Für unseren Erfahrungsaustausch zum Thema „Wie können übersehene Gründerinnen und Gründer unterstützt werden?“ haben wir uns im Vorfeld einige Daten aus dem Global Entrepreneurship Monitor näher angeschaut und dabei die typischen Merkmale einer gründenden Person in Deutschland identifiziert. Diese ist relativ jung, kommt aus einem einkommensstarken Milieu und hat keine Einwanderungsgeschichte. Und die Person ist häufiger männlich.
Warum ist das so? Nach wie vor bestehen für viele gesellschaftliche Gruppen strukturelle Nachteile, welche die Gründungschancen negativ beeinflussen. Dabei benötigt die deutsche Gründungszene diverse Perspektiven, in dem Menschen unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Hautfarbe, Muttersprache, sexueller Orientierung und Behinderung sich willkommen fühlen und gefördert werden.
Für die Diskussion hatten wir Julia Kümper, Gründerin von Ventreneurs eingeladen. Hierbei handelt es sich um einen Blended Value Incubator. Neben wirtschaftlichen Faktoren spielen bei diesem auch gesellschaftliche und ökologische Themen eine wichtige Rolle. Das übergeordnete Ziel lautet: „Gründen für Alle“ zu ermöglichen.
Zu Beginn des Austauschs berichtete Julia Kümper über die Erfahrungen aus Ihrem Arbeitsalltag der letzten Monate, die gezeigt haben, dass es immer noch formale, rechtliche aber auch gesellschaftliche Hürden gibt, die Gründungen für bestimmte Personen erschweren oder verhindern. Dabei ist es wichtig, die Komplexität der Hemmnisse zu verstehen und systemisch zu verändern. Es gibt nicht ein zentrales Gründungshemmnis, sondern es kommen häufig viele verschiedenen Faktoren zusammen. Ein konkretes Beispiel ist das für außereuropäische Gründerinnen und Gründer komplizierte Visa-Recht. Als weniger greifbar wurde von den Teilnehmenden eine „unconscious bias“ in der Verwaltung oder in den Bearbeitungsstellen für Förderanträgen skizziert, so dass bestimmte Personengruppen benachteiligt werden könnten.
Erfreulicherweise zeigen sich jedoch in ganz Deutschland auch eine Vielzahl an positiven Ansätzen zur Unterstützung einer diversen Gründungskultur. Die Teilnehmenden des Erfahrungsaustauschs nannten dabei sowohl öffentliche Initiativen wie Make it in Germany oder Wir gründen in Deutschland als auch private Engagements wie www.2heartscommunity.com/. In den Wirtschaftsförderungen, den Kammern und anderen Institutionen der Gründungsunterstützung besteht eine große Bereitschaft, eine passgenaue Förderung für alle Menschen möglich zu machen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch die konkrete Unterstützung von Gründungen im Nebenerwerb, zum Beispiel bei der IHK Weingarten oder auch deutschlandweit über die Gründerplattform. Hierdurch werden zusätzliche Perspektiven für all diejenigen aufgezeigt, denen es derzeit nicht möglich ist, mit einer Vollzeitgründung zu starten.
Ein ausführliches Interview mit Julia Kümper von Ventreneurs finden Sie im aktuellen RKW Magazin 4/2021 "Diversität bereichert" auf Seite 42.
Einen Leitfaden für den Weg in die nebenberufliche Selbständigkeit, veröffentlicht durch die Gründerküche in Kooperation mit der Gründerplattform, gibt es hier zum Download.
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