Mit über einer Millionen Einwohnern ist Köln die größte Stadt Nordrhein-Westfalens und eines der wichtigsten Wirtschaftszentren in Deutschland. Auch als Standort für Gründungen hat die Stadt viel zu bieten und nähert sich zunehmend dem Spitzentrio Berlin, Hamburg und München an.
Heinz Bettmann, Geschäftsführer der RTZ GmbH (Rechtsrheinische Technologie- und Gründerzentrum Köln GmbH), berichtet über das Kölner Gründerökosystem.
Herr Bettmann, wie entwickelt sich das Gründungsgeschehen in Ihrer Region? Lassen sich Schwerpunkte erkennen?
Heinz Bettmann: In der Region Köln hat sich die Szene in den letzten Jahren deutlich verändert. 2008 wurde das erste private „Gründerzentrum“ gegründet – die Geburtsstunde der Coworking Spaces in Köln. Coworking Spaces entwickelten sich danach zunächst schwierig, später aber doch sehr dynamisch. So existieren heute über 30 dieser „Gründerräume“ (Gründerzentren, Coworking Spaces, Inkubatoren, FabLabs etc.) in der Region Köln. In den letzten ein bis zwei Jahren haben sich dabei auch kleinere Schwerpunkte entwickelt. Zu diesen Schwerpunkten gehören beispielsweise die Bereiche Life Science, Software-Entwicklung, Nachhaltigkeit, Design und jede Form der „digitalen Start-Ups“ wie FinTech und InsurTech. Köln ist Stadt der Versicherungen, auch der Bereich HealthTech ist stark. Die Gründerszene stellt sich hier jedoch als ein heterogenes Nebeneinander dar – es gibt kein ausgeprägtes Miteinander. Auch der kürzlich gegründete „Digital Hub Cologne“ konnte bisher kein größeres Miteinander bewirken.
Welche sind für Ihre Organisation die größten Herausforderungen bei der Gründungsförderung?
In den letzten Jahren hat sich die Gründermentalität deutlich geändert und wurde dabei sehr vielfältig. Wo früher „Unternehmerpersönlichkeiten“ an- und auftraten, erscheinen heute „Menschen des ganz normalen Alltags“. Bei diesen Gründern spielt ein repräsentativer Auftritt keine Rolle mehr. Geht eine Gründung schief, starte man einfach die nächste. Leider gehen dabei nicht selten gute Ideen verloren.
Das Rechtsrheinisches Technologie- und Gründerzentrum in Köln steht für „Zukunftstechnologien“. Im RTZ gibt es Schwerpunktbereiche in der Biotechnik, Software-Entwicklung, Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Design und andere. Diese Vielfalt der Branchen ist für Gründerzentren insofern eine Herausforderung, als dass hier sehr unterschiedliche Anforderungen gestellt werden bezüglich Beratung, Coaching, Training und Finanzierung. Aber auch bei den Anforderungen an Räumlichkeiten unterscheiden sich Coworking, Nachhaltigkeit und Life Science ganz erheblich.
Wichtig wird es aber für den Wirtschaftsstandort Köln sein, den Gründungsgedanken intensiv zu fördern und ein Miteinander der Gründerszene zu bewerkstelligen. Ein viel diskutiertes „Haus der Innovationen“ wurde bisher nicht realisiert.
Bitte beschreiben Sie eine Maßnahme, wie Sie Gründungen in Ihrer Region unterstützen.
Die Unterstützung des RTZ bei Gründerfragen beginnt mit der Frage des Unternehmerlebens selbst. Workshops zum Thema Entrepreneurship mit Schülern, Studierenden und anderen Interessierten sollen die Gründerszene beleben.
Die Gründerförderung des RTZ legt Wert auf enge Begleitung der Startups und ist ganzheitlich. Dies beginnt mit intensiven Gesprächen über die Gründungsidee, das Geschäftsmodell sowie die Finanz- und Marketingplanung. Ein Erstgespräch dauert in der Regel zwei bis drei Stunden. Das Gespräch ist dabei Beratung und Brainstorming gleichzeitig; die Idee soll intensiv auf Markttauglichkeit, Nutzen, Innovation und Wertschöpfung durchleuchtet werden.
Ein weiterhin wichtiges Thema ist nach wie vor die Entwicklung des Unternehmenskonzeptes. Dies kann ein konventioneller Businessplan oder auch das Canvas-Model sein. Ein Unternehmen braucht, ob konventionell oder disruptiv, ein durchdachtes Geschäftsmodell. Hier gibt es Unterstützung im FOUNDERS Club des RTZ durch Bereitstellung eines Arbeitsplatzes mit der dazugehörigen Unterstützung durch Coaching oder Expertenvermittlung.
Bei alledem ist Networking ein Schwerpunkt der Förderungsarbeit des RTZ. Wir trainieren Pitches, begleiten Start-Ups zu Präsentationen und/oder nehmen sie mit auf Tagungen und Messen. Veranstaltungen zur Förderung des Networking und zur aktiven Belebung von Kontakten und Kooperationen werden im RTZ laufend durchgeführt.
Inwiefern ist der Einsatz des Canvas für Ihre Arbeit hilfreich?
Das Gründerökosystem-Canvas ist hilfreich, um sich einen umfassenden Überblick über die eigene Region zu machen. Hierdurch konnten eine Reihe von Akteuren und Programmen zum Thema Gründung identifiziert werden, die das RTZ bisher nicht auf dem Schirm hatte. Daraus ergeben sich neue Potenziale für die Entwicklung von Netzwerken und die Unterstützung der Gründerinnen und Gründer in unserem Zentrum.
Herr Bettmann, vielen Dank für das Interview!
Nachfolgend das ausgefüllte Canvas der Stadt Köln zum Anklicken.
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