Die Diskussion konzentrierte sich dann aber in erster Linie auf die richtige Auswahl, den Aufbau von Netzwerken als Startup-Pool für mittelständische Betriebe und den Faktor Zeit als k.o.-Kriterium für erfolgreiche Kooperationen.
Potenziale der Zusammenarbeit
Wenn man die Kriterien großzügig wählt, kommt man zu einer geschätzten Zahl von vielleicht 70.000 Startups in Deutschland (KfW-Start-up-Report 2019). Dem stehen etwa 83.000 mittlere Unternehmen mit 50 bis 499 Beschäftigten gegenüber (IfM Bonn). Man kann davon ausgehen, dass die meisten der mittleren Unternehmen bereits länger als fünf Jahre am Markt sind und somit nicht mehr unter die Startup-Definition der KfW fallen. Schon dieses Zahlenspiel deutet an, dass der Pool an deutschen Startups in Relation zu den Mittelständlern begrenzt ist. In unserer Gesprächsrunde wurde auch schnell klar, dass eine Kooperation nur in ausgewählten Konstellationen sinnvoll ist. Gleichzeitig bestand aber auch Einigkeit darüber, dass es noch zu wenige Ansätze gibt, um die vorhandenen Potenziale systematisch zu nutzen.
Voraussetzung für Kooperationen: Passgenauigkeit und technische Problemorientierung
Christoph Baier, der mit seinem eigenen Startup Ambivation solche Kooperationen anbahnt und betreut, erklärte, dass das wichtigste Kriterium für die Zusammenarbeit die Passgenauigkeit der Partner ist. Dabei ist Startup-Scouting mit viel Arbeit verbunden und kann, wenn keine geeigneten Partner dabei sind, zu Frustration führen.
So berichtete Madlen Dietrich von den Unternehmensverbänden Berlin-Brandenburg, dass Partnerschaften selten auf großen Startup- oder Mittelstands-Veranstaltungen entstehen. Diese sind zwar gut, Startup-Luft zu schnuppern oder einen Eindruck von der Kultur im Mittelstand zu bekommen, jedoch in Bezug auf Kooperationen zu wenig zielführend. Selbst Pitch-Events bringen für die konkrete Anbahnung von Kooperationen nur etwas, wenn sie sehr spezifisch auf die Herausforderungen und Bedürfnisse der anwesenden Mittelständler zugeschnitten sind. Hier können Reverse-Pitches eine Lösung sein, bei denen etablierte Unternehmen Probleme vorstellen, an denen sie gerade arbeiten. Allerdings muss dafür beim pitchenden Unternehmen auch die Bereitschaft vorhanden sein, über Dinge öffentlich zu sprechen, die man vielleicht nicht so gut kann oder über Probleme, für die man selber keine Lösung hat.
Internationale Netzwerke zur Vergrößerung des Startup-Pool
Dazu berichtete Gerold Kreuter, Geschäftsführer des Science Park Kassel, dass dort gerade ein Netzwerk-Verein für Startup-Acceleration und die Anbahnung von Kooperationen entsteht, bei dem die treibende Kraft mittelständische Unternehmen aus der Region sind. Nach seiner Einschätzung muss dabei allerdings auf einen nationalen oder sogar internationalen Pool an Startups zurückgegriffen werden, damit genug passende Startup gefunden werden können. Und bei aller Begeisterung der Unternehmen für Kooperationen braucht es nach seiner Erfahrung Coaches, die den Kooperationsprozess aktiv begleiten.
Zeit als kritischer Kooperationsfaktor
Sigrid Rögner, beim Industrie-Kamerahersteller IDS Imaging Development Systems als „Head of Ecosystem“ genau für die Entwicklung von Kooperationen zuständig, verfolgt ganz ähnliche Ziele: IDS baut ein Technologiezentrum auf, dessen Ziel die Entwicklung einer Community rund um das Thema „Künstliche Intelligenz & Vision“ ist, die Partner anziehen soll, mit denen Innovationen gemeinsam entwickelt werden können. Aus ihrer Sicht stellt es für Startups ein großes Hindernis dar, dass etablierte Unternehmen oft zu lange brauchen, um den Schritt von der Anbahnung bis zur Umsetzung der Kooperation zu machen.
Die Frage, inwieweit die derzeitige Krisensituation mit all ihren Begleiterscheinungen die zukünftigen Kooperationspotenziale zwischen Startups und Mittelständlern beeinflusst, verlagern wir nun auf einen unserer Diskussionstermine nach der Sommerpause. Wir freuen uns wieder auf Ihre Teilnahme. Den Termin geben wir auf unserer Website rechtzeitig bekannt.
- © Tabea Busch / Wirtschaftsförderung Eschborn / Privat/Non-kommerziell – Startup_meets_Mittelstand_114-klein.jpg