In ökonomischer Hinsicht trifft die Corona-Krise Kleinstunternehmen und Solo-Selbständige besonders stark. Selbstständige, die Dienstleistungen anbieten, Kleinstunternehmerinnen und -unternehmer, die allein oder mit wenigen Angestellten ein Geschäft stemmen, freiberuflich arbeitende Personen, die auf Aufträge von Unternehmen oder Konzernen angewiesen sind, die ihrerseits nun ebenfalls die Arbeit reduzieren - sie alle sind von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise essenziell betroffen.
Wie können sich Unternehmen auf die unternehmerischen Herausforderungen, die das Virus und seine Bekämpfung mit sich bringen, einstellen? Wie können Unternehmen frühzeitig für ähnliche Krisen gut gewappnet sein? Gute Ansätze dafür bietet die Digitalisierung!
Die Chancen der Digitalisierung nutzen
In vielen Branchen gibt es bereits einen klaren Digitalisierungsschub, hin zu Online-Geschäftsmodellen. Firmen nehmen die Corona-Krise zum Anlass, um ihre Angebote, Distributionswege und Arbeitsabläufe zu überdenken und die Digitalisierung in ihren Unternehmen voranzutreiben.
Wichtig ist es, nicht nur für angestellte Personen digitale Lösungen anzubieten, damit sie gut mobil oder aus dem Homeoffice arbeiten können, sondern auch in Bezug auf Kundinnen und Kunden digital zu denken. Für viele Unternehmen lohnt es sich zu überlegen, wie man sein Marketing vorantreiben kann, indem beispielsweise die eigene Website überarbeitet oder Social-Media-Kanäle aktualisiert werden.
Einige Unternehmen setzen nun auch verstärkt auf Online-Marketing-Aktivitäten und Elektronischen Handel. So sind zahlreiche Online-Plattformen entstanden, die unter anderem digitale Lösungen für Einzelhandel, Lieferdienste und Gastronomie anbieten.
Der Online-Lieferdienst Lieferando ist ein solches Beispiel. Das Berliner Unternehmen stellt seinen Dienst nun zusätzlich auf kontaktlose Zustellung um. Einige Restaurants stellen– basierend auf den Erfahrungen der Corona-Krise – ihr Geschäftsmodell sogar gänzlich auf Online-Bestellungen um.
Die neue Plattform „Einzelheld“ ist entstanden, um Läden dabei zu unterstützen, einen Lieferservice für die Corona-Phase aufzubauen. Die Gewerbetreibenden können auf der Website ihre Waren anbieten, ohne einen eigenen Onlineshop einrichten zu müssen. Ein anderes Beispiel ist „Wirvonhier“, das im Rahmen des WirVersusVirus-Hackathons der Bundesregierung entstanden ist. Über eine App soll es Kundinnen und Kunden ermöglicht werden, in dem Sortiment lokaler Händlerinnen und Händler zu stöbern, mit dem Laden in Verbindung zu treten und den Kauf der Waren individuell zu vereinbaren.
Auch für „klassische“ Unternehmen anderer Branchen werden verstärkt Online-Lösungen angeboten, mit deren Hilfe sie weiter im Kontakt mit Kundinnen und Kunden bleiben können, z.B. durch Online-Konferenzen, die Online-Durchführung ihrer Kursangebote sowie die Umstellung medizinischer Dienste auf Online-Sprechstunden. Ob IT-Fachleute oder Lehrende, sie alle können ihre Kurse online oder via Livestream abhalten.
Insbesondere im Bereich der Bildung setzen deutsche Start-ups nun verstärkt auf Online-Angebote, weil derzeit Lernplattformen stark nachgefragt sind. Für Schulkinder und Studierende gibt es eine Reihe von Angeboten, die in Zeiten der Krise kostenlos sind: Hier bieten beispielsweise Sofatutor, Scoyo, Jicki, Duden Learnattack auf Ihren Plattformen neue Lernvideos und digitale Übungen an.
Einige Unternehmen bereiten ihr Angebot in Form von Apps für die Freizeit auf, die sie teilweise auch kostenfrei anbieten, um neue Kundinnen und Kunden zu gewinnen sowie der bestehenden Kunschaft weiterhin ihre Dienstleistungen anbieten zu können. Wer sportlichen Ausgleich sucht, kann sich beispielsweise die Yoga- und Fitness-Apps von Down Dog herunterladen. Musikalische Angebote stehen iPhone-Nutzern beispielsweise mit Hilfe des Minimoog Model D Synthesizers, einer App zum Komponieren von Musik, zur Verfügung.
