„Die Chancen von KMU in einer globalisierten Welt”, so lautete der Themenschwerpunkt des G-Forums 2019 in Wien, den der Förderkreis Gründungs-Forschung e.V. (FGF) organisiert hatte. Am 26. und 27. September fand die inzwischen 23. Interdisziplinäre Jahreskonferenz zu Entrepreneurship, Innovation und Mittelstand statt. Ziel des FGF ist die Förderung von Forschung, Lehre und Transfer zu den Themen Entrepreneurship, Innovation und Mittelstand. Der FGF versteht sich als Netzwerk und nimmt eine koordinierende Rolle in Forschung und Lehre ein.
Anhand der Daten aus dem Global Entrepreneurship Monitor (GEM) haben wir dargestellt, ob Familienunternehmen im globalen Innovationswettbewerb des „Zeitalters der Digitalisierung“ bestehen können bzw. aufgrund ihrer spezifischen Merkmale besondere Vorteile gegenüber Nicht-Familienbetrieben haben.
Die Ergebnisse zur Forschungsfrage stammen primär aus dem qualitativen National Expert Survey (NES) des Global Entrepreneurship Monitor (GEM) Deutschland 2018/2019, den das RKW Kompetenzzentrum gemeinsam mit dem Institut für Wirtschafts- und Kulturgeographie der Leibniz Universität Hannover seit 2017 durchführt. 2018 haben im Rahmen eines Sonderthemas „Gründung und Familienunternehmen“ insgesamt 53 Gründungsexperten aus Deutschland Rahmenbedingungen für Familienunternehmen bewertet. Ergänzende Daten stammen aus dem Adult Population Survey im Rahmen des GEM für Deutschland, einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage mit 4.250 Probanden.
Bedeutung von Familienunternehmen in Deutschland
90 Prozent aller deutschen Unternehmen sind familienkontrollierte Unternehmen. Sie erzielen 58 Prozent der Umsätze und stellen zirka 52 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland.
In der Bundesrepublik befinden sich im Vergleich zu vielen anderen Industrienationen auffallend viele sehr große Familienunternehmen. Mehr als 170 Familienunternehmen weisen einen Umsatz von mehr als 1 Mrd. Euro auf.
Rahmenbedingungen für Familienunternehmen
Die Gründungsexperten wurden gebeten, Aussagen zu unterschiedlichen Rahmenbedingungen des Gründungsstandortes Deutschland speziell für Familienunternehmen einzuschätzen. Die wichtigsten Ergebnisse sind:
- 84 Prozent der befragten GEM-Experten attestieren der deutschen Bevölkerung ein hohes oder sehr hohes Vertrauen in familiär geführte Betriebe
- Die Unterstützung von Familienunternehmen durch die staatliche Politik ist grundlegend vorhanden (41 Prozent)
- 45 Prozent der Experten stimmen der Aussage zu, dass es Gesetze und Regulierungen bestehen, die die Familienunternehmen fördern
- Die Unterstützung von Familienunternehmen bei der Regelung der Unternehmensnachfolge durch professionelle Berater und Fachleute ist aus Sicht nahezu aller GEM-Experten gegeben (75 Prozent).
Im Vergleich zu anderen GEM-Ländern aus Europa belegt Deutschland bezüglich der ersten drei Aussagen den ersten Platz und bei der Unterstützung der Regelung der Unternehmensnachfolge den sechsten Platz.
Empfehlungen für die Politik
Die GEM-Experten empfehlen die Verankerung eines umfassenden Entrepreneurship-Education-Konzeptes – beginnend in der Grundschule über weiterführende Schulen bis hinein in die Berufsausbildung oder das Studium. Der Wirtschaftsunterricht sollte in den Lehrplänen aller Bundesländer als eigenständiges Schulfach verbindlich und mehrjährig aufgenommen werden.
Als weiterer wichtiger Ansatzpunkt gelten spezifische Instrumente zur Unterstützung des Frauenunternehmertums abseits klassischer frauendominierter Branchen. Hier müssen spezifische Maßnahmen an Schulen und Hochschulen ansetzen, um Frauen für MINT-Bildungsbereiche zu gewinnen und dort zu unterstützen. Mit dem Ziel, den Frauenanteil bei technischen und ingenieurwissenschaftlichen Berufen zu erhöhen.
Aus Sicht der GEM-Experten wäre im Besonderen flächendeckende und lückenlose Versorgung von Unternehmen mit einem symmetrischen Hochgeschwindigkeitsinternet (gleich hohe Download- und Upload-Bandbreite) ein wichtiger Ansatzpunkt, um den Gründungsstandort Deutschland zu stärken. Ein solcher Infrastrukturausbau kann mit dazu beitragen, ländliche Regionen für Gründer attraktiver zu machen und den für junge Unternehmen häufig nicht bezahlbaren Miet- und Immobilienpreisen in Ballungsräumen entgegenzuwirken.
Migranten müssen eine Reihe von zusätzlichen Hürden überwinden, um unternehmerisch tätig zu werden. Hierzu gehört neben dem Erlernen der Sprache und der Anpassung an die kulturellen Gegebenheiten die Erfüllung von formalen Voraussetzungen, wie die Anerkennung der im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen.
Was tut Politik aktuell?
Zu nennen ist hier beispielsweise die Gründungsoffensive „GO!“, die durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), BDA, BDI, DIHK und ZDH die Unternehmenskultur in Deutschland stärken soll, indem mehr Menschen für unternehmerische Selbständigkeit motiviert werden.
Weiterhin hat der Wirtschaftsminister Peter Altmaier eine Mittelstandsstrategie im Juli dieses Jahres ins Leben gerufen. Im Fokus steht hier die Reduzierung der Belastung durch Steuern und Abgaben. Hierzu gehören zum Beispiel die Reformierung der Unternehmenssteuer oder die Abschaffung des Solidaritätszuschlags.
Darüber hinaus soll die Infrastruktur ausgebaut werden. Weitere Maßnahmen im Eckpunktepapier beziehen sich beispielsweise auf die Bekämpfung des Fachkräftemangels durch Investitionen in Ausbildung und Schulungen oder auf die Unterstützung bei der Erschließung neuer Märkte im In- und Ausland.
Eine noch relativ neue Initiative „Unternehmensnachfolge – aus der Praxis für die Praxis“ des BMWi hat zum Ziel, Aufmerksamkeit für das Thema „Unternehmensnachfolge“ bundesweit zu erzeugen. Hier werden Modellprojekte gefördert, die sich an Unternehmerinnen und Unternehmer sowie potentielle Nachfolgeinteressierte richten. Das RKW Kompetenzzentrum wurde vom BMWi zur fachlichen Durchführung der Förderbekanntmachung bestimmt, Bewilligungsbehörde ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).
Weitere Informationen und Impressionen zum G-Forum 2019 in Wien: https://www.fgf-ev.de/fotos-g-forum-2019-wien/