Bevor das für die teilnehmenden Gründerinnen komplett kostenfreie Programm zur Gründungsunterstützung für Frauen im Juni 2023 startet, sprach Stefanie Bechert, Fachbereich Gründung im RKW Kompetenzzentrum mit Elif Kahnert, Geschäftsführerin des Social Business Women e. V..
Stefanie Bechert: Warum brauchen Frauen aus der Erfahrung des Social Business Women e. V. heraus besondere Unterstützung, wenn sie sich selbständig machen und ein Unternehmen gründen wollen?
Elif Kahnert: Frauen sind keine hilfsbedürftigen Menschen, die eine „besondere Unterstützung“ benötigen. Tatsache ist aber, dass Frauen oft mit spezifischen Herausforderungen und Barrieren konfrontiert sind, die sich aufgrund von gesellschaftlichen Normen und strukturellen Benachteiligungen ergeben. Frauen sind oft stärker von Vorurteilen und Stereotypen betroffen, die ihre Fähigkeiten und ihr Potential als Gründerinnen unterschätzen. Deshalb ist es wichtig Menschen um sich zu haben, die Talente und Potenziale erkennen und fördern. Social Business Women e. V. unterstützt Frauen bei der Überwindung dieser Barrieren, indem wir speziell auf die Bedürfnisse von Frauen zugeschnittene Programme und Beratungen anbieten.
Gründungsinteressierte Frauen können sich bis Ende Mai 2023 um Teilnahme an dem Programm „CoCo-Frauen gründen“ bewerben. Was ist das Besondere an Ihrem Angebot und für welche Gründerinnen ist es besonders spannend?
Das Besondere an unserem Programm ist, dass es eine maßgeschneiderte Gründungsunterstützung für Frauen anbietet, die sich selbständig machen möchten. Das Programm umfasst modulare Online-Angebote, individuelles Coaching, Netzwerke und das Gründungs-Lab, in denen sich Frauen gegenseitig unterstützen und vernetzen können. Das Programm richtet sich an Frauen, die eine Gründungsidee haben und sich in der Gründungs- und Stabilisierungsphase begleiten lassen möchten. Es ist auch für Frauen geeignet, die gerade gegründet haben und sich vor Herausforderungen befinden, bei denen sie ein Netzwerk von Gleichgesinnten suchen.
Ihre Angebote umfassen die gegenseitige Unterstützung der Frauen untereinander in dem eigenen Netzwerk der beteiligten Frauen. Wie funktioniert es, dass die Frauen idealerweise ihre Gründungsabsicht innerhalb der Programmphase umsetzen und gleichzeitig ihre Zeit in ein neues Netzwerk investieren?
In der Regel fühlen sich viele gründungsinteressierte Frauen von den vielen Aufgaben und Regularien erschlagen, die in der Gründungsphase auf sie zukommen. Oft arbeiten Frauen parallel oder erziehen Kinder oder machen beides. Priorisierung und Selektion fallen da oft schwer. Das Vorankommen in der Gruppe ist deswegen ein wichtiger Baustein, den man nicht unterschätzen sollte. Das Netzwerk motiviert, unterstützt und bietet Hilfestellung bei Themen, die mir als Gründerin vielleicht schwerer fallen als anderen und natürlich umgekehrt.
Ist Coaching – eine fundierte Ausbildung der coachenden Person vorausgesetzt –eine besonders geeignete Methode speziell für Frauen, um die Gründungsabsicht zu verwirklichen? Was kann Coaching leisten, das Information und Beratung nicht abbilden?
Als systemischer Coach bin ich davon überzeugt, dass Coaching eine wesentliche Komponente bei der Unterstützung von Frauen auf ihrem Weg zur Verwirklichung ihrer Gründungsabsicht ist. Durch Coaching können gründungsinteressierte Frauen ihre Fähigkeiten und ihr Selbstbewusstsein stärken, ihr unternehmerisches Mindset entwickeln. Es unterstützt im Wesentlichen auch, mutiger zu sein. Wenn wir uns die Statistiken ansehen, erkennen wir, dass Mädchen risikoaverser erzogen werden und dazu neigen, Dinge erst dann umzusetzen, wenn sie alles zu 120% können. Diese Risikoaversion ist ein großer Verhinderer.
