Am Abend des 15. Oktobers 2024 fand im Museum für Kommunikation in Frankfurt am Main der vom RKW Kompetenzzentrum in Kooperation mit jumpp - Ihr Sprungbrett in die Selbständigkeit - Frauenbetriebe e.V., Social Business Women e. V. und dem RKW Hessen GmbH gemeinsam ausgerichtete „Gründerinnenabend“ statt. Das Ziel der Veranstaltung war, Wege zur Aktivierung von Frauen zum Thema Gründung zu diskutieren und weiterzuentwickeln. Insgesamt kamen 80 Personen – Akteurinnen und Akteure des Aktionsplans „Mehr Unternehmerinnen für den Mittelstand“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz sowie weiterer Ministerien, Gründungsunterstützende und Gründerinnen sowie Mitglieder des RKW Fachbeirats Gründung – zusammen, um dieser Leitfrage nachzugehen.
Das Event wurde von Dr. Florian Täube, Fachbereichsleiter Gründung im RKW Kompetenzzentrum eröffnet, durch den Abend begleitete die Moderatorin Kim Maurus von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.  

„Gender Gap“ bei Gründungen

Die Gründungsaktivitäten von Frauen liegen in Deutschland unterhalb derer von Männern, dies zeigen die Daten des Global Entrepreneurship Monitors. In 2023 beträgt die Gründungsquote der Männer 9,3 Prozent und die der Frauen 5,9 Prozent (mehr Infos dazu hier). Das Thema Mittelstand sowie der Mittelstand von morgen in Form von Gründungen ist für ein rohstoffarmes Land wie Deutschland ein wichtiger Wohlstandsfaktor – dabei spielen Frauen eine entscheidende Rolle.

Wie können mehr Frauen für eine Gründung gewonnen werden?

14 Ideen für eine zielgerichtete Ansprache von Frauen zum Thema Gründung

Dr. Natalia Gorynia-Pfeffer gab einen Einblick in die fünf Handlungsfelder eines Leitfadens des RKW Kompetenzzentrums, der Multiplikatororganisationen im Gründungsbereich Ideen liefert, wie Frauen über Kommunikationskanäle für die berufliche Selbstständigkeit angesprochen werden können. 

Frauen bereiten eine Gründung oft sehr sorgfältig vor, es ist daher wichtig, Frauen zu ermutigen, auch schon mit ersten Ideen zu einer Selbstständigkeit mit Gründungsunterstützenden in den Dialog zu gehen. Auch spielen Gründerinnen als Rollenvorbild eine entscheidende Rolle, insbesondere dann, wenn ein regionaler Bezug besteht. Für Frauen ist das Thema Gründung im Nebenerwerb von hohem Interesse sowie Gründungen die einen gesellschaftlichen "Impact" erzielen. Frauen sind zudem sehr offen für den Aspekt der Teamgründung. Neben der Online-Kommunikation erweisen sich nach wie vor Printmedien wie (Frauen-)Zeitschriften als wichtige Informationskanäle, um Frauen zum Thema Gründung zu erreichen. Gleiches gilt für Orte, an denen Frauen anzutreffen sind, wie beispielsweise die Mensa an Hochschulen, Kitas, Sportvereine, Führungstrainings an Volkshochschulen, Yogakurse oder auch Restaurants und Cafés. Bei der Kommunikation wirkt eine genderspezifische Ansprache aktivierend auf Frauen. Bei der Bildsprache wirkt es einladend, wenn (potenzielle) Gründerinnen in unterschiedlichem Alter oder unterschiedlicher Herkunft in den Bildern gezeigt werden – in Deutschland gründen viele junge Menschen, gleichzeitig ist die Selbstständigkeit und die Unternehmensnachfolge für Frauen in jedem Alter spannend.

Es wird bereits viel getan, um Frauen beim Gründen zu unterstützen!

Anschließend folgten kurze Impulsvorträge, in denen aktuelle Aktivitäten zum Thema Ansprache von Frauen für Neu- und Nachfolgegründungen aus dem Bereich der Kammern und Organisationen der Gründungsunterstützung vorgestellt wurden.

Dr. Marc Evers von der Deutschen Industrie- und Handelskammer eröffnete die Runde. Die Gründungsberatungen werden häufiger durch Männer als durch Frauen in Anspruch genommen. Ziel für die regionalen Industrie- und Handelskammern ist es, mehr Frauen für die Unternehmensgründung zu gewinnen. In jüngerer Zeit sind bei den Industrie- und Handelskammern insgesamt 35 neue Unternehmerinnennetzwerke entstanden. Zudem tragen auch Workshops an Schulen sowie Aktionen am Girls'Day durch die Industrie- und Handelskammern positiv dazu bei, junge Frauen und Mädchen über das Thema Gründung zu informieren. Zudem sind bei den „Business Women IHK“ mehr als 300 Unternehmerinnen aktiv.

Claudia Raber vom High-Tech Gründerfonds berichtete, dass im Deep-Tech Bereich in Deutschland die Anzahl der Gründerinnen noch verhältnismäßig gering ist. Diesbezüglich können Investorinnen-Netzwerke ein Lösungsansatz sein. Der High-Tech-Gründerfonds investiert in Startups in Technologiebereichen wie beispielsweise der Automatisierung, Robotik, Klimatechnik sowie Medizin und Wirkstoffentwicklung. Ein Ansatz, um mehr Ausgründungen von Frauen aus der Wissenschaft oder aus Forschungsnetzwerken zu generieren, ist das Förderprogramm EXIST-Women, zu dem Dietrich Hoffmann vom Projektträger Jülich einen Einblick gab.

