Am 12. Dezember fand unser letzter Erfahrungsaustausch im Jahr 2024 zum Thema „Inclusive Entrepreneurship“ statt. Gemeinsam mit unseren Expertinnen Julia Scheerer von der Bertelsmann Stiftung und Dr. Kirsten Mikkelsen vom Jackstädt-Zentrum der Europa-Universität Flensburg sowie mit mehr als 40 Teilnehmenden diskutierten wir über die Frage, wie die Gründungslandschaft in Deutschland inklusiver gestaltet werden kann. Denn nicht alle Menschen haben die gleichen Chancen ein Unternehmen zu gründen und erfolgreich zu führen. Diskriminierungen aufgrund von Herkunft, Alter, Geschlecht, Religion, Bildung, sozialer Zugehörigkeit oder einer physischen wie psychischen Einschränkung können diese Chancen begrenzen.

Über „Missing Entrepreneurs“

Als Einstieg in die Diskussion erfolgte ein Blick auf Zahlen zum Gründungsverhalten und die sich hieraus ableitenden Potenziale von Inclusive Entrepreneurship. Eine Möglichkeit, das Ausmaß der Chancen aufzuzeigen, besteht darin, die Zahl der „fehlenden“ Gründerinnen und Gründer zu schätzen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von den Missing Entrepreneurs. Es gäbe 7,5 Millionen mehr Gründerinnen und Gründer in der EU und 34,1 Millionen mehr in der OECD, wenn alle so aktiv bei der Unternehmensgründung wären wie die 30- bis 49-jährigen Männer. Die Zahl der „vermissten“ Gründerinnen und Gründer entspricht 44 % der tatsächlichen Gründenden in der EU und 34 % in der OECD, wobei bei vielen demografischen Gruppen, wie Frauen und jungen Menschen, erhebliche Unterschiede bestehen (vgl. OECD, The Missing Entrepreneurs 2023).

Benachteiligung durch Zuschreibungen

Im Zuge des Diskurses wurde darauf hingewiesen, dass die Begriffskombination „Inclusive Entrepreneurship“ irreführend ist, da diese suggeriert, dass Unternehmertum einen inklusiven Charakter haben kann. Besser wäre es in diesem Zusammenhang von „Inclusive Entrepreneurial Ecosystems“ zu sprechen. Zu den Personengruppen, die in der Gründungslandschaft besonders viele Hürden überwinden müssen, gehören u.a. Frauen und Menschen mit Einwanderungsgeschichte, aber auch ältere Menschen. Persistente kulturelle Werte und gesellschaftliche Vorstellungen schreiben Personengruppen bestimmte Eigenschaften zu, die sowohl in übergeordneten Rahmenbedingungen als auch in spezifischen Förderaktivitäten sowie in Entscheidungsprozessen zu Benachteiligungen führen können. Hieraus resultieren dann Vorgänge der bewussten und unbewussten Diskriminierung. Der sog. Andorra-Effekt führt außerdem zu einer Verhärtung von Strukturen. Er besagt, dass sich Menschen oft an die Beurteilungen und Einschätzungen durch die Gesellschaft anpassen und dies unabhängig davon, ob diese ursprünglich korrekt gewesen sind oder nicht. Eine zusätzliche Herausforderung für eine inklusivere Gestaltung von Gründungsökosystemen.

Nähe zu Social Entrepreneurship

In der Praxis zeigt sich eine enge Verflechtung von Social und Inclusive Entrepreneurship. Denn Menschen, die in ihrem Alltag mit Diskriminierung konfrontiert sind, entwickeln eher Geschäftsmodelle, um die Probleme anzugehen. Bemerkenswert ist auch der hohe Anteil von Frauen: Laut dem Deutschen Social Entrepreneurship Monitor 2024 sind mehr als die Hälfte der Gründungspersonen in diesem Segment weiblich. 

Innerhalb der benachteiligten oder unterrepräsentierten Gruppen können weitere Differenzierungen vorgenommen werden. In unserem Erfahrungsaustausch wurde u.a. die Gruppe der ausländischen Studierenden genannt, welche ihr gesamtes Studium in englischer Sprache durchführt und anschließend nicht in die deutsche Gesellschaft integriert werden kann. Der Verein Perspektive Neustart, der sich dafür einsetzt, dass alle Menschen unabhängig von ihrer individuellen Ausgangssituation die gleichen Möglichkeiten und Chancen haben, den Traum von einer Selbständigkeit zu verwirklichen,  hat hierzu ein Fact Sheet veröffentlicht: Internationale Studierende und Forschende Das brachliegende Gründungspotenzial    

Tipp:

Wer mehr zum Thema Inclusive Entrepreneurship und den Verein Perspektive Neustart erfahren möchte, dem empfehlen wir unseren Podcast Gründungsupdate. In Folge 29 sprechen wir mit Simone Chlosta. Sie ist Professorin für Wirtschaftspsychologie und Entrepreneurship an der FOM Hochschule und leitet dort das Center for Innovation, Business Development & Entrepreneurship. Außerdem ist Simone Projektleiterin bei KIZ SINNOVA und betreut die vielfältigen Aktivitäten des Vereins „Perspektive neuStart“, den sie auch mit initiiert hat.

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