Peter Borchers ist Gründer und Leiter von hub:raum, einem von der Deutschen Telekom betriebenen Inkubator mit Standorten in Berlin, Krakau und Tel Aviv. Als Experte für den Bereich digitale Transformation hat Peter Borchers den hub:raum aufgebaut und leitet ihn bis heute. Bevor er vor zwölf Jahren zur Telekom kam, war er selbst Mitgründer eines Internet Startups.
Für das RKW Magazin "Startups meet Mittelstand" haben wir Herrn Borchers befragt. Das folgende Interview ist gekürzt, den vollständigen Artikel können Sie in der Magazin-Ausgabe lesen.
Herr Borchers, mittlerweile ist der hub:raum eine bekannte Größe in der Startup-Szene. Was verbirgt sich dahinter?
Peter Borchers: hub:raum ist der Inkubator der Deutschen Telekom. Es gibt uns seit nunmehr über vier Jahren. Damit waren wir einer der ganz frühen Vertreter dieser Disziplin. Das Konzept von hub:raum konzentriert sich auf technologiegetriebene Startups in der sogenannten Seed-Phase, also Startups im Prototypenstadium. Dabei konzentrieren wir uns nicht nur auf deutsche Startups, sondern suchen neue, innovative Geschäftsmodelle aus der ganzen Welt. Deswegen gibt es den hub:raum mittlerweile nicht nur in Berlin, sondern auch in Krakau und Tel Aviv.
Was bekommt ein Startup, wenn es im hub:raum einzieht?
Zuallererst ist es unser Ziel, den Startups die bestmöglichen Rahmenbedingungen zu bieten, um möglichst erfolgreich zu werden. Wir haben dafür kein Standardpaket, sondern behandeln jedes Startup individuell. Aber wenn ein Star-tup zum hub:raum kommt, erhält es im Wesentlichen vier Dinge:
- 100.000 bis 300.000 Euro pro Startup-Team als Startkapital. Oft investieren gleichzeitig mit uns auch klassische Venture Capitalists, Förderbanken oder Business Angels.
- bekommen die Startups einen Arbeitsplatz von uns. In der Regel bleiben die Teams circa 12 bis 15 Monate, danach suchen sie sich neue Räumlichkeiten.
- bieten wir den Startups eine aktive Betreuung und Beratung an. Das wird vom hub:raum Team selber, von Experten aus der Telekom und insbesondere auch von externen Mentoren aus branchenrelevanten Bereichen übernommen. Sie unterstützen unsere Startups ehrenamtlich, um der nachfolgenden Generation zu helfen ebenfalls erfolgreich zu werden. So entsteht mit der Zeit ein richtiges Ökosystem.
- ermöglichen wir einen pragmatischen Zugang zur Telekom. Neben Geld und Know-how ist es für Startups wichtig, an Kunden zu kommen. Die Telekom ist somit bei vielen Startups gleich einer der ersten Kunden.
Was hat die Telekom davon?
Es gibt natürlich auch eine Gegenleistung, die die Startups bringen müssen. Die Telekom erhält marktübliche 10 bis 15 Prozent der Anteile an jedem Startup. Das ist aber nicht alles. Wir ziehen zusätzlich drei ganz wesentliche Vorteile für die Telekom aus dem hub:raum:
- Erstens bekommen wir durch die Analyse tausender Geschäftsmodelle einen sehr guten Überblick, was am Markt passiert.
- Zweitens ermöglichen wir es den Mitarbeitern der Telekom, sozusagen Startup-Luft zu schnuppern.
- Der dritte und meines Erachtens nach größte Mehrwert für die Telekom ist, ein zusätzliches Instrument im großen Werkzeugkasten der Innovation.
Innovation spielt im Mittelstand eine ebenso wichtige Rolle. Können der Mittelstand und Startups in ähnlicher Weise zusammenarbeiten?
Ich habe eine ganze Menge darüber gelernt, wie man sehr große und sehr kleine Unternehmen miteinander verbindet. Leider spielen bei dieser Kombination mittelständische Unternehmen oft nur noch eine geringe Rolle. Bei vielen Mittelständlern wird zum Beispiel die Notwendigkeit der Digitalisierung im Innovationsprozess unterschätzt. Hier könnten Startups dem Mittelstand sicherlich Hilfe leisten. Bei Startups wiederum ist der Anreiz oft viel höher, bei großen Marken wie Deutsche Telekom, BMW oder adidas um Unterstützung zu bitten, als sich an kleinere, aber eventuell genauso branchenrelevante Unternehmen zu wenden.
Eine Lösung könnte ein gemeinsamer Inkubator sein. Mittelständische Unternehmen könnten sich zusammentun und gegebenenfalls zusammen mit einem Betreiber einen gemeinsamen Inkubator gründen.
Der Lösungsansatz, einen gemeinsamen Inkubator aufzubauen, klingt sehr spannend. Wie könnte das funktionieren?
Gemeinschaftliche Projekte machen wir als großer Konzern schon lange: Beispielsweise haben wir die Telco-Alliance ins Leben gerufen und das gemeinsame Programm Go-Ignite gestartet. Ähnlich wie die Star-Alliance der Fluggesellschaften haben wir uns mit Wettbewerbern zusammengetan, die ebenfalls mit Startups zusammenarbeiten, und helfen uns gegenseitig, zum Beispiel bei der Internationalisierung von Startups, bei gemeinsamen Formaten oder bei Ausschreibungen.
Was sollten Unternehmen sonst noch machen, um im zunehmenden Wettbewerb zu bestehen?
Um wettbewerbsfähig zu bleiben und mit superschnell agierenden Startups mithalten zu können, müssen unserer Meinung nach große, etablierte Unternehmen zukünftig viel flexibler und dezentraler organisiert sein. Das bedeutet, dass auch deren Mitarbeiter unternehmerischer denken und handeln müssen.
Aber zurück zum Großen und Ganzen: Meines Erachtens nach ist die Förderung von Unternehmertum in der Gesellschaft extrem wichtig. Gründungen fördern die Basis unserer Wirtschaft, schaffen Innovationen und langfristig Arbeitsplätze. Und das ist letztlich ein weiterer Grund, warum Konzerne und Mittelstand enger mit Startups zusammenarbeiten sollten.
Herr Borchers, vielen Dank für das Gespräch.
Dieser Beitrag ist in gekürzter Form dem RKW Magazin 2/2016 entnommen. Gern können Sie weitere Beiträge in der PDF lesen, oder bestellen Sie sich gleich eine Printausgabe:
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