Der Gründerökosystem-Ansatz betont die Beziehungen zwischen den regionalen Akteuren und Institutionen. Insbesondere der Link zwischen der Gründerszene und etablierten Mittelständlern eröffnet vielfältige Chancen zur Gestaltung von Win-Win-Konstellationen. Auf den ersten Blick scheint die Zusammenarbeit logisch: Startups bieten Kreativität und innovatives Know-how, Mittelständler eine führende Marktposition in ihrer Branche und internationale Beziehungen. Beim näheren Hinsehen offenbaren sich jedoch vielfältige Hürden. Im Zuge des RKW-Workshops "Startups meet Mittelstand" am 13. Juli  wurden sowohl Hürden der Zusammenarbeit als auch Ansätze zur Gestaltung von Kooperationen aufgezeigt.

Kurzvorstellung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer

Zu Beginn des Workshops am Morgen wurden alle Teilnehmenden gebeten, sich kurz vorzustellen und im Modellschema des RKW Kompetenzzentrums zu markieren, für welchen Bereich innerhalb des Gründerökosystems sie sich am meisten interessieren (siehe Foto). Der Schwerpunkt des Interesses lag bei der Gründerszene selbst, dem Element Unterstützung und Infrastruktur sowie der Gestaltung des Marktzugangs.

Impuls: Startup und Mittelstand als Kooperationspartner

Christoph Baier, Gründer & Geschäftsführer von Founderio Innovation

Kooperationen mit Startups können auf unterschiedlichen Ebenen erfolgen – von gemeinsamer Forschung bis zur Übernahme. Die unterschiedlichen Kulturen von etablierten Unternehmen und Startups bergen im Rahmen der Zusammenarbeit vielfältige Herausforderungen. Welche sind zentrale Faktoren bei der Zusammenarbeit mit Startups? Hierzu gehören
(1) Persönliche Beziehungen,
(2) Kommunikation und Vertrauen,
(3) Identifikation einer Win-Win-Situation,
(4) Erwartungsmanagement,
(5) Innovationsbeidhändigkeit sowie der Umgang mit
(6) Unsicherheit und Risiko von Innovationsprozessen.

Um ein langfristig profitables Wachstum zu ermöglichen, muss ein etabliertes Unternehmen beidhändig Innovationen entwickeln. Die Öffnung von Innovationsprozessen (Open Innovation) sowie disruptive Innovationen erfordern von etablierten Unternehmen eine sog. Beidhändigkeit. Folgende Schritte sind in diesem Zusammenhang umzusetzen: Innovationsbeidhändigkeit etablieren, Kontakt zum Kunden-/Endnutzer suchen, kalkulierbare (unternehmerische) Risiken eingehen, neue Technologien / Geschäftsmodelle kontinuierlich evaluieren und Innovationen schnell mit Startups testen.

Übung: Mein Gründerökosystem – Status Quo & Zusammenhänge erkennen: "Reise-nach-Jerusalem-Interviews" ©

Im Rahmen einer Interviewserie haben die Teilnehmenden das Gründerökosystem „Rhein-Main“ erforscht. Hierbei haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer jeweils die Rolle eines Experten als auch die Rolle eines Forschenden übernommen. Ziel des Formats ist es, sich aktiv mit den unterschiedlichen Elementen eines Gründerökosystems auseinanderzusetzen und hierdurch neue Erkenntnisse zu gewinnen, Zusammenhänge zu erkennen und ggf. auch neue Chancen für die Zusammenarbeit mit regionalen Akteuren aufzudecken.

Im Hinblick auf das Thema Startup und Mittelstand hat sich in den Interviews herauskristallisiert, das insbesondere im Umland von Frankfurt eine Vielzahl mittelständischer Hidden Champions ansässig ist, Startups bisher jedoch noch viel zu selten als Inspirationsquelle für Innovationen in Betracht gezogen werden. Beispielsweise könnten sich Einrichtungen und Initiativen der regionalen Wirtschaftsförderung stärker als bisher um die Vernetzung dieser beiden Unternehmensgruppen kümmern. 

Kooperationen mit Mittelständlern – Startup-Gründer berichten

Jan Rotard, CEOvon Vemcon

Vemcon hat sich auf die Steuerung von mobilen Arbeitsmaschinen spezialisiert. Die Kernkompetenz ist die Vereinfachung der Maschinenbedienung. In den angebotenen Lösungen werden Fahrerassistenz und intuitive Ergonomie miteinander vereint.

Tom Acland, Head of Business Development & Co-Founder von COBI

COBI verbindet Smartphone und Fahrrad. Das System stattet Fahrräder und moderne eBikes mit intelligenten Assistenzfunktionen aus. Das Ergebnis: mehr Sicherheit, mehr Komfort und mehr Spaß auf Routen und Radwegen aller Art.

