Viele Frauen mit Einwanderungsgeschichte stoßen bei einer Unternehmensgründung zunächst auf ganz grundlegende Herausforderungen. Mangelnde Sprachkenntnisse, fehlendes Wissen über die Strukturen im Existenzgründungsumfeld oder zum richtigen Umgang mit Behörden und Banken machen den Start oft zusätzlich kompliziert. Was motiviert also die Frauen dazu, den Schritt trotzdem zu wagen, wo finden Sie Unterstützung und warum lohnt sich der oft nicht ganz einfache Weg am Ende?
Netzwerke ermöglichen Austausch mit Gleichgesinnten
Finanziell unabhängig sein, die eigenen Ideen verwirklichen und dabei Familie und Beruf miteinander verbinden können: Dieser Wunsch steht bei vielen angehenden Unternehmerinnen an erster Stelle. Als Gründerinnen mit Einwanderungsgeschichte fühlen sie sich zunächst jedoch oft einer doppelten Diskriminierung ausgesetzt. Etwa, wenn sie beim Bankgespräch erläutern müssen, wer die Kinder betreut, wenn sie sich als Mutter selbständig machten. Wichtig ist dann vor allem der Austausch mit anderen Gründerinnen, bei denen man ein offenes Ohr findet. Die Kontakte, die über vorhandene Netzwerke entstehen, bieten dabei aber nicht nur in der Gründungsphase, sondern auch darüber hinaus eine wertvolle Hilfestellung. „Gerade in der Pandemie ist die Bedeutung von Netzwerken spürbar geworden, denn in diesen kann sich angesichts einer solchen Herausforderung schnell organisiert werden. Netzwerke können die Interessen ihrer Mitglieder gebündelt vertreten und so schnell und speziell auf ihre Zielgruppe ausgerichtete (Hilfs-)Angebote entwickeln. So wird es möglich, eine größere Gruppe zu unterstützen und nicht nur punktuell bei Einzelnen anzusetzen.“ betonte Sevinc Yerli, Gründerin des Modelabels chilli bang bang.
Darüber hinaus lohnt es sich, sich einen Überblick über die zur Verfügung stehenden Beratungsangebote zu verschaffen. Anlaufstellen wie die IQ Fachstelle Migrantenökonomie, die Initiative Selbständiger Immigrantinnen e.V. Berlin oder der Frankfurter Verein jumpp – Frauenbetriebe und viele andere bieten spezielle Hilfestellung in unterschiedlichen Sprachen und stehen den angehenden Unternehmerinnen ganz individuell mit Rat und Tat zur Seite. Hoda El Gawish hat kaum externe Hilfe in Anspruch genommen, als sie sich mit El Gawish Consulting selbständig gemacht hat, wo sie sich auf interkulturelles Training spezialisiert hat. Das würde sie heute in jedem Fall anders machen. „Durch externe, professionelle Unterstützung können viele Schwierigkeiten vermieden bzw. leichter überwunden werden.“ Um ihre Erfahrung und ihr Wissen an andere Gründerinnen und Gründer weiterzugeben, engagiert sie sich heute ehrenamtlich bei den Wirtschaftsjunioren in ihrer Region.
Auch Sinem Ertürk setzt sich dafür ein, andere Frauen zur Unternehmensgründung zu ermutigen. Die Gründerin des Designbüros Green Bee Design ist eine von über 200 Vorbildunternehmerinnen der bundesweiten Initiative FRAUEN unternehmen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Um anderen Mut zur Selbständigkeit zu machen, besucht sie u. a. Schulen oder Universitäten und gibt dort einen Einblick in ihrem Alltag als Unternehmerin. Ihre eigene Geschichte zu erzählen und so andere zu motivieren ist ihr wichtig: „Insbesondere die Sichtbarkeit von Gründerinnen mit Einwanderungsgeschichte ist von enormer Bedeutung. Oft werden die eigene Einwanderungsgeschichte und die damit verbundenen Herausforderungen zunächst als Nachteil empfunden.“
Dabei kann – so zeigen die die vielen erfolgreichen Beispiel-Unternehmerinnen – die Einwanderungsgeschichte durchaus auch viele Vorteile mit sich bringen. In vielen Fällen ist das Geschäftsmodell geprägt von der eigenen Kultur oder der persönlichen Einwanderungserfahrung. Bestehende Kontakte in das Heimatland erleichtern oft zusätzlich die Erschließung internationaler Märkte. Für die Frauen eröffnen sich durch die Gründung in vielerlei Hinsicht oft neue Chancen. Mit ihrem Engagement und ihren vielfältigen Geschäftsmodellen leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Stärkung unserer Gründungslandschaft.
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