Aristech ist ein junges Unternehmen, das Systeme entwickelt, die Sprache erkennen, Stimmen erzeugen und Sprachdialoge mit einem Computer ermöglichen. Laut Gründerin und Geschäftsführerin Carolin Edler-Mende sind solche Dialogsysteme für viele Branchen interessant, doch Verwaltungen zählten bisher nicht zu den Kunden des Unternehmens. Dies änderte sich schlagartig mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie: Innerhalb weniger Tage entwickelte das Unternehmen eine Corona-Informations-Hotline für die Stadt Heidelberg.
Geschäftsbeziehungen wie diese sowie Kooperationen zwischen Startups und Verwaltungen sind ein seltenes Phänomen. Doch warum? Vorteile davon haben nämlich beide Seiten: Startups bieten nicht nur passgenaue Lösungen, sondern bringen auch Innovation und Digitalisierung in die Amtsstube. Startups hingegen erhalten eine gute Referenz und in der Regel einen treuen, verlässlichen Kunden.
Ein Grund dafür, dass Startups und Verwaltung nur selten zusammenfinden, sind die Anforderungen von klassischen Vergabeverfahren. Diese sind nämlich wenig startupfreundlich, wie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unseres Erfahrungsaustauschs bestätigten. Oft fehlen Startups die geforderten Referenzen oder die Produkte sind noch nicht lange genug am Markt. Hinzu kommt, dass Vergabeverfahren sehr aufwändig und langwierig sein können – keine guten Bedingungen für junge Unternehmen, die unter großem Druck stehen.
Um diesen Konflikt zu lösen, wurde vor einigen Jahren das spezielle Vergabeinstrument „Innovationspartnerschaft“ entwickelt. Ziel ist es, dass Startup für die öffentliche Hand ein neues, passgenaues Produkt oder eine Dienstleistung entwickeln, welche die Behörde am Ende der Partnerschaft einkauft. Was erstmal toll klingt, erweist sich in der Praxis jedoch als wenig hilfreich, wie uns Teilnehmende berichteten. Ihrer Erfahrung nach, ist dieses Vergabeverfahren immer noch sehr komplex und bürokratisch, was viele Startups erstmal abschreckt.
Vergabeverfahren sind jedoch nur ein Weg, wie Startups und Verwaltungen zusammenfinden. Bei Carolin Edler-Mende waren ein persönlicher Kontakt und der Zufall entscheidend: Wenige Monate vor Ausbruch der Pandemie besuchte der Oberbürgermeister der Stadt Heidelberg die Firma vor Ort. Als der Krisenfall eintrat, erinnerte er sich an das Unternehmen und rief sofort an. Aristech richtete eine automatisierte Corona-Hotline ein – was sich herum sprach. Bald meldeten sich weitere Verwaltungen bei Aristech und wollten ähnliche Technologien einführen.
Dass der erste Kunde der schwierigste Kunde ist, wissen die Teilnehmenden aus eigener Erfahrung. Neben der Teilnahme an Vergabeverfahren und der direkten Ansprache von Verwaltungen können sich Startups auch auf den Vergabeplattformen listen lassen. Weiterhin empfahlen die Teilnehmenden, sich als Startup an die lokale Wirtschaftsförderung zu wenden. Denn diese kenne den Standort am besten und habe ein eigenes Netzwerk, innerhalb dessen Kontakte vermittelt werden können.