„CoCo – Frauen gründen“ bietet 1:1 Coachings an, die auf die individuellen Bedürfnisse und Herausforderungen jeder Frau zugeschnitten sind. Unsere Coaches sind sehr erfahren und haben umfangreiche Kenntnisse in den Bereichen: Gründung, Unternehmertum, Führung und Persönlichkeitsentwicklung.
Wir sind der Meinung, dass Coaching ein wesentlicher Bestandteil unseres Programmes ist, da es Frauen ermöglicht ihre Gründungsabsicht auf effektive und nachhaltige Weise zu verwirklichen. Wir haben festgestellt, dass Frauen, die an unseren Programmen teilnehmen und Coaching-Erfahrungen machen, erfolgreicher und zielgerichteter sind.
Welche Vor- und Nachteile bietet die eigene Unternehmensgründung im Vergleich zur sogenannten „abhängigen Beschäftigung“, also dem Angestelltenverhältnis? Welche zusätzlichen Abwägungen sind zu treffen, wenn die Gründerin auch Mutter kleinerer Kinder ist?
Ein Vorteil ist natürlich die Möglichkeit, die eigene Idee und Vision zu verwirklichen und in der Lage zu sein, Entscheidungen unabhängig zu treffen. Es erlaubt gleichzeitig eine höhere Flexibilität, Arbeit so zu gestalten, wie sie in die individuelle Lebenssituation passt. Darüber hinaus bieten eine erfolgreiche Unternehmensgründung und eine Selbstständigkeit das Potenzial für ein höheres Einkommen gepaart mit einem höheren Maß an Selbstbestimmung und Entwicklung.
Auf der anderen Seite kann eine Unternehmensgründung ein Risiko und Kosten in Form eines Invest mit sich bringen, insbesondere in der Anfangsphase. Es kann eventuell auch eine Zeit dauern, bis ein stabiles Einkommen erzielt und das Business etabliert ist.
Ein Vater in der Gründungsphase müsste nie erklären, was abzuwägen wäre, wenn seine Kinder noch kleiner sind. Ich glaube wirklich, dass wir Frauen das auch nicht tun sollten.
Es sind sehr unterschiedliche Entscheidungen, die getroffen werden sollten, bei denen wir die Frauen aber unterstützen und begleiten. Das Programm hilft da, wo die Bedarfe liegen.
Das Programm „CoCo Frauen gründen“ wird von der KfW Stiftung gefördert. Mit welchen Einrichtungen der etablierten Gründungsförderung arbeiten Sie zusammen und mit welchen bestehenden Frauennetzwerken kooperieren Sie in dem Programm?
Das Programm ist noch in der Aufbauphase. Aktuell sprechen wir mit vielen Institutionen, die „Coco – Frauen gründen“ unterstützen möchten. Die Initiative und die ersten Gespräche waren mit der KfW. Wir haben ein Jahr in einer Arbeitsgruppe mit dem Inlandsmarketing zusammengearbeitet. Begleitet hat das Ganze das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, die Gründerplattform und die KfW Stiftung. Ebenfalls kooperieren wir mit der WIBank und sind Mitglied im NeW Netzwerk (Netzwerk für Wiedereinstieg). Seit 2009 unterstützt das NeW Netzwerk Frauen beim beruflichen Wiedereinstieg. Viele Frauen haben Angebote von NeW besucht und sind heute wieder im Job, in Ausbildung oder sie haben sich für die Selbstständigkeit entschieden. Nicht zu vergessen sind Kooperationspartnerinnen, die aus dem unternehmerischen Kontext kommen und den „Coco-Frauen“ ihre Expertise und Wissen weitergeben. Susanne Wagner zum Beispiel von Ben Schulz & Partner oder die PR Spezialisten Andrea Alton, Daniela Meyer und Astrid Zehbe, Chefredakteurinnen der Finanzielle, Emotion Verlag, um nur einige zu nennen. Da wir gerade unsere Netzwerke und Partnerschaften aufbauen, sind wir für Anfragen und Kooperationen mit anderen aus dem Gründungsökosystem offen.
Vielen Dank für das Interview!
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Barbara Krekeler Janin Stötzner
| Elif Kahnert Social Business Women e. V |
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