Die Ergebnisse aus der aktuellen Ausgabe des Global Entrepreneurship Monitors (GEM) 2021/22 für Deutschland zeigen, dass bezüglich der Gründungsquoten und der Einschätzung der Gründungschancen größere Unterschiede zwischen den Bundesländern bestehen. Hinsichtlich der Einschätzung der Gründungsfähigkeiten sind die Abstände geringer und bei der Einschätzung der Angst vor dem Scheitern als Gründungshemmnis kaum vorhanden.
Größere Unterschiede im Gründungsgeschehen zwischen den Bundesländern
Die vom RKW Kompetenzzentrum sowie der Leibniz Universität Hannover für Deutschland durchgeführte internationale Vergleichsstudie zeigt, dass die durchschnittliche Gründungsquote der Jahre 2017 bis 2021 der 18–64-Jährigen in den Stadtstaaten Hamburg (9,6 Prozent), Bremen (8,6 Prozent) und Berlin (7,4 Prozent) am höchsten ist. Das oft als „Startup-Hochburg“ bezeichnete Berlin weist somit ein hohes Gründungsgeschehen auf. Die meisten umgesetzten und geplanten Gründungen finden jedoch nicht an der Spree sondern der Elbe und Alster bzw. Weser in Hamburg und Bremen statt. Hinter den Stadtstaaten folgen nach Gründungsquote die Bundesländer Hessen (7,0 Prozent), Schleswig-Holstein (6,7 Prozent), Baden-Württemberg (6,6 Prozent) sowie Bayern (6,1 Prozent). Unter den ostdeutschen Ländern hat Sachsen-Anhalt (mit 5,8 Prozent) das ausgeprägteste Gründungsgeschehen. Die Gründungsquote in dem Bundesland mit der höchsten Gründungsaktivität (Hamburg) ist nahezu viermal so hoch wie die in dem Bundesland mit der geringsten Gründungsaktivität (Mecklenburg-Vorpommern). Es ergeben sich im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2021 folglich größere regionale Unterschiede im deutschen Gründungsgeschehen.
Größere Unterschiede bei den Gründungschancen
Eine hohe Einschätzung der Gründungschancen und Gründungsfähigkeiten sowie ein niedriger Einfluss der Angst vor dem Scheitern als Hinderungsgrund für eine Gründung sind Indikatoren für ein mittel- und langfristig stabiles oder steigendes Gründungsgeschehen. Wie die Gründungsquoten weist auch die Einschätzung der Gründungschancen, hier bezogen auf das Jahr 2021, größere regionale Unterschiede auf. So stimmen in Hamburg rund viermal so viele Personen (höchster Wert unter den Bundesländern, 69 Prozent) der Aussage zu „In den nächsten sechs Monaten ergeben sich in der Region, in der Sie leben, gute Möglichkeiten für eine Unternehmensgründung“ wie im Saarland (niedrigster Wert unter den Bundesländern, 17 Prozent).
Geringere Unterschiede bei den Gründungsfähigkeiten
Anders als bei der Gründungsquote und der Einschätzung der Gründungschancen bestehen bezüglich der Einschätzung der Gründungsfähigkeiten nur geringfügige Unterschiede zwischen den Bundesländern. Im Land mit den am höchsten eingeschätzten Gründungsfähigkeiten (Brandenburg, 46 Prozent) ist der Wert, bezogen auf 2021, nahezu zweimal so hoch, wie im Land mit den am geringsten ausgeprägten Gründungsfähigkeiten (Sachsen-Anhalt, 27 Prozent). Die Daten zeigen weiter, dass sowohl ostdeutsche Bundesländer (Brandenburg mit 46 Prozent sowie Mecklenburg-Vorpommern mit 42 Prozent) als auch westdeutsche Bundesländer (Bremen mit 44 Prozent sowie Hessen mit 43 Prozent) hoch eingeschätzte Gründungsfähigkeiten aufweisen. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern bei der Gründungsquote (siehe Abschnitt 1) sind also nur sehr bedingt auf Unterschiede bezüglich der Einschätzung der Gründungsqualifikation zurückzuführen.
Angst vor dem Scheitern eher homogen ausgeprägt
Bezüglich der Einschätzung der Angst vor dem Scheitern als Gründungshemmnis bestehen 2021 kaum Unterschiede zwischen den Bundesländern. In Baden-Württemberg (Bundesland in dem die Angst vor dem Scheitern die geringste Rolle spielt) stimmen knapp 40 Prozent der Befragten zwischen 18–64-Jahren der Aussage zu: „Sie würden aufgrund der Angst zu scheitern kein Unternehmen gründen“. In Bremen (Bundesland in dem die Angst vor dem Scheitern vergleichsweise die größte Rolle spielt) sind es 52 Prozent. Selbst im Bundesland (Bremen) mit dem ausgeprägtesten Wert ist somit „Angst“ für nahezu jede zweite Person kein Grund um von der Gründung eines Unternehmens abzusehen. Dies zeigt, dass das allgemein für Deutschland vorherrschende Bild der „Risikoscheue“ und des „fehlenden Mutes“ bezogen auf das Thema Gründung in den repräsentativen GEM Daten empirisch nicht bestätigt werden kann.