Ziel des Artikels ist es, anhand der Ergebnisse einer qualitativen Studie Ideen vorzustellen, durch welche Kommunikationskanäle und Themen Frauen zum Thema Gründung aktiviert und erreicht werden können. In einer qualitativen Studie mit zehn Online-Fokusgruppen wurden anhand eines Interviewleitfadens Expertinnen und Experten, die in ihrer täglichen Arbeit direkten Kontakt zu jungen Unternehmerinnen und potenziellen Gründerinnen haben, zum Thema Frauen und Gründung befragt. Die Institutionen, aus denen die Expertinnen und Experten stammen, umfassen Wirtschaftsförderungen, Kammern, Hochschulen, Schulen, Technologie- und Gründungszentren sowie Initiativen für Gründerinnen.
Im vorliegenden Beitrag wird der Forschungsfrage nachgegangen, wie mehr Frauen von vorhandenen Gründungsunterstützungsformaten erfahren können (potenzielle Gründerinnen) und wie mehr Unternehmerinnen auf die bestehenden vielfältigen Angebote aufmerksam gemacht werden können. Im Rahmen des Aktionsplans „Mehr Unternehmerinnen für den Mittelstand“ wurde von den Expertinnen und Experten festgestellt, dass der Kommunikation innerhalb der Unterstützungslandschaft für Gründungen eine wichtige Rolle zukommt. Studien, wie beispielsweise von Hentschel et al. (2018), bestätigen, dass durch eine genderspezifische Ansprache (Verwendung von Bildmotiven mit Frauen sowie weibliche Textform) die Absicht von Frauen, an einem Gründungsförderungsprogramm teilzunehmen, gefördert werden kann.
Ideen für eine erfolgreiche Kommunikation
Ausgangspunkt für das Forschungsprojekt „Identifikation von Kanälen für die erfolgreiche Ansprache und Aktivierung von Frauen im Gründungsprozess“ ist die Hypothese, dass durch eine gezielte und optimale Kommunikation zum Thema Gründung in geeigneten Ansprachekanälen mehr Frauen als bisher für die Karriereoption der Unternehmensgründung begeistert werden können und mehr Frauen die vorhandenen Gründungsunterstützungsangebote nutzen könnten.
Um Erkenntnisse aus der Praxis zu gewinnen und das Forschungsfeld zu definieren, wurden in einer qualitativen Studie leitfadengestützte Fokusgruppen mit Expertinnen und Experten der Gründungsunterstützung durchgeführt, in denen der Frage nachgegangen wurde, wie Frauen über Kommunikationskanäle optimal zum Thema Gründung angesprochen werden können. Die Ergebnisse wurden in fünf thematische Handlungsfelder für eine erfolgreiche Ansprache von Frauen zum Thema Gründung aufgeteilt.
Handlungsfeld 1: Wie motiviere ich potenzielle Gründerinnen?
Das erste Handlungsfeld bezieht sich auf die Forschungsfrage: Wie motiviere ich potenzielle Gründerinnen? Bezüglich dieser Frage waren sich die befragten Expertinnen und Experten einig, dass erfolgreiche Unternehmerinnen als Role-Model Frauen für das Thema Gründung inspirieren und motivieren. Hier kann ein regionaler Bezug die Identifikation erhöhen. Die Ergebnisse des Global Entrepreneurship Monitor Deutschland (GEM) aus der repräsentativen Bevölkerungsbefragung 2023 zeigen, dass Gründerinnen (76,3 Prozent) häufiger persönlich andere Gründende kennen, als Nichtgründerinnen (28,1 Prozent) (Sternberg et al. 2024). Erfolgreiche Unternehmerinnen und Unternehmer in nächster Nähe können beobachtet werden, um dadurch die soziale Akzeptanz für eine selbstständige Erwerbstätigkeit zu fördern beziehungsweise den Glauben an den unternehmerischen Erfolg zu vermitteln (Bosma et al. 2012). Wichtig ist diesbezüglich, dass Vorbilder „greifbar“ sind und eine Identifikationsfigur für potenzielle Gründungspersonen darstellen (Röhl 2016). Deswegen sind insbesondere weibliche Rollenvorbilder aus dem näheren sozialen Umfeld bedeutsam.
