„Neun von zehn Startups scheitern!“ – Das hört man immer wieder, ganz gleich ob in gängigen Medien oder in Gesprächen. Wenn das so wäre, stellt sich die Frage, ob die Corona-Krise überhaupt einen Unterschied bei der Abbruchquote von Gründungen macht.
Erfahrungen der Teilnehmenden
Die Teilnehmenden unseres siebten Online-Erfahrungsaustauschs hatten auf die Aussage hin zwei spontane Reaktionen: Die Aussage „neun von zehn“ ist für die Gründungen, mit denen sie es zu tun haben, viel zu hoch gegriffen. Außerdem muss geklärt werden, was eigentlich mit dem Begriff „Scheitern“ gemeint ist. So berichtete Gabriele Fladung vom Gründungszentrum Ginsheim-Gustavsburg, dass in der Erhebung unter den Gründenden in ihrem Zentrum nur zwischen zwei und zehn Prozent scheitern. Das ist natürlich nicht repräsentativ, da diese Gründungen schon einer erfolgsorientierten Auswahl unterzogen wurden.
Wobei Frau Fladung wie auch andere Teilnehmende der Runde betonten, dass Startups sich oft in Schritten wie in einer Fusion weiterentwickeln und so vom Markt verschwinden, ohne dass man von einem Scheitern sprechen kann. Und natürlich werden Ideen auch aufgegeben, weil man feststellt, dass sie Probleme lösen, die einfach niemand hat. Bernd Winters von der Provadis Hochschule berichtete, dass nach seiner Erfahrung vielleicht die Hälfte aller Ideen diesem Schicksal erliegt, bevor überhaupt ein Startup gegründet wird.
Das konnte auch Moderator Matthias Wallisch bestätigen, der aus dem von RKW Kompetenzzentrum in Zusammenarbeit mit der Universität Hannover erstellen <link gruendung/gruenderoekosystem/global-entrepreneurship-monitor-gem/>Global Entrepreneurship Monitor</link> berichtete, der in einer repräsentativen Erhebung nicht nur abfragt, ob die Probanden bereits gegründet haben, sondern auch, ob sie die Absicht haben, zu gründen. Dabei kommen im langjährigen Mittel etwa drei Menschen mit Gründungsabsicht auf zwei tatsächlich Gründende. Es machen sich also immer mehr Menschen auf den Weg, als dann tatsächlich gründen.
Studie zur Abbruchquote
Für existierende Gründungen kommt der KfW-Gründungsmonitor 2019 zu folgenden Ergebnissen:
- Etwa 30 Prozent der Gründungen im Laufe von drei Geschäftsjahren werden wieder aufgegeben.
- Von diesen gibt etwa ein Drittel aus persönlichen Gründen auf, ohne dass ein direkter wirtschaftlicher Zwang besteht, beispielsweise weil sich Selbstständigkeit und Familie nur schwer vereinbaren lassen.
- Für ein Viertel ist Unwirtschaftlichkeit der Grund für die Firmenauflösung – aber tatsächlichgehen nur etwa zwei Prozent in die Insolvenz.
Inwieweit man bei all den verschiedenen Fällen von einem Scheitern sprechen kann, liegt dabei natürlich im Ermessen der Gründenden. Wie Ökosysteme mit diesen Fällen in der Krise umgehen, wird nach Einschätzung von Nicole Haas von der Gründerschmiede Remscheid entscheidend beeinflussen, ob junge Leute die Gründung eines eigenen Unternehmens auch in Zukunft als attraktiven Karriereweg ansehen.
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