Übung: World-Café

Startup meets Mittelstand: Kooperationschancen erkennen und Zusammenarbeit gestalten

Florian Leiß, Wirtschaftsförderung Frankfurt

Co-Working-Angebote: Bereitstellung von Büro und Produktionsflächen

  •  Mittelständische Unternehmen bewerteten Co-Working-Spaces mit Startups als potenziellen Innovationstreiber
  • Von Seiten der Startups wird ein finanzieller Beitrag erwartet
  • Es gibt zu wenig Informationen über die Gestaltung von Co-Working-Spaces
  • Weitere Voraussetzungen für die Zusammenarbeit sind ein effektiver Know-how-Transfer auf Augenhöhe und eine transparente Kommunikation

Partnerschaften: Hürden der Zusammenarbeit erkennen und überwinden

Christoph Baier, Founderio Innovation 

  • Erster großer Stolperstein: Kontaktaufnahme
  • Events und Veranstaltungen als wichtiger Kontaktpunkt
  • Startups sollten eine Führungsperson festlegen, denn Gespräche werden umso schwieriger je mehr Personen am Tisch sitzen
  • Von Seiten der Mittelständler gibt es häufig kein Budget für die Zusammenarbeit mit Startups
  • Auch der Fortbestand eines Startups wird von Seiten der Mittelständler als Risiko erachtet
  • kulturelle Unterschiede: z.B. lockere Kleiderordnung oder Arbeitszeiten bei Startups

Hinweise zur Zusammenarbeit siehe Impuls: Startup und Mittelstand als Kooperationspartner

Kooperationsverträge: Die formelle Gestaltung der Zusammenarbeit

Dr. Gesine von der Groeben, Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

  • Der Vertrag sollte möglichst am Anfang erstellt werden. Zu einem späteren Zeitpunkt erweist sich die Vertragsgestaltung häufig als schwierig.
  • Es bietet sich an, im ersten Schritt eine Vertraulichkeitserklärung zu erstellen. Auf dieser Basis kann dann ein Kooperationsvertrag entwickelt werden.
  • Kooperationsverträge können folgende Inhalte enthalten: Wettbewerbsverbot / Exklusivität, Ausstiegsmöglichkeiten / Ausstiegsgründe / Ausstiegsbedingungen, Gerichtsstand, Gewerbliche Schutzrechte, Präambel (Ziel), Definierte Strafen bei Zuwiderhandlung

 Investitionen: Der richtige Umgang mit Corporate Venture Capital

Frank Müller, Business Angels Frankfurt Rhein-Main

  •  „Corporate Venture Capital“ (CVC) gilt bei den Teilnehmern als das „unbekannte Wesen“ der Venture-Capital-Beteiligungen
  • Aus Startup-Perspektive ist es von großer Bedeutung, wie der potenzielle CVC-Geber zu den eigenen Geschäftsaktivitäten positioniert ist.
  • Je nach Position (z.B. Kunde, Zulieferer, Vertriebspartner) hat ein Engagement des CVC-Gebers unterschiedliche Konsequenzen für die eigene Entwicklung.
  • CVC-Investoren seien tendenziell keine „Mitstreiter“ für die frühen Phasen der Startup-Entwicklung
  • Potenzielle Vorteile resultieren aus den Ressourcen des CVC-Gebers selbst, z.B. durch die Integration in die Marketing- und Vertriebskanäle des Mutterkonzerns oder den Zugang zu wettbewerbsrelevantem Know-how.

Übernahme von Startups: Akquisitionen erfolgreich realisieren 

Tobias Zorn, Gründer FABRIKtester.de

  • Akquisitionen durch Mittelständler können aus Startup-Sicht die wesentliche Motivation nehmen: Die selbstbestimmte unternehmerische Handlungsfreiheit.
  • Aus Sicht des Startups sind Mergers and Acquisitions (M&A) verglichen mit der Akquise von Investorenkapital z.B. bei Venture-Capital-Investoren komplexer.
  • Startups, die einen Exit anstreben, werden erst verkaufen, wenn der Unternehmenswert den Vorstellungen der Gründer entspricht.
  • Die Lösung praktischer Probleme steht im Vordergrund. Inwieweit eine Übernahme von Startups der richtige Weg ist, muss im Einzelfall entschieden werden.

Wir bedanken uns bei allen Teilnehmenden für einen spannenden Tag und die informativen Diskussionsbeiträge. Die Workshop-Reihe wird fortgesetzt. Am 4. November lautet das Thema „Universitäten im Gründerökosystem“. Der Workshop findet im Science Park Kassel statt. Weitere Informationen folgen in Kürze auf unserer Website.

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