Beim Online-Erfahrungsaustausch zum Thema „Business-Angels-Netzwerke in Deutschland“ war es wie so oft: Alles eine Frage der Perspektive. Seit den ersten Initiativen um den Jahrtausendwechsel im Zuge des New-Economy-Booms hat sich in Bezug auf Business Angels in Deutschland viel getan. Gerade hat der Business Angels FrankfurtRheinMain e.V. seinen 20. Geburtstag gefeiert. Der Verein zählt zu einem der aktivsten Netzwerke am sogenannten informellen Beteiligungsmarkt. Deren Vorstandsvorsitzender Andreas Lukic war ein Teilnehmer des Erfahrungsaustauschs. Er kann den gesamten Entwicklungsprozess der Business-Angels-Szene in Deutschland überblicken und war dementsprechend in der Lage, interessante Einblicke zu geben. Auch die Zahlen einer aktuellen Studie des ZEW Mannheim , die Dr. Matthias Wallisch am Anfang der digitalen Runde auszugsweise vorstellte, weisen darauf hin, dass die Bedeutung von Business Angels in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat.

Business-Angels-Netzwerke im Vergleich

Erweitert man allerdings die Perspektive auf die internationale Ebene (und hier vor allem mit Blick auf die USA), dann sind die Angel-Aktivitäten und die hiermit verbundenen Investitionsaktivitäten schätzungsweise zehn- bis zwanzig Mal kleiner als in den USA, mit allen entsprechenden Herausforderungen, so Lukic. Das liegt aber auch daran, dass die Angels hierzulande bei ihren Investments ein hohes Risiko eingehen müssen, denn die Gestaltung einer Finanzierungskette bis hin zum Exit ist in Deutschland in vielen Fällen weniger gut absehbar. In der Diskussion wurde deutlich, dass die Entwicklung einer lebendigen Startup-Szene einhergeht mit der Aktivität von Business Angels, die bereit sind, Kapital und Know-how zu investieren; eine Region kann also stark von solchen Netzwerken profitieren.

Rolle der räumlichen Nähe

Im Zuge des Austauschs kam die Frage auf, welche Rolle die räumliche Nähe zwischen den Angel-Investoren und ihren Portfoliounternehmen spielt. Ein häufig beobachteter Ansatz ist die Erreichbarkeit der zu unterstützenden Firmen innerhalb von einer Autostunde. Ein enger und regelmäßiger Kontakt ist wichtig, gerade in der ersten Zeit des Unternehmens. Allerdings kann ein zu enger Kontakt auch kontraproduktiv sein, wie ein Gründer berichtete. In der Praxis  haben sich in den vergangenen Jahren auch alternative Ansätze entwickelt. Diese weisen eine geringere regionale Verankerung auf und setzen stärker auf die Möglichkeiten digitaler Technologien und Plattformen, um Angel-Investoren und Startups unabhängig von Ihren Lebensmittelpunkten oder Standorten zusammenbringen.

Kapital verstärkt den Keislauf

Wenn erstmal ausreichend Geld in einer Region vorhanden ist und eingesetzt wird, funktioniert das Business-Angel-System gut und wird zu einem selbst-verstärkendem Kreislauf. Oft wird das Kapital bei einem Exit aus einem Unternehmen wieder regional in ein neues investiert. Business Angels haben mit ihrem monetären und nicht-monetären Input eine „Rolle auf Zeit“, so Lukic. Die Finanzierungsketten und der Einstieg von institutionellen Kapitalgebern sind kritische Elemente des Engagements. Fehlt im Allgemeinen das Kapital von Privatinvestoren oder Family Offices in der Region, wird es schwerer.

Situation in Ostdeutschland und fehlende Role Models

Ein Teilnehmer aus Sachsen-Anhalt fragte nach der Situation von Business-Angels-Netzwerke in Ostdeutschland. Christoph Schweizer von Companisto (Berlin) erläuterte, dass Privatinvestitionen von Business Angels in Ostdeutschland seiner Erfahrung nach eher unterrepräsentiert sind. Generell sind mittlerweile neue Typen von Business Angels (z.B. leitende Angestellte mit gutem Einkommen) am Markt aktiv, deren finanzielle Beteiligung zwar geringer ist, die aber sehr engagierten und qualitativen Support geben. Einig waren sich die Teilnehmenden des Erfahrungsaustauschs, dass Diversität und Gendergleichheit in dem Bereich ebenso ausbaufähig sind. Hier fehlt es oft an bekannten weiblichen Role Models, die eine Zugwirkung entfalten könnten.

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