In Meppen gibt es einige schöne Hotels. Ich habe mich für das mit dem schönsten Namen entschieden und bin dafür gestern Abend 40 Minuten mit meinem Rollkoffer durch den Ort gewandert. Am Morgen treffe ich beim Frühstück auf das Filmteam von forStory. Sie sind allerdings schon im Aufbruch, um das Set für die Interviews im Kreishaus aufzubauen.
Über unsere Partner in der Region
Im Kreishaus II des Landkreises Emsland begrüßen uns Heidi Ricke und Mechthild Gerling von der Emsland GmbH, unser Partner für die RKW-Videoreihe „Gründen in Deiner Region“. Wir haben einen wunderbaren Raum im Veranstaltungsbereich für die Interviews zur Verfügung und im Foyer davor sind Getränke aller Art und sogar ein zweites Frühstück aufgebaut – extra für uns!
Die Emsland GmbH koordiniert die EXEL Existenzgründungsinitiative Emsland. Angehende Unternehmer*innen finden Schulungs- und Beratungsangebote, immer mit dem Ziel, die Unternehmensgründung nicht zu einem unkalkulierbaren Risiko werden zu lassen. Im Bedarfsfall erhalten sie auch Risikokapital. In der Existenzgründungsinitiative arbeiten regionale Partner mit ihren Angeboten für Unternehmensgründer*innen zusammen, damit Gründungsinteressierte den direkten Weg zu dem gesuchten Angebot schnell finden. Bei gemeinsamen Veranstaltungen wie dem EXEL-Gründertag bieten die Partner vielfältige Informationen und suchen das persönliche Gespräch mit den potentiellen Gründer*innen. Das Emsland ist einer der größten Landkreise Deutschlands und steht entsprechend vor der Herausforderung, Angebote in der Fläche bereitzustellen. Unsere Interviews mit drei Fördereinrichtungen und drei Gründer*innen im Emsland richten wir auf die Vorgründungsphase aus.
Beim Drehtermin
Die drei Kameras laufen, das Licht wird ausgerichtet, der Ton getestet und schon geht es los mit den Interviews an diesem milden Spätsommertag in Meppen.
Im Interview ist eine Gründerin, die sich bereits bei einem EXEL-Gründertag „Emsländische Erfolgsstories“ auf dem Podium präsentiert hat. Die junge Frau berichtet, dass es sie zufrieden macht, „mein Unternehmen“ sagen zu können. Ausbildungs- und Arbeitsplätze in der eigenen Region zu schaffen, ist ihr sehr wichtig. Sie hat eine externe Nachfolge angetreten und erhielt dafür positive Resonanz aus dem ländlich geprägten Umfeld: „Mensch, mal `ne junge Frau“. Bis es tatsächlich so weit war, es „ihr Unternehmen“ war, haben ihr Ehrgeiz, Durchhaltevermögen, und die Einstellung, sich für nichts zu schade zu sein, geholfen. Gekauft hat sie das Unternehmen mithilfe von KfW-Förderprogrammen in Kombination mit einem Bankdarlehn. Ach ja, die Nachfolgerin führt ein bestehendes Bestattungsunternehmen fort. Sie will nicht viel ändern, aber einiges doch, denn das Digitale Erbe wird immer wichtiger, hier kann ein Bestattungsunternehmen guten Service anbieten.
Der zweite Jungunternehmer im Interview wusste schon als Jugendlicher, dass er selbständig sein wollte, und zwar ganz konkret, als Kioskbetreiber. Der 24-jährige Gründer hat schon kurze Zeit nach der Einrichtung seines ersten Kiosks 70 Mitarbeiter*innen, alle ausnahmslos sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Man spürt im Gespräch, dass seine Ideen, wie er einen Kiosk zu mehr als einem Kiosk macht, seit mindestens zehn Jahren in ihm gewachsen sind, so schlüssig sind die Argumente darüber, was die Menschen in Meppen eigentlich erwarten, wenn sie die Tür zum Verkaufsraum öffnen. Die Förderung produktiver Investitionen kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) im Landkreis Emsland hat der Gründer in Anspruch genommen, immerhin schafft und sichert er dort Arbeitsplätze.
