Im Vorfeld der RKW-Veranstaltung „Mittelstand vs. Startup“ am 29. Mai 2018 in Berlin haben sich Experten aus verschiedenen europäischen Ländern im Rahmen eines Global Brainstorms ausgetauscht, um Standpunkte zu vergleichen und neue Einsichten zu finden. Im ersten Teil unseres Ergebnis-Reports haben wir Gründe betrachtet, die für eine Zusammenarbeit sprechen. Im zweiten Teil geht es um die Dimensionen, in denen man ein solche Zusammenarbeit gestalten kann.
Wille vs. Fähigkeit
Solange die Wirtschaft gut läuft, wird laut Experten selten die Notwendigkeit gesehen, zu kollaborieren oder innovativ zu sein. Läuft sie schlecht, wird keine Liquidität für Risikoinvestitionen zur Verfügung gestellt. Dabei bieten sich in beiden Situationen Chancen. Die eigentliche Schwierigkeit ist der Mangel an Kompetenz für Innovation und Kooperation. Diese Kompetenzlücke muss geschlossen werden, wenn Wachstum und Mehrwert geschaffen werden sollen.
Tipp
Finden Sie heraus, welche Kompetenzen für Kooperation und Kollaboration in Ihrer Organisation fehlen.
Können vs. Lernen
Unternehmen wollen sich von ihrer besten Seite zeigen und sich gut verkaufen, um Produkte besser zu vermarkten. Nach außen hin zuzugeben, dass es Felder gibt, auf denen man noch lernen muss, fällt dagegen schwer. Die Gespräche im Rahmen des Global Brainstorms gaben Hinweise darauf, dass hier ein Kulturwandel nötig ist, wenn wir erfolgreich kollaborieren und innovieren wollen.
Tipp
Sprechen Sie mit anderen über Ihre Probleme und darüber, was Sie nicht so gut können, um Personen und Organisationen als Partner zu gewinnen, die Ihnen innovative Lösungen bieten können.
Geschwindigkeit vs. Fokus
Startups erwarten, dass Veränderungen schneller passieren, als dies bei ihren mittelständischen Partnern möglicherweise üblich ist. Das betrifft vor allem die Ambition, Innovationen schnell an den Markt zu bringen. Mittelständler fokussieren sich oft auf das bestehende Geschäft. Die Entwicklung des gegenseitigen Verständnisses, das darauf abzielt, den Bedürfnissen und Erwartungen des jeweils anderen entgegen zu kommen, wird oft vernachlässigt und die Notwendigkeit für Kompromisse wird zu Beginn oft nicht in Betracht gezogen.
Tipp
Entwickeln Sie ein gemeinsames Verständnis für den Zeitplan und gehen Sie nicht zu schnell formale Beziehungen ein. Nehmen Sie sich Zeit, gemeinsam einen zukunftsorientierten Fokus zu entwickeln.
Prozess vs. Menschen
Klare Handlungsanweisungen und einfach zu befolgende Richtlinien, mit denen man den Prozess für Innovation und Kooperation von Mittelstand und Startups strukturieren kann, wären für alle Beteiligten wünschenswert. Aber in jeder Kooperation müssen zunächst Menschen mit verschiedenen Hintergründen, Wertvorstellungen und unterschiedlichen Ideen zusammenfinden, um eine gemeinsame Basis aufzubauen. Deshalb ist ein zu striktes Regelwerk in der Praxis zum Scheitern verurteilt.
Tipp
Innovation und Kooperation sind mehr als ein vordefinierter Prozess. Es geht um Menschen, Kommunikation und die Entwicklung einer gemeinsamen Lösung.
Zeit vs. Vertrauen
Es ist leicht, Einstellung, Ethos, Kultur, Teamwork und Kommunikation als weiche Faktoren abzutun. Verträglichkeit und Ähnlichkeit der Denkweisen sind aber wichtige Elemente für den Erfolg einer Kooperation.
Tipp
Nehmen Sie sich Zeit, um vertrauensvolle Beziehungen zu entwickeln.
Alt vs. Jung
Die Kombination junger Energie und umfassender Erfahrung ist die Stärke einer Kooperation, dabei kommt es allerdings schnell zu Missverständnissen. Jede Partnerschaft ist so individuell und einzigartig wie die Personen und Organisationen, die sie initiiert haben.
Tipp
Um Verständigungsprobleme zu lösen, überlegen Sie, ob Sie ein Team-Mitglied oder einen Moderator, die die Sprache beider Kooperationspartner spricht, als Vermittler einsetzen.
Verbindung vs. Validierung
Neben der menschlichen Komponente ist eine realistische Einschätzung der Erfolgschancen wichtig. Genauso wichtig wie eine gute Beziehung ist darum für eine erfolgreiche Kooperation die vorhandene Marktvalidierung der neuen Idee.
Tipp
Bevor Sie formal in eine Wachstumsphase eintreten, testen Sie zuerst, ob es möglich ist, erfolgreich gemeinsam zu arbeiten.
Langfristig vs. Kurzfristig
Man kann im Vorhinein nicht wissen, wo die nächste große Disruption herkommen wird, nicht einmal mit Blick auf die nächsten zehn bis 15 Jahre. Das ist eine der Herausforderungen, wenn es darum geht, eine Vision zu beurteilen oder auch kurzfristige Zielsetzungen zu entwickeln. Vergegenwärtigen Sie sich, wo Sie mit Bezug auf Ihre eigene Entwicklung und die Konkurrenz stehen und seien Sie bereit, in Erwartung langfristiger Gewinne kalkulierte, kurzfristige Risiken einzugehen.
Tipp
Bewerten Sie Innovationen auch mit Hilfe quantitativer Kriterien wie Lohnsätze, Produktivität, Wachstum oder Umsatz.
Weiterbildung vs. Bewusstsein
Bildungseinrichtungen und Universitäten spielen eine wichtige Rolle bei der Weiterbildung von Unternehmen. Handelskammern, öffentliche Organisationen oder Wirtschaftsförderungen sollten ebenfalls wissen, wie sie Unternehmen helfen können, Kompetenzdefizite zu schließen.
- Eine engere Verbindung zwischen Mittelstand und Bildungseinrichtungen, Universitäten sowie öffentlichen Einrichtungen sollte angestrebt werden.
- Unternehmerische Fähigkeiten wie Verhandlungsführung und strategische Positionierung sollten früh gelehrt werden.
- Bereiche identifizieren, die verbessert werden können (z.B. IT oder HR) und entsprechende diagnostische Werkzeuge erstellen
- Bildungseinrichtungen und Unternehmen sollten Partnerschaften für Wissensaustausch fördern.
- Integration von Mittelstand und Startup in die akademische Forschung
- Aufbereitung von Fallstudien, Erfolgsgeschichten und Rollenvorbilder
- Organisation von Veranstaltungen und Förderung des Dialogs
- Implementierung von Programmen wie Acceleratoren, die sich an den Mittelstand und Startups gemeinsam richten
- Plattformen zur Weiterentwicklung von Problemen, für die Lösungen gesucht werden