100 Jahre alt wurde das RKW am 10. Juni. In seiner langen spannenden Geschichte finden sich manche interessante Veröffentlichung oder Hinweise, die teilweise bis in die Gegenwart wirksam sind – oder über die wir heute schmunzeln. Von Zeit zu Zeit greifen wir solche Fundstücke im Blog des RKW Kompetenzzentrums auf. Wenn Sie mehr zur Geschichte des RKW wissen wollen: www.100-jahre-rkw.de.
Massenproduktion funktioniert nur mit einer großen Anzahl von Produkten, die vom Band laufen, und sie sind so billig herzustellen. Genau darum ging es dem RKW in den 1950er Jahren: Die Industrie sollte viele Waren möglichst preiswert anzubieten, damit sie sich jeder leisten kann. Das hieß aber auch, dass es keine "Sonderwünsche" geben könnte: Keine x verschiedenen Formen von Kragenecken an Herrenoberhemden. Keine Lastkraftwagen mit 3, 35 Tonnen, 25 statt 250 verschiedene Fräswerkzeuge, wenn Fensterrahmen genormt sind. Genau für diese Rationalisierungsmaßnahmen warb das RKW auch bei den Verbrauchern. Wichtig sei schließlich die Qualität des Produkts und sein günstiger Preis, Individualität habe hier keinen Platz.
Eindrucksvoll wird mit Beispielen belegt, wie sich durch Normung Material sparen lässt: Bei einer Schraubmutter kann die Länge gekürzt werden auf 0,8 statt 1,0 Gewindedurchmesser. Ersparnis: 5.400 Tonnen Stahl im Jahr. Erst viele dieser, jede für sich vielleicht kleine, Maßnahmen bringen den Produktivitätsgewinn, senken die Kosten: Das ist die Botschaft. Und das zahle sich aus: Der Amerikaner müsste nur eine Stunde arbeiten, um seine Familie zu ernähren, der Deutsche dreimal so viel. Dabei würden die Amerikaner nur 39 Stunden in der Woche arbeiten – in der Bundesrepublik waren es 48 Stunden.
Gezeigt wurden die Erfolge von Typisierung und Rationalisierung in Publikumsausstellungen, beispielsweise 1951 in West-Berlin. Für diese Ausstellung entstand die durchgehend mit Zeichnungen illustrierte Broschüre, die in einer Auflage von 50.000 Stück verbreitet wurde.
Letztlich funktionierte das Modell: Westdeutsche, die in den 1950er und 1960er Jahren aufwuchsen, erinnern sich vielleicht daran, dass bei ihren Spielkameraden die gleichen Musikschränke und Fernsehgeräte standen, die Mütter die gleichen Waschmaschinen, Mixer und Toaster benutzten und die Väter abends mit dem VW Käfer nach Hause kam.
In den 1990er Jahren kam die Mass Customization (deutsch: kundenindividuelle Massenproduktion) auf die Tagesordnung. Dank Digitalisierung war es nun möglich, die Skaleneffekte der Massenproduktion zu nutzen und den Kunden dennoch individuell konfigurierte Produkte anzubieten. Natürlich war auch das ein Thema im RKW und ist es angesichts der zunehmenden Digitalisierung und ihren vielen Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle bis heute, auch wenn das Schlagwort aus der Diskussion verschwunden ist. "Massenprodukt" klingt halt in den Ohren der Verbraucherinnen und Verbraucher heute nicht mehr so sexy wie 1951.
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