Der Beitrag von Unica Peters – Geschäftsführung und Vorstand, Koordinierungsstelle Frauen & Wirtschaft bei jumpp - Frauenbetriebe e.V.– zeigte, dass es für Frauen einen Unterschied macht, auf eine frauenspezifische Gründungsberatung zurückgreifen zu können und dass Netzwerke für Gründerinnen eine positive Wirkung entfalten. In diesem Bereich setzt auch die bundesweite gründerinnenagentur (bga) wichtige Impulse.

Gründungsunterstützungsformate frauenspezifisch ausrichten

Es folgte eine moderierte Podiumsdiskussion zum Thema „Gründungsunterstützungsformate frauenspezifisch ausrichten“ mit Unica Peters (Geschäftsführung und Vorstand, Koordinierungsstelle Frauen & Wirtschaft bei jumpp - Frauenbetriebe e.V.),  Sascha Gutzeit (Geschäftsführer, RKW Hessen GmbH),  Mareike Merk (Zuber Filling Systems GmbH), Severine Rapp (Laterna Magica Filmproduktion GmbH),  Nathaly Parker (Business Trainerin) und  Tina Brückmann (Café Heimelig). Es wurde u. a. herausgearbeitet, dass die Unternehmensnachfolge als „zweiter Weg in eine Selbstständigkeit“ in Bezug auf Frauen ein wichtiger Ansatzpunkt ist. Zudem baut eine genderspezifische Ansprache bei Frauen Hürden ab, mit einem Gründungsförderprogramm oder einer Gründungsberatung Kontakt aufzunehmen. Da Gründungen im Nebenerwerb bei Frauen eine große Rolle spielen, leistet die Berücksichtigung dieses Aspekts in Programmen einen Beitrag dabei Frauengründungen zu stärken. Im Bereich der Gründungsfinanzierung können frauenspezifische Beratungsangebote helfen, Ängste vor einem Bankgespräch bzw. einer Kreditaufnahme abzubauen. Die Diskussionsteilnehmerinnen und Teilnehmer arbeiteten auch den Punkt heraus, dass eine Gründungsidee ihre Zeit braucht.

Neue Wege, um Frauen zum Thema Gründung anzusprechen

An drei unterschiedlichen Thementischen wurden im Anschluss folgende Fragen diskutiert: Über welche Kanäle spreche ich potenzielle Gründerinnen erfolgreich an? Wie motiviere ich potenzielle Gründerinnen? Was sind passende Veranstaltungsformate für (potenzielle) Gründerinnen? Zu den entwickelten Ideen zählte der Ansatz, Informationsportale im Internet zum Thema Frauen und Gründung durch Marketing und Werbung noch stärker im öffentlichen Bewusstsein zu platzieren. Es wurde betont, dass Unternehmerinnen und Gründerinnen als Rollenvorbilder eine große Wirkung entfalten. Gründungskurse an Hochschulen und Schulen sind geeignete Orte, um mehr Studentinnen und Schülerinnen über die Chancen einer Gründung zu informieren. Kinderbücher und Comics sind ein Weg, um schon im jungen Alter Wirtschaftswissen und Gründungswissen spielerisch zu vermitteln. Als wichtiger Ansatz wurde noch einmal das Thema „Mut machen“ herausgestellt – Qualifizierte frauenspezifische Gründungsberatung kann Frauen helfen, Ängste vor einer Gründung zu nehmen und emotionale Sicherheit zu geben sowie die Gründungsidee zu bestärken und gründungsbezogene Wissenslücken zu schließen. Veranstaltungsformate an „kreativen Orten“ wie beispielsweise Museen, aber auch an „seriösen Orten“ wie einer Bank können dabei helfen, mehr Frauen für das Thema Gründung zu gewinnen.

Ausgründungen aus der Hochschule, Ausbau der Kinderbetreuung und Finanzierung als wichtige Aspekte

Das Veranstaltungsprogramm wurde durch eine abschließende Runde mit Impulsen komplettiert. Marte Sybil Kessler vom Stifterverband brachte ein, dass forschungsintensive Ausgründungen von Frauen an Hochschulen ein wichtiger Aspekt sind. Role-Models können hierbei inspirieren. Der Stifterverband hat hierzu das Programm „UNIPRENEURS“ ins Leben gerufen. Zudem gibt es eine gute Nachricht aus der Studie „Gründungsradar“ des Stifterverbands. Gut 60 Prozent der Hochschulen in Deutschland geben an, ein Female-Entrepreneurship-Programm zu haben. Dr. Jonas Löher vom Institut für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn stellte Ergebnisse einer IfM-Studie zum Thema Kinderbetreuung vor. Der Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten ist ein wichtiger Baustein, um Frauen eine Unternehmensgründung zu ermöglichen. Dr. Sarah Theinert von UVC Partners stellte heraus, dass Gründungsausbildungsformate an Hochschulen insbesondere dann funktionieren können, wenn die Studierenden dafür auch Credit-Points erhalten. Aufgrund strukturierter Studienpläne ist es hilfreich, wenn die Themen Gründung und Gründungsfinanzierung als Studieninhalt von Studentinnen belegt werden können. Gründungsfinanzierung ist ein wichtiger Aspekt, der zu mehr Ausgründungen aus Hochschulen führen kann.

Grafic Recording

Die auf der Veranstaltung herausgearbeiteten Ideen wurden von Daniel Jennewein, Illustrator im RKW Kompetenzzentrum, festgehalten. 



Bildquelle aller Fotos: Bundesfoto / Frank Rumpenhorst