinnenangebote am Girls’Day spielerisch unternehmerisches Denken fördern. Zudem ist es entscheidend, dass MINT-Fächer – häufig Ausgangspunkt für innovative Geschäftsmodelle – stärker auf Mädchen ausgerichtet werden. Informatik sollte daher ab der Sekundarstufe I bundesweit verpflichtend sein, um technologische Kompetenzen zu fördern, Mädchen den Zugang zu zukunftsorientierten Bereichen zu erleichtern und mehr Frauen für das Informatikstudium zu gewinnen. Zudem sollte die hohe Abbruchquote im Informatikstudium durch verbesserte, praxisnähere Inhalte und Lehrmethoden gesenkt werden.
Auch an Universitäten ist das Potenzial zur Sensibilisierung und Ansprache von Frauen für das Unternehmertum noch nicht voll ausgeschöpft. Obwohl viele Hochschulen bereits Programme zur Förderung von Entrepreneurship anbieten, richten sich diese oft unbewusst überwiegend an männliche Studierende. Ein entscheidender Hebel wäre es, mehr weibliche Vorbilder und Mentorinnen in diese Programme einzubinden. Ein positives Beispiel ist der Female Founders Circle des Bitkom, bei den Gründerinnen vor Studierenden ihre Geschichte teilen und dadurch zeigen, dass der Weg in die Selbstständigkeit vielfältig und für Frauen genauso möglich ist wie für Männer.
Auch die gezielte Ansprache von Frauen mit Kindern ist ein wichtiger Ansatzpunkt. Programme, die flexibel auf die Bedürfnisse von Gründerinnen eingehen, können Hürden abbauen und Frauen gezielt unterstützen. Mit den Anpassungen beim EXIST-Gründungsstipendium und der Schaffung von EXIST-Women ist der Bund in den vergangenen Monaten mit gutem Beispiel vorangegangen.
Vorbilder als Schlüssel für Female Entrepreneuership
Eine der wirkungsvollsten Maßnahmen zur Förderung von „Female Entrepreneurship“ sind sichtbare weibliche und diverse Vorbilder. Mädchen und junge Frauen brauchen Beispiele von erfolgreichen Unternehmerinnen, mit denen sie sich identifizieren können und die ihnen zeigen, welche Chancen in der Selbstständigkeit liegen und dass der Weg dorthin für sie offen steht.
Plattformen und Netzwerke, die erfolgreiche Gründerinnen sichtbar machen, sind daher unverzichtbar. Sie bieten nicht nur Inspiration, sondern auch konkrete Unterstützung in Form von Mentoring und Austausch. Für Gründungsunterstützende ist es von zentraler Bedeutung, solche Netzwerke zu stärken und Frauen den Zugang dazu zu erleichtern.
Fazit
Um mehr Frauen für das Unternehmertum zu gewinnen, ist eine frühzeitige und gezielte Ansprache entscheidend. Mit passender Förderung, weiblichen und diversen Vorbildern und gendersensiblen Programmen lassen sich Hürden abbauen und mehr Frauen ermutigen, den Schritt in die Selbstständigkeit zu gehen.
Der Artikel ist Teil des Themenheft Female Entrepreneurship.
Daniel Breitinger ist Teamleiter bei Bitkom e.V.
Lina Gunstmann ist Mitarbeiterin in der Online-Kommunikation bei Bitkom e.V.
Literatur
Bitkom Research (2024): Bitkom Startup Report – Ergebnisse einer Online-Befragung unter Gründerinnen und Gründern von Tech-Startups in Deutschland. (letzter Abruf: 07.10.2024)
- © jacoblund / Getty Images – Frauen diskutieren (3294_frauen-diskutieren.jpg)