In den letzten Jahren sehen sich Gründerinnen und Gründer mit immer neuen, z.T. noch anhaltenden Herausforderungen konfrontiert. Zum einen müssen viele neue Unternehmen während der Corona-Pandemie Anpassungsfähigkeit und Resilienz beweisen. Andererseits verstärkt sich die Dringlichkeit, als neues Unternehmen nicht mehr nur ökonomisch, sondern auch sozial und/ oder ökologisch nachhaltig zu agieren.
Aktuelle Forschungsergebnisse liefern Grund zur Annahme, dass bei Gründerinnen teilweise Nachhaltigkeit eine andere Priorität einnimmt. So ist beispielsweise die Social-Enterprise-Szene weiblich dominiert (Kiefl et al., 2022). Bei ökologisch orientierten, sog. Green-Tech-Gründungen oder Green Start-Ups kann ein erhöhter Frauenanteil festgestellt werden. Der Gründerinnenanteil liegt bei grünen Startups signifikant höher (21 %) als bei der nicht-grünen Vergleichsgruppe (16 %) (Fichter et al., 2022, S. 10).
Beitrag der Gründerinnen und Gründer zu den Nachhaltigkeitszielen
Das Gründungsmotiv „die Welt verändern“ wird im Rahmen der Global Entrepreneurship Studie (GEM) seit 2019 abgefragt. Bereits dieses Gründungsmotiv kann ein Indikator dafür sein, wie stark das Interesse am Gemeinwohl bei Gründerinnen und Gründern ausgeprägt ist. Sowohl im Jahr 2019 als auch im Jahr 2021 sind es Frauen, die diesem Gründungsmotiv stärker zustimmen.
Im Jahr 2021 stimmt knapp die Hälfte (47,4 %) der Gründerinnen der Aussage zu oder eher zu, dass sie mit ihrer Gründung die Welt verändern wollen, nur für etwa ein Drittel (33,8 % der Gründer spielt dieses Motiv eine Rolle. Auch im Jahr 2019 ist dieser Geschlechterunterschied schon zu beobachten: 55,4 % der Gründerinnen wollen die Welt verändern, allerdings nur 38,2 % der Gründer. Im ersten Pandemiejahr ist der Rückgang bei Gründerinnen stärker und es stimmen mehr Gründer als Gründerinnen für das Motiv „die Welt verändern“ (41,0 % der Gründer und 38,5 % der Gründerinnen).
Seit dem Jahr 2021 wird in der Bevölkerungsbefragung des GEM erhoben, inwiefern Gründende Nachhaltigkeitsziele in ihrem Gründungsprozess bzw. ihrem (angehenden) Unternehmen berücksichtigen. Diese Fragen liefern wertvolle Einblicke in die Frage, welche Priorität soziale, ökonomische und ökologische Zukunftsfähigkeit für Gründende und ihr Unternehmen haben.
Hier fällt auf, dass sowohl Gründerinnen als auch Gründer bereits umweltbewusst agieren: Bezüglich der Frage, ob im vergangenen Jahr (ab Befragungszeitpunkt, also 2020) Maßnahmen ergriffen wurden, um die Umweltauswirkungen des Unternehmens zu minimieren, zeigen sich allerdings Unterschiede hinsichtlich der Intensität zwischen Frauen und Männern. Die Mehrheit der gründenden Frauen beantwortet diese Frage mit „ja“ (58,6 %), Männer hingegen nur zur Hälfte (49,7 %). Bei genauerer Betrachtung der Gruppe der Gründerinnen zeigt sich, dass es vor allem die Gründerinnen junger Unternehmen sind, die hier engagiert sind: Knapp 68,6 % der Gründerinnen junger Unternehmen ergreifen ökologische Maßnahmen (im Vergleich: 48,3 % der Gründer junger Unternehmen).
Die anderen erhobenen Aspekte der Nachhaltigkeitsorientierung fallen bei Gründerinnen und Gründern relativ ähnlich aus. Am häufigsten berücksichtigen beide Geschlechter soziale Implikationen ihrer Zukunftsentscheidungen über ihr neues Unternehmen (68,2 % der Männer und 73,6 % der Frauen). Konkrete Schritte, um die soziale Wirkung ihrer Gründung zu maximieren, haben 43,9 % der Gründer und 44,8 % der Gründerinnen im letzten Jahr bereits unternommen.
Auch die Umwelt wird bei Zukunftsentscheidungen von der Mehrheit berücksichtigt (62,5 % der Frauen und 62,8 % der Männer). Tatsächlich Priorität haben soziale und ökologische Aspekte allerdings nur bei knapp der Hälfte der Gründerinnen und Gründer: 46,8 % der Männer und 44,7 % der Frauen stimmen der Aussage zu, dass sie den sozialen oder ökologischen Impact ihres Unternehmens gegenüber Profit und Wachstum priorisieren.
Anteil der Gründerinnen bzw. Gründer, die der jeweiligen Aussage zugestimmt bzw. „ja“ geantwortet haben, 2021.
Quelle: GEM-Team Deutschland 2021.
Literatur
Kiefl, S., Scharpe, K., Wunsch, M., Hoffmann, P. (2022): Deutscher Social Entrepreneurship Monitor 2021/2022. SEND e.V. Berlin.
Fichter, K. & Olteanu, Y. (2022). Green Startup Monitor 2022. Borderstep Institut, Startup Verband. Berlin.
Sternberg, R., Gorynia-Pfeffer, N., Stolz, L., Schauer, J., Baharian, A., Wallisch, M.: Global Entrepreneurship Monitor (GEM). Länderbericht Deutschland 2021/22. RKW Kompetenz-zentrum und Institut für Wirtschafts- und Kulturgeographie, Leibniz Universität Hannover. Eschborn.
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