Die Gründungmöglichkeiten in ländlichen Räumen unterscheiden sich von denen in Städten und urbanen Regionen. Den Menschen bieten sich offensichtlich weniger Chancen für eine Gründung. Die Gründerquote ist demnach auch etwas niedriger. Auf dem Land beträgt diese 1,2% und in der Stadt 1,7% (Anteil von Existenzgründern an allen Personen im Alter von 18 bis 64 Jahren, Quelle: KfW Research). Da etwa zwei Drittel der Bevölkerung in Deutschland in städtischen Räumen lebt, kommen Gründungen in urbanen Regionen deutlich häufiger vor.
Städtische Räume: Ökosystem für High-Tech-Gründungen
Die Art der Gründungen unterscheidet sich ebenfalls. In der Stadt gibt es mehr Freiberufliche Gründungen und einen höheren Dienstleistungsanteil. Technologieorientierte Gründungen und Startups – dies sind etwa 10 % aller Gründungsvorhaben, wie der GEM-Länderbericht 2018/2019 zeigt – konzentrieren sich überwiegend auf Städte und sind im besonderen Maße auf ein dynamisches Umfeld und unterstützende Netzwerke angewiesen. Sie profitieren von räumlich konzentrierten Ökosystemen, in denen sie in unmittelbarer Nachbarschaft von Forschungseinrichtungen, Investoren, etablierten Unternehmen und anderen Start-ups angesiedelt sind. Gründungsökosysteme sind räumliche Ankerpunkte für die Entwicklung neuer Technologien und bieten somit eine große Attraktionskraft für internationale Talente, Investoren und Konzerne. Bei den High-Tech-Gründungen dominieren in Deutschland München und Berlin. Die räumliche Nähe der Akteure ermöglicht einen schnellen Austausch von relevantem Know-how und die Bewerkstelligung komplexer Arbeitsaufgaben und Entscheidungsprozesse. Neue Kommunikationstechnologien haben es bisher nur teilweise geschafft, diese Effekte des persönlichen, schnellen und vertrauensvollen Austauschs zu ermöglichen.
Ländliche Räume: Gründungen vor allem am regionalen Bedarf ausrichten
Auf dem Land bieten sich jedoch alternative Möglichkeiten, die noch zu wenig genutzt werden. Wichtig ist es, die regionalen Ressourcen und Bedürfnisse der Bevölkerung in den Blick zu nehmen. Häufige Vorteile für die Gründungen auf dem Land sind niedrigere Büromieten, mehr Flächen (z.B. für die Produktion) und eine höhere Lebensqualität. Gründungschancen in ländlichen Regionen eröffnen sich u.a. in folgenden Bereichen: Handwerkliche Tätigkeiten, Siedlungs- und Bauplanung, Aktivitäten im Bereich Erziehung, Schule und Erwachsenenbildung, Etablierung regionaler Altenpflege, Entwicklung von Urlaubsangeboten oder Dienstleistungen im Bereich Busverkehr und Transport. Gerade auf dem Land mangelt es noch an Initiativen und Netzwerken speziell für Gründungen. Hier besteht Nachholbedarf. Auch technologieorientierte Gründungen haben in ländlichen Regionen dann eine Chance, wenn ein effizienter Zugang zum Know-how, den Technologien und den Akteuren aus den räumlich konzentrierten Gründungsökosystemen besteht. Voraussetzung hierfür sind eine schnelle Internetanbindung und entsprechende (internetbasierte) Kooperationsplattformen, um auf einfache Weise Kontakt mit anderen Unternehmen, Investoren oder Forschungseinrichtungen aufnehmen zu können.
Ansätze zu Unterstützung von Gründungen in städtischen und ländlichen Räumen zeigt unsere Interviewserie „Regionale Gründungsökosysteme in Deutschland“. Der Ausbau eines flächendeckenden Breitbandnetzes für die schnelle Datenübertragung und diverse digitale Kooperationsmöglichkeiten bieten neue Ansätze, um bestehende Differenzen auszugleichen. In den ländlichen Regionen wird es vor allem darauf ankommen, die Gründungskultur zu fördern und die vorhandenen Potenziale stärker in den Blick zu nehmen.
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