Frauen haben oft Angst vor dem möglichen Scheitern einer Gründung. Die GEM-Ergebnisse 2023 zeigen, dass 77,6 Prozent der männlichen Gründenden die Angst vor dem Scheitern nicht von der Gründung abhalten würde, bei den Gründerinnen waren es 62,7 Prozent (Sternberg et al. 2024). Daher ist es wichtig für Gründungsunterstützungsorganisationen in der Kommunikation durch Beispiele zu zeigen, dass selbst dieser „Worst Case“ kein „Ende“ ist, sondern dass sich durch die im Gründungsprozess gesammelten neuen Erfahrungen und Qualifikationen auch neue Karrierechancen eröffnen können.
Die GEM-Daten für das Referenzjahr 2023 zeigen, dass Gründerinnen im Schnitt mit 39 Jahren etwas älter sind als Gründer mit 35 Jahren. Zudem zeigte sich, dass im Jahr 2023 knapp 60 Prozent der Gründerinnen im Nebenerwerb gründen und nur 41 Prozent im Vollerwerb. Bei den Gründern ist dieses Verhältnis mit knapp 60 Prozent im Vollerwerb und gut 40 Prozent im Nebenerwerb umgekehrt. Die qualitativen Ergebnisse der Fokusgruppen zeigen, dass insbesondere bei Frauen im mittleren Alter, die häufig Care-Arbeit leisten, das Thema Gründen im Nebenerwerb in der Kommunikation auf ein hohes Interesse stößt. Deswegen sind hier Kommunikationsbotschaften seitens der Gründungsunterstützenden von Vorteil, die zeigen, dass man auch gut nebenberuflich oder in Teilzeit gründen kann. Dabei können auch Wege aufgezeigt werden, wie aus einer kleinen Gründung im Laufe der Zeit eine Gründung in Vollzeit wird. Zudem ist für Frauen der Teamgründungs-Aspekt sehr wichtig, auch dieser kann in der Kommunikation bespielt werden. Männliche Gründende identifizieren sich dagegen eher mit Soloentrepreneuren, die sich gegen alle Widerstände durchsetzen.
Handlungsfeld 2: Womit spreche ich potenzielle Gründerinnen an?
Ein zweites Handlungsfeld beschäftigt sich mit der Frage, wie potenzielle Gründerinnen angesprochen werden können, damit sie ein Unternehmen gründen. Dieses Themengebiet ist inhaltlich stark mit dem dritten Handlungsfeld verbunden das zeigt, über welche Kanäle potenzielle Gründerinnen erfolgreich angesprochen werden könnten.
Bei der Bildsprache ist es essenziell für die Gründerunterstützenden darauf zu achten, dass die Bandbreite von weiblichen Gründungen in Fotomotiven zum Ausdruck gebracht wird, wie beispielsweise Frauen mit unterschiedlichen Migrationshintergründen, Frauen mit Kindern sowie technologieintensive und soziale Startups. Gründende werden oft mit den Attributen „jung und erfolgreich“ in Verbindung gebracht. Deswegen ist es zielführend, in der Bild-Kommunikation alle Altersgruppen zu zeigen, um deutlich zu machen, dass Gründen etwas für Frauen in jeder Lebensphase ist. In der Kommunikation sollten auch Gründerinnen in „männerdominierten“ Berufsfeldern gezeigt und angesprochen werden, um zu zeigen, dass alle Branchen ein Chancenfeld für eine weibliche Gründung sind. Eine genderneutrale Sprache bzw. eine direkte Ansprache von Frauen in der ausschließlich weiblichen Anredeform ist ein weiterer Erfolgsfaktor, um in der Kommunikation Aufmerksamkeit für das Thema Gründung durch Frauen zu erzeugen. Wichtig ist eine Differenzierung der Ansprache nach Branchen. Beispielsweise scheint bei Frauen, die MINT-Fächer studiert haben, eine genderspezifische Ansprache weniger Erfolg versprechend zu sein.
Handlungsfeld 3: Über welche Kanäle spreche ich potenzielle Gründerinnen an?
Das dritte Handlungsfeld „Kommunikationskanäle“ beantwortet die Frage, über welche Kanäle potenzielle Gründerinnen am besten angesprochen werden können. Die interviewten Expertinnen und Experten waren sich einig, dass die Medien „Zeitung“ und „Zeitschrift“ nach wie vor sehr wichtig sind, um insbesondere Frauen ab dem mittleren Alter zum Thema Gründung zu erreichen. Um Aufmerksamkeit und Rückmeldungen von gründungsinteressierten Frauen zu erhalten, sind hier regionale Printmedien von hoher Relevanz, die nicht nur Interviews mit Gründerinnen, sondern auch Anzeigen zu Veranstaltungen für Frauen zum Thema Gründung veröffentlichen können. Junge Frauen können gut über unterschiedliche Social-Media-Kanäle erreicht werden, wie beispielsweise Instagram und TikTok.
