Wie misst man die Unterstützung und Entwicklung von Startup-Ökosystemen? Diese Frage stand im Mittelpunkt eines wissenschaftlich fundierten, interdisziplinären Workshops, der am 21. Januar 2025 in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften stattfand. Initiiert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und organisiert durch das RKW Kompetenzzentrum und den Projektträger Jülich (PTJ) zielte der Workshop darauf ab, ein gemeinsames Verständnis für Methoden und Ansätze zur Messung von Startup-Ökosystemen zu schaffen – insbesondere im Kontext des geplanten Förderprogramms „EXIST Startup Factories“.

Wissenschaftliche Perspektiven auf "Entrepreneurial Ecosystems"

Den Auftakt bildete ein Impulsvortrag von Prof.  Markus Perkmann (Imperial College London), der die entscheidenden Einflussfaktoren auf die Leistung akademischer Gründungen beleuchtete, basierend auf seiner Forschung und Erfahrungen als Direktor des Imperial Enterprise Lab. Wesentliche Treiber sind unter anderem:

  • Hochqualifizierte Forschende und deren Vernetzung
  • Unternehmerische und branchenspezifische Erfahrung der Gründenden
  • Öffentliche Finanzierung als unterstützender Faktor

Neben der individuellen Leistungsfähigkeit von Startups ist auch die Governance des Ökosystems entscheidend. Hier spielen Anreizsysteme, Peer-Effekte und organisatorische Unterstützung eine zentrale Rolle. Die Diskussion zeigte, dass ein erfolgreiches Startup-Ökosystem stark von strukturellen Faktoren und der Fähigkeit zur Etablierung tragfähiger Beziehungen abhängt.

Herausforderungen der Messbarkeit

Die Frage der Messbarkeit wurde in einer moderierten Diskussion mit Dr. Florian Täube und Dr. Matthias Wallisch (RKW) vertieft. Dabei wurden existierende Messgrößen mit wünschenswerten, aber derzeit schwer messbaren Faktoren verglichen.

Zu den bereits etablierten und häufig zur Anwendung kommenden Messgrößen gehören beispielsweise:

  • Anzahl der Gründungen
  • Quantität und Qualität von Talenten
  • Verfügbarkeit von Startup-Beratung
  • Infrastruktur und Veranstaltungsdichte
  • Bestehende Netzwerke und Kooperationen

Gewünschte, aber schwer messbare Faktoren:

  • Inklusivität des Ökosystems
  • Validierung von Unterstützungsleistungen (z.B. Beratung) für Gründende
  • Einfluss universitärer Angebote auf Gründungsaktivitäten (z.B. Sport & Freizeit)
  • Zusammenhang zwischen Ressourcenverfügbarkeit und Startup-Erfolg
  • Messung der Entwicklung einer unternehmerischen Denkweise bei den Studierenden
  • Einfluss von Führungspersönlichkeiten und Vorbildern (Leadership)

Ein wiederkehrendes Thema war die Herausforderung, kausale Zusammenhänge zwischen Unterstützungsmaßnahmen und dem späteren Erfolg von Startups nachzuweisen. Hier könnte die Entwicklung umfassender Kausalketten neue Einsichten liefern.

EXIST Startup Factories – Ein Ansatz zur Stärkung forschungsnaher und technologieorientierter Gründungsaktivitäten

Ein zentraler Programmpunkt des Workshops war die Vorstellung der „EXIST Startup Factories“. Diese Initiative der Bundesregierung zielt darauf ab, universitäre und forschungsnahe Startup-Ökosysteme zu stärken. Wichtige Ziele sind:

  • Förderung von Spin-offs aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen
  • Enge Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft
  • Integration von 50% privater Co-Finanzierung in nachhaltige Geschäftsmodelle
  • Messbare Erfolgsnachweise durch strukturierte Fördermechanismen

Die Umsetzung sieht eine schrittweise Einführung vor, beginnend mit einer Konzeptphase, in der 15 ausgewählte Projekte Fördermittel erhalten, gefolgt von einer finalen Auswahl im Frühjahr 2025 von 5 bis 10 Projekten mit einer fünfjährigen Laufzeit und bis zu € 2 Mio. p.a. für die einzelnen Factories.

Entwicklung praktikabler Messkonzepte

In einer abschließenden Breakout-Session erarbeiteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Arbeitsgruppen Ideen zur Gestaltung praktikabler Messkonzepte für Gründungs-Ökosysteme im Sinne der Startup Factories. Zentrale Fragen waren:

  • Welche Indikatoren eignen sich zur Messung der Wirksamkeit von Fördermaßnahmen?
  • Wie kann die Nachhaltigkeit von Startups quantifiziert werden?
  • Welche Datenquellen sind für eine langfristige Erfolgsmessung relevant?

Erste Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen zeigen, dass eine Implementierung zweier unterschiedlicher Ebenen hierbei hilfreich sein kann:

  • Management-Indikatoren sowohl für die „Startup Factories“ selbst als auch die Politik, um die erbrachten Leistungen systematisch zu erfassen. Diese Indikatoren decken eine kurz- bis mittelfristige Perspektive ab. Der Fokus liegt insbesondere auf quantitativen Kennzahlen und Korrelationen.  
  • Akademische Indikatoren, die eine Grundlage für eine wissenschaftliche Begleitung ermöglichen. Deren Erfassung geht mit einer deutlich höheren Komplexität einher und erfordert umfassende methodische Kompetenzen. Netzwerkanalysen und Fallstudien stellen in diesem Zusammenhang mögliche Ansätze dar. Wichtig ist es, auch die Effekte der „Startup Factory“ auf die Region zu berücksichtigen.

Der Workshop verdeutlichte, dass die Messung von Startup-Ökosystemen eine interdisziplinäre Herausforderung ist. Während klassische Erfolgsindikatoren wie Gründungszahlen und Investitionen wichtig bleiben, erfordert eine tiefere Analyse auch die Berücksichtigung von Netzwerkeffekten, institutioneller Unterstützung und kulturellen Faktoren. Programme wie die „EXIST Startup Factories“ bieten einen vielversprechenden Rahmen, um diese Aspekte systematisch zu erfassen und in die Gestaltung zukünftiger Fördermaßnahmen einfließen zu lassen.

     

Ausgewählte Publikationen der Teilnehmenden:

  • Markus Perkman (2023). Are public subsidies effective for university spinoffs? Evidence from SBIR awards in the University of California system. Research Policy
  • Daniel Prokop (2024). University Entrepreneurial Ecosystems: Spinouts, Networks and Geography. Edward Elgar Publishing.
  • Bernd Wurth (2024). Not seeing the forest for the trees? A systems approach to the entrepreneurial university. Small Business economics.

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