In einer Region kommen schnell mehrere Dutzend Akteure zusammen, die das Thema Entrepreneurship vorantreiben möchten. Hierzu gehören u.a. Gründerinnen und Gründer selbst, Institutionen der öffentlichen Förderungen, Bildungseinrichtungen, Banken und Investoren sowie etablierte Unternehmen. Doch auch wenn auf dem Papier alle Ökosystem-Akteure in einer Region vorhanden sind, gelingt die Zusammenarbeit nicht automatisch, da in der Regel ein hoher Organisations- und Abstimmungsauswand notwendig ist. Aufgrund der Komplexität der Beziehungen und Interessen, die in jeder Region unterschiedlich sind, gibt es außerdem keine Standardlösung, die für alle funktioniert.

Give before you get

Auf der Metaebene haben sich eine Reihe von Prinzipien herauskristallisiert, die für die regionalen Stakeholder eine Orientierung bieten können, zum Beispiel das Motto „Give before you get“ (#GiveFirst). Allgemein geht es darum, dass man sich im Rahmen einer Beziehung oder in einem Netzwerk engagiert, ohne eine vordefinierte Erwartung zu haben, welche Gegenleistung erfolgen wird. Dabei darf dieser Ansatz nicht mit Altruismus verwechselt werden. Denn die Erwartung, dass irgendwann etwas „zurückkommt“, ist gegeben. Allerdings, ohne zu wissen, von wem, in welcher Form oder in welchem Zeitrahmen. Weitere Aspekte, die häufig genannt werden, sind ein integrativer Ansatz, also eine Offenheit gegenüber allen Personen, die sich beteiligen möchten oder ein transparenter Umgang mit Rollen und Aufgaben im Ökosystem, insbesondere mit dem Blick auf das Thema Führung. Doch wie kann die Zusammenarbeit konkret gestaltet werden? Hierüber haben wir im Rahmen des RKW-Erfahrungsaustausches mit unseren drei Gästen gesprochen: Franziska Kretschmar (Zukunft Lausitz),  Waldemar Werwai (Entrepreneurship Cluster Mittelhessen) und Christian Sommer (NEXT MANNHEIM).

Top down oder bottom up?

Zum Start in die Diskussion haben wir die fast 80 Teilnehmenden darum gebeten eine Einschätzung vorzunehmen, inwieweit in einem regionalen Ökosystem eher ein zentraler Führungsansatz (top-down) oder besser eine egalitäre Organisation (dezentral oder bottom-up) zum Erfolg führt. Das Ergebnis war uneinheitlich, denn die regionalen Umfeldbedingungen prägen oft die Zusammenarbeit. Unterschiede zwischen urban und ländlich, Groß- oder Kleinstadt oder auch zwischen persistenten und flexiblen Wirtschaftsstrukturen fließen in die Gestaltung der Ökosysteme mit ein. Auch unsere Gäste haben diese Einschätzung bestätigt: Während in der Lausitz und Mittelhessen die regionale Zusammenarbeit im Ökosystem eher durch einen dezentralen Charakter gekennzeichnet ist, wurde in Mannheim ein top-down Ansatz gewählt, der im besonderen Maße durch die städtische Politik initiiert und gefördert wurde, gekennzeichnet durch ein außergewöhnliches Engagement des Bürgermeisters. Über den in Mannheim eingeschlagenen Entwicklungspfad hat Christian Sommer in der ersten Folge unserer neuen Podcast-Reihe „Gründungsupdate" ausführlich berichtet. Für die Gestaltung der Zusammenarbeit, die in einer Region funktioniert, bieten sich verschiedene Maßnahmen wie die Entwicklung eines Leitbilds, regelmäßige Interaktion der Akteure durch Round-Table-Gespräche oder die Skizzierung des gewünschten „Impact“ durch eine lebendige Gründungsszene an.     

Interdisziplinarität

Als besonders relevant hat sich die Bedeutung der „Interdisziplinarität“ innerhalb von Gründungsökosystemen herauskristallisiert, da das Innovationspotenzial beim Austausch unterschiedlicher Fachrichtungen viel größer ist. Hier bieten Experimentierräume einen praktischen Ansatz, um Personen aus der Wissenschaft, Gründerinnen und Gründer aber auch Unternehmerinnen und Unternehmer zusammenzubringen. So können beispielsweise Tech-Entrepreneure mit der Kultur- und Kreativszene neue Ansätze und Ideen entwickeln. Das erfordert in der Regel ein intensives Management von Beziehungen und viel Übersetzungsarbeit, denn von „alleine läuft es nicht“, so die Einschätzungen in der Runde. Offensichtlich bestehen hierzulande noch stärkere kulturelle Barrieren oder „unsichtbare Grenzen“, die es zu überwinden gilt.

Zusammenarbeit mit etablierten Unternehmen

Ein weiteres Feld der Zusammenarbeit stellt die aktive Verbindung der etablierten Wirtschaft mit der Gründungsszene dar. Nach einer anfänglichen Zurückhaltung von Seiten der „old economy“, so die Erfahrungen unserer Gäste, bieten sich eine ganze Reihe von Möglichkeiten, um Synergien zu nutzen. Im Rahmen der Initiative „Startup Lausitz“ hat sich über die Zeit ein Netzwerk etabliert, in dem auch ehemalige Gründende und etablierte Unternehmen beteiligt sind. In Gießen bietet der Makerspace einmal im Jahr eine  „Prototyping Ralley“ an. Es handelt sich um ein interessantes Format, dass sowohl Startups als auch etablierte Unternehmen zusammenführen kann, um gemeinsam an einem Produkt zu arbeiten. Die Bereitstellung von Flächen, Infrastruktur und Produktionskapazitäten von Seiten mittelständischer Unternehmen ist ebenfalls ein praktikabler Ansatz zur Stärkung von Kooperationen im Ökosystem. Eine weitere Möglichkeit ist die die aktive Einbindung des regionalen Mittelstands bei der Gestaltung von Gründungs- und Innovationszentren. Die Initiative muss hier keinesfalls ausschließlich von öffentlichen Institutionen ausgehen, sondern kann auch vom regionalen Mittelstand vorangetrieben werden, wie das Beispiel des Lokschuppen Marburg zeigt.

Impact einfordern

Bei all den gut gemeinten Unterstützungsmaßnahmen sollte auf eine Balance zwischen „Fördern und Fordern“ geachtet werden. Ansonsten besteht bei Gründerinnen und Gründern die Gefahr einer „Verwöhnungsverwahrlosung“ – ausgelöst durch eine Überdosis an Fördermaßnahmen. Startups haben innerhalb des Ökosystems auch eine „Aufgabe und Verpflichtung“ so ein Teilnehmer. Es kommt der Moment, an dem die Startups und jungen Unternehmen dem Ökosystem etwas zurückgeben sollten, so dass ein „Impact“ erkennbar wird und sich Prinzip „Give before you get“ erfüllt. 

 

Folge 1 "Zusammenarbeit in Gründungsökosystemen" unserer neuen Podcast-Reihe "Gründungsupdate":


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