Wie schön, dass in Cottbus das alte Kopfsteinpflaster weitestgehend erhalten geblieben ist. Allerdings rattert und klappert mein Rollkoffer auf dem Weg vom Bahnhof zum Hotel dermaßen laut über das Pflaster, dass ich zu später Stunde sicherlich so manchen Bewohner aus dem Schlaf gerissen habe. Kleiner Tipp: Cottbus bei nächtlicher Ankunft am besten mit dem Rucksack besuchen. Das Filmteam von forStory ist heute vor mir angekommen. Wie gut, denn die Datensicherung vom Drehtag in Erfurt muss noch gemacht werden.
Über unsere Partner in der Region
In Cottbus ist unser Partner für die RKW-Videoreihe „Gründen in Deiner Region“ das Gründerzentrum Zukunft Lausitz. Marcel Linge und Franziska Kretzschmar begrüßen uns am Morgen in den neuen Räumlichkeiten des Gründerzentrums im alten Bahnhofstrakt, gleich neben dem heutigen Hauptbahnhof. Vor gut einer Woche sind sie hierher gezogen. Es muss sehr viel Kraft, Kreativität und Flexibilität bedeutet haben, das Gründerzentrum hierher umzuziehen. Das Gründungszentrum Zukunft Lausitz ist seit 2006 im Kammerbezirk Cottbus die erste Adresse, wenn es um die Themen Existenzgründung, Betriebsnachfolge, Unternehmensentwicklung und Netzwerk geht. Partner aus Politik und Wirtschaft machen es möglich, dass in fast allen Bereichen eine kostenfreie Unterstützung angeboten wird. Das Land Brandenburg und der Europäische Sozialfonds investieren in die Gründungswerkstatt und den Lotsendienst. In Cottbus möchten wir über Bedarfe und Angebote in der Vorgründungsphase sprechen. Ganz besonders wichtig, denn in dieser frühen Phase erfolgen Orientierung und die Entscheidung für (oder auch mal gegen) eine Selbständigkeit.
Beim Drehtermin
Den Set-Aufbau für die Interviews kennen wir von unserem gestrigen Drehstart in Erfurt. Die Kisten mit Kabeln, Technik und Datenträgern bis hin zum Transparentpuder für das gute Aussehen unserer Interviewpartner vor der Kamera sind genauso wohlsortiert wie am Vortag. Und dennoch dauert der Aufbau des Sets mit den drei Kameras, Licht und Ton etwas mehr als 30 Minuten.
Wieder starten die Interviews um kurz nach 9:00 Uhr. Drei Vertreter*innen aus dem Netzwerk der Zukunft Lausitz sowie drei Gründer*innen berichten von Ihren Erfahrungen in der Vorgründungsphase, auch von den eigenen Zweifeln und den Zweiflern in ihrem persönlichen Umfeld - bis die Entscheidung zur Unternehmensgründung dennoch gefallen ist. In Cottbus erleben wir junge Unternehmer*innen vor der Kamera, die auf beeindruckende Weise genau in den Bereichen gründen, in denen die strukturellen Bedürfnisse extrem hoch sind: Zwei Frauen haben ein Pflegeangebot außerhalb der Stadt, im wirklich ländlichen Raum, geschaffen, das ihren Vorstellungen von der Würde hilfsbedürftiger Menschen entspricht. Über die konsequente Digitalisierung der Dokumentationspflichten schaffen sie Zeit und Raum für die eigentliche Pflege. Ein Gründer- und Wissenschaftsteam hat ein innovatives und nachhaltiges Verfahren zur Betonaushärtung entwickelt und dafür den Lausitzer Existenzgründerwettbewerb gewonnen hat. Eine langjährig angestellte und heute selbständige Personalentwicklerin sorgt dafür, dass Unternehmen in der unter Fachkräftemangel leidenden Grenzregion attraktiv für Fachkräfte werden und bleiben. Was besonders beeindruckend ist an den Gründerpersönlichkeiten aus der Lausitz vor der Kamera: Sie sind überzeugt davon, dass ihr Geschäftsmodell genau hier in der Lausitz wirklich sinnvoll ist, nicht nur unternehmerisch, sondern auch für die gesellschaftlichen Herausforderungen. Auch deshalb haben sie es geschafft, alle Unsicherheiten und Zweifel der Anfangszeit über Bord zu werfen.
Gründerspots
Nach den Interviews besichtigen wir mit Marcel Linge und Franziska Kretzschmar das Gründerzentrum Zukunft Lausitz. Man sieht es sehr deutlich: Hier entsteht der Gründerspot der Cottbus. Die Vielfalt der Gründerszene in der Lausitz erläutert Franziska Kretzschmar so:
„Die Gründerszene war hier im Grunde genommen schon immer vielfältig. Im Zuge des Strukturwandels gewinnt das Thema jedoch mehr und mehr an Bedeutung. Gründungen betreffen eben nicht nur Unternehmen aus dem typischen Technologie-, Dienstleistungs- oder Handwerksbereich, sondern auch aus der Kultur- und Kreativwirtschaft. All diese verschiedenen Branchen wollen wir in den gemeinsamen Austausch bringen.“
Sehr besonders erscheint mir hier, an der polnischen Grenze, ein Netzwerk, das sich um die ganz praktischen Bedürfnisse von Menschen bemüht, die nach einigen Jahren der beruflichen Tätigkeit in anderen Teilen Deutschlands oder der Welt wieder in die Lausitz zurückkehren möchten. „Station Cottbus, die Rückkehrerinitiative“ wird von rund 30 Unternehmen und Institutionen getragen und mit deren Kontakten und Fähigkeiten befüllt.
In Cottbus und unterwegs
Heute wird meine Bahnfahrt nur gut eine Stunde dauern, und mir ist es egal, wie spät ich in Berlin Treptow-Köpenick ankommen werde. Neugierig auf die Atmosphäre in der Innenstadt von Cottbus, beginne ich eine kleine Erkundungstour, ausgehend vom Staatstheater, ein wirklich beeindruckendes Jugendstilgebäude. Das spätsommerliche Wetter hat viele Menschen nach draußen gezogen, die in entspannter Atmosphäre die Parks um die Stadtmauer herum und den Marktplatz bevölkern. Ich bin froh, diesen Eindruck von Cottbus mitnehmen zu können.
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