Handlungsfeld 4: Über welche „Bühnen“ spreche ich potenzielle Gründerinnen an?
Das vierte Handlungsfeld beschäftigt sich mit dem Thema „Kooperationen und Sichtbarkeit“ und beantwortet die Frage, wie man potenzielle Gründerinnen unterstützen kann. Die befragten Expertinnen und Experten stimmten der Aussage zu, dass generell Gründungspreise bzw. Gründungspreise für Frauen oder Pitches von Gründerinnen vor Publikum öffentlich für Aufmerksamkeit für das Thema Frauen und Gründung sorgen. Gründerinnenpreise bzw. andere auffällige Events können auch ein guter Anlass für die Medien sein, über das Thema Gründung durch Frauen zu berichten.
Gründerinnen haben im Vergleich zu männlichen Gründenden oft kleinere Netzwerke. In den Anfangsphasen der Gründung schätzen Frauen in Bezug auf Gründungsnetzwerke oft einen „Safe Space“. Hierbei handelt es sich um einen Austausch nur unter Frauen, bei dem sie gegenseitige Unterstützung erfahren, auch im Sinne eines Mentoring von Unternehmerin zu Gründerin. Deswegen stoßen auch digitale Angebote, wie offene oder geschlossene Social-Media-Gruppen (z. B. LinkedIn-Gruppen), bei Gründerinnen, potenziellen Gründerinnen und Unternehmerinnen auf eine hohe Nachfrage.
Handlungsfeld 5: Wo spreche ich potenzielle Gründerinnen an?
Handlungsfeld „Orte“: Ein weiterer Erfolg versprechender Kommunikationsansatz ist es, potenzielle Gründerinnen an „kreativen Orten“ anzusprechen. Die Kommunikationsideen in diesem Themenfeld umfassen Maßnahmen wie Aufsteller in der Fußgängerzone mit Plakaten und Flyern, Infostände in der Mensa oder der Stadtbibliothek, Gründungskurse für Frauen an Volkshochschulen sowie Veranstaltungen an untypischen Locations, wie zum Beispiel Autohäusern, Museen oder Ateliers. Auch die Einbindung von selbstständigen Künstlerinnen als Role Models, die ihre eigenen Erfahrungen zum Thema Gründung teilen, ist ein geeigneter Ansatz. Durch die Verwendung von Bildmaterial von ihren Kunstwerken in der Kommunikation können in Social-Media-Kanälen Beiträge zum Thema Gründungen durch Frauen entstehen, die aus der Masse hervorstechen und auffallen.
Der Artikel ist Teil des Themenheft Female Entrepreneurship.
Literatur
Bosma, N., Hessels, J., Schutjens, V., Van Praag, M. & Verheul, I. (2012): Entrepreneurship and role models, Journal of Economic Psychology, 33(2), 410–424.
Global Entrepreneurship Monitor (GEM) (2023): Global Entrepreneurship Monitor 2023/2024 Global Report: 25 Years and Growing. London: GEM.
Gorynia-Pfeffer, N., Baharian, A., Schauer, J. & Täube, F. (2024): Frauen für das Thema Gründung gewinnen und (potenzielle) Gründerinnen zielgerichtet ansprechen – 14 Ideen für eine erfolgreiche Kommunikation, Eschborn: RKW Kompetenzzentrum.
Hentschel, T., Horvath, L., Peus, C. & Sczesny S. (2018): Kick-Starting Female Careers: Attracting Women to Entrepreneurship Programs, Journal of Personnel Psychology, 17(4), 193–203. Doi: 10.1027/1866-5888/a000209
Röhl, K. H. (2016): Unternehmensgründungen – Mehr innovative Startups durch einen Kulturwandel für Entrepreneurship?, IW policy paper, 2/2016.
Sternberg, R., Gorynia-Pfeffer, N., Täube, F., Wendt, N., Baharian, A. & Wallisch, M. (2024): Global Entrepreneurship Monitor. Unternehmensgründungen im weltweiten Vergleich Länderbericht Deutschland 2023/24, Eschborn: RKW Kompetenzzentrum.
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