Den Mut der Altersgruppe 60plus zu würdigen, ist heutzutage wichtiger denn je. Der Grund: Mit der Corona-Pandemie ist ein Rollback zur Risikogruppe-Debatte festzustellen. Völlig veraltete Altersbilder bekamen nach langer Zeit (schon wieder) Aufwind. Barbara Wackernagel-Jacobs, Filmproduzentin und frühere saarländische Sozialministerin, lobte die Zugabe-Preisträgerinnen und Preisträger im Namen der Jury und betonte ihre Bedeutung in der heutigen Corona-Zeit: „Sie sind wahre Role-Models für die Zeit des langen Lebens. Und Ihr Preis ist deshalb auch ein ermutigendes Signal für uns alle!“
Marc Freedman, Vertreter der amerikanischen Encore Organisation und Founder des Purpose Preises, dem Vorbild für den deutschen Zugabe-Preis, gratulierte aus San Francisco den diesjährigen Gewinnerinnen und Gewinnern. Er machte in seiner Rede auf das Potenzial der älteren Menschen zur Gründung von Social Entrepreneuren aufmerksam: „Wir brauchen jede Person. Ältere Menschen sind unsere einzige wachsende Ressource. Sie sind nicht das Problem, sondern die Lösung.“
Mit dem je 60.000 Euro dotierten Zugabe-Preis zeichnet die Körber-Stiftung Persönlichkeiten 60plus aus, die im Alter ein Unternehmen oder Sozialunternehmen aufgebaut haben. Sie sind „the Winner“ der Preisverleihung 2020 und dies sind ihre eindrucksvollen Geschichten:
Dr. Gerhard Dust, aus dem Ruhestand zurück ins Entrepreneurship. Das schwere Erdbeben 2010 in Haiti holte ihn aus dem Ruhestand zurück. Sein Werdegang: Vom Großhändler bis zum „selbstgemachten Bauingenieur“, um anderen zu helfen. Nach zehn Jahren Forschungsarbeit gelang ihm die Entwicklung eines nachhaltigen Baustoffes aus Polymerbeton, der dank einer einfachen Bautechnik, die an "Lego für Große" erinnert, erlaubt, ohne Vorkenntnisse zu bauen. Seine Bauinnovation versteht Herr Dust als Hilfe zur Selbsthilfe und stellt mit der PolyCare Research Technology GmbH & CO KG internationalen Partnern in der dritten Welt zur Verfügung.
Elke Schilling, ein Netz gegen Einsamkeit im Alter. Wie Elke Schilling früh feststellte, ist und war Einsamkeit ein Tabu-Thema, auch vor Corona-Zeiten. Jeder zehnte Mensch im Alter ist davon betroffen. Wie sie das schon immer gewohnt ist, wenn es Probleme gibt, packt Elke Schilling an. So gründete sie 2018 in Berlin das „Silbertelefon“, eine Telefonhotline gegen Einsamkeit im Alter. Das „Silbertelefon“ und das „Silbernetz“ schaffen Verbindungen zwischen Menschen. Diese Leistungen expandierten in der Corona-Krise bundesweit und sind heute nicht mehr wegzudenken.
Dr. Bernhard Krahl, austherapiert gibt es nicht. Nach zwei Hirninfarkten kämpfte sich Bernhard Krahl ins Leben zurück und gründete das Ambulanticum in Herdecke, eine Gesundheitseinrichtung für Schwerkranke mit modernsten Therapien aller Art. Herr Krahl hat damit exemplarisch gezeigt, dass Aufgeben keine Option ist und mit der richtigen Therapie immer eine Besserung erzielt werden kann. Die Jury würdigte Herrn Krahl nicht nur als erfolgreichen Unternehmer, sondern auch als Kämpfer für eine bessere Gesundheitspolitik.
Dr. Thilo Bode, die Seele von foodwatch. Engagement zum Schutz der Umwelt und der Menschen ist für Thilo Bode nichts Neues. Nach langer Zeit als Geschäftsführer von Greenpeace in Deutschland tätig, gründete er 2002 die Verbraucherschutzorganisation foodwatch e.V. Für ihn „ist unternehmerisches Handeln eine Leidenschaft und diese Leidenschaft ist der Motor, um Veränderungen zu vollbringen.“ Durch seine Tätigkeit hat es Thilo Bode geschafft, Verbraucherrechte in den Fokus zu bringen und für diese Lebensaufgabe wurde er mit dem Zugabe-Preis 2020 geehrt.
Von wegen Risikogruppe! Ältere Menschen sind so unterschiedlich wie alle anderen Altersgruppen und sollten nicht pauschal beurteilt werden. Vielmehr haben die diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger unter Beweis gestellt, dass Erfahrung ein wichtiger Vorteil zur Gründung von Sozialen Unternehmen ist.