"In einem Unternehmen wie unserem wurden über Jahrzehnte Werte geschaffen, Kontakte geknüpft und Erfahrungen gesammelt. [...] Wir empfinden das Vermächtnis unserer Eltern und deren Mitarbeiter und Kunden als großen Schatz!"
Madeleine Peterson-Oster, Geschäftsführerin Oster Dach- und Holzbau GmbH
Die Idee, dass der eigene Betrieb einmal innerhalb der Familie weitergeführt wird, ist die Wunschvorstellung vieler Unternehmerinnen und Unternehmer. Und auch für die nachfolgende Generation kann die Übernahme eines etablierten Unternehmens durchaus viele Vorteile bieten. Wie eine familieninterne Unternehmensnachfolge gelingen kann und welche Chancen sich eröffnen, wenn sich Geschwister dabei zusammentun, zeigt das Beispiel der Familie Oster aus Bernkastel-Kues.
Bereits von Kindesbeinen an mit dem elterlichen Handwerksbetrieb vertraut, entschlossen sich Madeleine Peterson-Oster und ihre beiden Brüder, das Bedachungsunternehmen gemeinsam mit ihrer Mutter in die Zukunft zu führen. Wir sprachen mit der Mitinhaberin und Geschäftsführerin der heutigen Oster Dach- und Holzbau GmbH über ihre Motivation, die Erfolgsfaktoren einer familieninternen Unternehmensnachfolge und darüber, wie das Geschwister-Team das Unternehmen ausrichtet, um für aktuelle und künftige Herausforderungen gewappnet zu sein.
Frau Peterson-Oster, Sie haben 2016 gemeinsam mit ihren beiden Brüdern die Nachfolge im Betrieb Ihrer Eltern angetreten. Was war ausschlaggebend dafür, dass Sie gesagt haben `Für dieses Unternehmen möchte ich Verantwortung tragen und es weiterentwickeln´?
Wir sind als Kinder in diesen Betrieb hinein geboren worden. Unsere Eltern haben uns immer vorgelebt, wie toll es ist, sich in einem eigenen Unternehmen zu verwirklichen. Trotz der Verantwortung und der zahlreichen Stunden war es immer möglich Job und Familie unter einen Hut zu bekommen, gerade weil wir immer vor Ort gelebt haben. Wir Kinder durften uns frei entwickeln, eigene Wege wählen, die Nachfolge war niemals ein Zwang; so habe ich beispielsweise nach einem Jahr Auslandsaufenthalt in den USA mein Abitur in Musik gemacht und konnte mir diese Laufbahn auch gut vorstellen. Die Bindung an meine Familie, die langjährigen Mitarbeiter und die regionalen Kunden waren aber stets so groß, dass es mich immer wieder „nach Hause“ gezogen hat. Unser Unternehmen ist groß genug, um vielfältigste Ideen und Projekte umzusetzen, aber nicht so groß, dass keine persönliche Bindung mehr zu den Mitarbeitern und Kunden möglich ist – einfach eine perfekte Größe.
Gab es in der Zeit der Übernahme Situationen, in denen es hätte „schiefgehen“ können? Und woran hat es gelegen, dass die Übernahme dann letztlich so erfolgreich gelungen ist?
Als mein Vater 2016 an Krebs verstarb, musste alles sehr schnell gehen. Ich als Älteste stand gerade mitten in der Abschlussphase des Studiums, mein Bruder Laurin war auf der Meisterschule und der Jüngste Simeon hatte gerade sein Abitur. Das waren schwierige und riskante Zeiten. Trotz all der Schwierigkeiten, die durch die Krankheit meines Vaters entstanden, haben meine Eltern einen Plan erstellt, wie der Betrieb an die Kinder übergehen kann – sofern wir es denn wollten. Wir alle drei entschieden sich dazu, gemeinsam in die Zukunft zu gehen. Durch den absolut selbstlosen Einsatz meiner Mutter und unseren treuen Mitarbeiter- und Kundenstamm konnten wir alle unsere Ausbildung fertigstellen und trotzdem ist die Übernahme geglückt.
In der Arbeitswelt hat sich seither ja einiges getan. Spielt das Thema Digitalisierung in Ihrem Unternehmen unter Ihrer Leitung eine neue Rolle?
Gerade der Holzbau ist in der Digitalisierung weit vorne. Alle Bauprojekte werden digital geplant und anderen Gewerken sowie den Kunden zur Verfügung gestellt. So können die Baubeteiligten die Räume begehen, bevor das Projekt startet. Dadurch werden Bauabläufe maximal optimiert, und Fehler und Änderungen weitestgehend vermieden. Auch unsere Büroabläufe haben wir digitalisiert: Elektronische Stundenerfassung, Dokumentenmanagementsysteme und Co. gehören zum Alltag. Nur auf die gute alte Baustellenmappe mit Bauplänen wollen wir bisher noch nicht verzichten. Die ist für unser Empfinden auf der Baustelle greifbarer und praktischer ist als ein Tablet.
Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um Nachhaltigkeitsaspekte im Unternehmen zu stärken?
Nachhaltigkeit wird hier schon immer großgeschrieben. Dies liegt natürlich einmal darin begründet, dass der Holzbau an sich schon nachhaltig ist. Unabhängig davon legen wir sehr viel Wert auf den gezielten ressourcenschonenden Einsatz von Material. Wenn möglich kaufen wir regional ein und vermeiden lange Transportwege. Auch unsere Projekte liegen größtenteils im Umkreis. Kurze Wege sind für Mitarbeitende und Umwelt ein großer Mehrwert.
Alle Betriebsgebäude, auch die Hallen, sind gedämmt und werden von einer hauseigenen Hackschnitzelanlage beheizt. Die Elektrik wurde erneuert, sodass sparsame Lampen die Arbeitsplätze beleuchten und ein intelligentes BUS System die Verbraucher effizient steuert.
Fahrzeuge und Maschinen werden ausschließlich gekauft und nicht regelmäßig durch Leasingverträge getauscht. Sie werden in der eigenen Werkstatt gewartet und gepflegt und bis ans Ende der Nutzungsdauer verwendet. Ein großer Containerplatz ermöglicht die sinnvolle und sortenreine Trennung der Abfälle. Nicht zuletzt sorgt unsere große Lagerkapazität dafür, dass Materialien in großen Mengen gekauft und antransportiert sowie Materialreste gelagert und wiederverwendet werden können.
Haben Sie größere Veränderungen in der Organisation oder der Unternehmenskultur vorgenommen?
Nach dem Tod meines Vaters war uns klar, wir können diesen Weg nur mit allen Beteiligten gemeinsam gehen. Auf Augenhöhe mit Mitarbeitern, das ist und bleibt unser Motto. Wir haben festgestellt, wie gerne Menschen Verantwortung übernehmen, eigenen Einsatz bringen und sich engagieren, wenn man sie nur lässt. Natürlich müssen wir als Geschäftsführer steuern, im richtigen Moment eingreifen, entlasten oder verhandeln, wenn eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter an seine Grenzen kommt. Es ist der achtsame und dankbare Umgang miteinander, wen wir nicht mehr missen wollen.
Sie haben Ihre persönliche Bindung an die Region erwähnt. Wie ist Ihr Unternehmen in der Region verankert und welche Rolle spielt ein mögliches Unternehmenswachstum für Sie?
Wir haben einen sehr treuen Kunden- und Lieferanten-Stamm im nahen Umfeld. Darauf liegt auch unser Hauptaugenmerk. Für ein spannendes Projekt kann man auch schon einmal etwas weiter fahren, diese Entscheidung treffen wir aber gemeinsam mit den ausführenden Mitarbeitenden, denn diese müssen täglich pendeln oder sogar außerhalb übernachten. Es ist für uns ein großer Mehrwert, regional so verankert zu sein.
Wir sind in den letzten Jahren gewachsen, haben erweitert, in Maschinentechnik und Betriebsausstattung investiert und sind inzwischen modern aufgestellt. Weiteres Wachstum steht aktuell nicht im Fokus. Es ist uns wichtig, einen zuverlässigen Mitarbeitendenstamm zu halten, Projekte zu überblicken und verantwortungsbewusst und qualitativ hochwertig umzusetzen. Ab dem kommenden Herbst wird unser jüngster Bruder nach Studium und Meisterschule das Unternehmen unterstützen. Ob in diesem Zuge ein Wachstum möglich ist, werden wir sehen.
Welche Vorteile sprechen aus Ihrer Sicht für eine Nachfolge und was sind die Pluspunkte im Vergleich zur Neugründung?
In einem Unternehmen wie unserem wurden über Jahrzehnte Werte geschaffen, Kontakte geknüpft und Erfahrungen gesammelt. Natürlich gehört eine große Portion Toleranz, Flexibilität und Veränderungskompetenz dazu, wenn ein „Running System“ weiterführen möchte. Aber wir sind absolut sicher, Hürden und Schwierigkeiten gibt es immer, bei Übernahme genauso wie bei Neugründung, eben nur etwas anders. Wir empfinden das Vermächtnis unserer Eltern und deren Mitarbeiter und Kunden als großen Schatz!
Das Interview führte Stephanie Kropf, Fachbereich Gründung im RKW Kompetenzzentrum
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