Als nächstes nimmt eine Jungunternehmerin im Interview-Sessel Platz, die ein klares Ziel vor Augen hat: Sie möchte die nachhaltigste und bequemste Lebensmittelversorgung im Emsland bereitstellen. In einer Teamgründung hat die junge Frau mit ihrem Partner eine Bio-Kiste ins Leben gerufen. Im Emsland gab es dieses Angebot noch nicht. Es profitieren die regionalen Erzeuger von Biolebensmitteln von dem Service ebenso wie die Kund*innen. Viele Kunden arbeiten so viel, dass sie nicht selbst von Biohof zu Biohof fahren können, und sinnvoll für das Klima ist das ohnehin nicht. Und dann diejenigen, die nicht mehr ganz so mobil sind und die zuverlässige Lieferung bis an die Haustür zu schätzen wissen. Vor, während und nach der Gründung gibt es immer mal wieder Zweifel, die eigenen oder die der anderen, ob alles so richtig ist. Die Gründerin nutzt die Existenzgründungsseminare der EXEL zum Austausch mit anderen Gründer*innen. Auch das „Gründercoaching Deutschland“, heute unter der Bezeichnung „Förderung unternehmerischen Know-hows“ bekannt, empfindet sie als sehr hilfreich. Regional verwurzeln und am tatsächlichen Bedarf vor Ort orientiert – so präsentierten sich die Gründer*innen vor der Kamera im Emsland.
Bodenhaftung verkörpern auch die Vertreter*innen der Unterstützungslandschaft im Emsland. „Finanzierungsfragen sind häufig der Ausgangspunkt für den Erstkontakt zu den Förderern, aber Stolpersteine sind vielmehr ein unbekannter Markt und Wettbewerb. Deshalb sind Netzwerke in der Vorgründungsphase enorm wichtig, um Orientierung zu schaffen“ sagt Mechthild Gerling von der Emsland GmbH und Heidi Ricke ergänzt:
„Andere haben es auch geschafft, das macht Mut! Die Zeit der Notgründungen ist vorbei, heutige Gründungen sind ernsthaft, oft in Verbindung mit digitalen Leistungen. Das Emsland hat eine dynamische Wirtschaft mit vielen mittelständischen Betrieben - und man kennt sich. Nicht umsonst hat das Emsland den Slogan `Zuhause bei den Machern´“.
Herausforderungen gibt es allerdings auch: Die Entfernungen. Insbesondere bei der Nachfolge im Handwerk ist das nicht zu unterschätzen, sagt der Vertreter der regionalen Handwerkskammer im Interview. Das KfW-Startgeld sei „der Renner“, denn die familieninternen Nachfolgen werden weniger, externe Nachfolgen brauchen Finanzierung.
Gründerspots
Nach den Interviews profitiert das Filmteam von der perfekten Infrastruktur im Kreishaus Meppen, auch von der Kantine. Gestärkt werden die Utensilien des Sets zusammengepackt und bei schönstem Sonnenschein einige Szenen aus der Gründungsberatung gefilmt. Dann fahren wir noch zum Campus Lingen der Hochschule Osnabrück, mit dem angegliederten Gründer- und Dienstleistungszentrum it.emsland. Das Gebäude ist ein ehemaliges Instandhaltungswerk der Bahn, direkt am heutigen Bahnhof Lingen gelegen. Ein inspirierender Ort zum Studieren und dafür, die Option des selbständigen Erwerbslebens für sich zu entdecken.
Unterwegs
Praktischerweise bin ich ja schon am Bahnhof Lingen. Am späten Nachmittag fahre ich zurück nach Frankfurt am Main. Der Drehtag hat mir sehr gefallen. Eigentlich kann man gar nicht vergleichen, aber eine Ähnlichkeit mit dem Drehtag in Cottbus lässt mich nicht los: Hier wie dort setzen Gründerinnen und Gründer solche Geschäftsmodelle um, die sie in der eigenen Region verankern, mit denen sie einen Beitrag zur Versorgung der Menschen in ihrer Heimat leisten. Mich beeindrucken diese Gründer*innen ebenso wie diejenigen, die skalierbare Geschäftsmodelle im Tech-Bereich umsetzen.
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