Da in der letzten Zeit viele Messen abgesagt wurden, suchen viele Ausstellende nach Alternativen und planen zumindest Teile ihres Messe-Konzepts in die virtuelle Welt zu übertragen. Solche virtuellen Messen können beispielsweise entstehen, indem der Messestand vor Ort mit 3D-Scans und 360°-Aufnahmen digitalisiert oder ein physischer Messestand am Unternehmenssitz aufgebaut wird, wo er dann aufgenommen werden kann. Eine Alternative, die ganz ohne physischen Messestand auskommt, ist die Erstellung eines virtuellen Rundgangs vom Messestand, auf Basis der Planungsdaten.
So setzte die abgesagte Reisemesse ITB kurzerhand auf einen virtuellen Kongress und brachte die Inhalte von der Bühne auf den Bildschirm. Ausschnitte aus dem Programm wurden teils in Echtzeit, teils in zeitversetzten Livestream geteilt und stehen auch danach als Videos „on-demand“ zur Verfügung.
Vor dem Hintergrund von Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung sind solche Angebote aber auch für die Zeit nach der Corona-Krise zukunftsfähig.
Der Messestand wird zum Virtual Showroom, mit multimedialen Inhalten lassen sich Hintergrundinformationen zu Produkten und Dienstleistungen schalten und es kann direkt eine Online-Bestellfunktion für das präsentierte Angebot verknüpft werden. In einigen Branchen wie der Mode-, Möbel- oder Automobilindustrie sind Virtual Showrooms ein wertvolles Vertriebsinstrument. Dabei eröffnen zusätzliche Online-Marketingmaßnahmen Chancen, neue Zielgruppen zu erreichen. Der virtuelle Showroom lässt sich in der Regel über den Browser besuchen und gibt Interessierten online einen Überblick über das Produkt-Portfolio. Im Gegensatz zum klassischen Online-Shop, einem Imagevideo oder einer einfachen Bildergalerie kann die Kundschaft interaktiv durch den virtuellen Showroom laufen und kommt dem realen vor-Ort-Besuch so näh, wie durch keine andere Online-Lösung. Kundinnen und Kunden sind nicht länger an Standorte und Öffnungszeiten gebunden, sondern können den virtuellen Showroom unabhängig von Zeit und Ort besuchen.
Internet und digitale Tools werden nun auch stark in der Kultur- und Kreativwirtschaft genutzt, da Konzerte und Veranstaltungen abgesagt werden mussten, Museen, Theater, Kinos und Ausstellungen vorübergehend schließen mussten. Hier bietet beispielsweise das Museum für Kommunikation in Berlin eine Onlineausstellung an, oder das Puppentheater Mirakulum in Berlin-Mitte zeigt seine Aufführungen in voller Länge im Internet - gegen eine Spende. Viele inhaber-geführte Buchhandlungen nutzen die Krise als Chance und verknüpfen die Möglichkeit der Bestellung im Onlineshop mit einem telefonischen Beratungsangebot für ihre Kundinnen und Kunden. Zudem übertragen sie eine ihrer großen Stärken, die Beratungskompetenz, auf Social Media und bauen ihre Lieferservices aus. Das Familienunternehmen Hugendubel bietet Lesungen live über Instagram an, die so von zu Hause aus verfolgt werden können.
Der direkte und enge Online-Kontakt zu der Kundschaft in Verbindung mit der Aufrechterhaltung des Beratungsangebots lohnt sich in vielen Fällen. Klare Kommunikation in Verbindung mit digitalen Tools nach dem Motto „sich zeigen statt verstecken“ kann für viele Unternehmen ein Weg sein, die schwierige Zeit zu überbrücken.
Eine Orientierungshilfe zum Thema Digitalisierung im Unternehmen bietet das RKW-Digitalisierungs-Cockpit. Hier erhalten kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in einer beständig wachsenden Sammlung von Unternehmensbeispielen aus unterschiedlichen Branchen konkrete Anhaltspunkte und Denkanstöße für Digitalisierungsstrategien.
Fazit
Schon in den letzten Jahren war in vielen Betrieben eine Tendenz zu mehr Digitalisierung zu erkennen. Die Entwicklungen werden durch die aktuelle Situation definitiv beschleunigt. Viele Unternehmen erkennen, welche Risiken sie eingehen, wenn sie keine Digitalstrategie besitzen und nicht auf alternative Vertriebskanäle ausweichen können. Die Corona-Krise könnte einer der größten Treiber für die Digitalisierung unseres Alltags werden.
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