Mit 19 Teilnehmern, dazu gehörten viele planende Bauingenieure, SHK-Planer, einige Energieberater und Architekten, aber auch der Fachkräftenachwuchs, war der Raum bis zum vorletzten Platz belegt. Die Referenten trafen auf ein sehr interessiertes Publikum und mussten sich nach ihren Vorträgen und in der Kaffeepause ausgiebig den Fragen der Teilnehmer stellen.
Doch zunächst kamen die Teilnehmer selbst zu Wort. Sie sollten kurz Auskunft geben, warum sie sich für Smart Home interessieren. Einige der Teilnehmer hatten bereits Projekte mit Smart Home auf dem Tisch oder demnächst in der Planung. Ein Energieberater soll zum Beispiel im Zuge der energetischen Sanierung eine denkmalgeschützte Kirche auch mit Smart Home ausgestatten. Ein großes Unternehmen in München will seine älteren Gebäude für das Jahr 2030 fit machen. Auch hier ist Smart Home bzw. intelligente Gebäudeautomation ein wichtiges Thema. Ein Tiefbauingenieur plant sein eigenes Wohnhaus und wollte deshalb mehr über Smart Home erfahren.
Andere Teilnehmer wollten rechtzeitig grundlegende Kenntnisse erwerben, um auf Kundenanfragen und zukünftige berufliche Herausforderungen vorbereitet zu sein. Hierzu gehörten auch die vier Studenten der Gebäude- und Energietechnik. Smart Home ist an ihrer Hochschule (noch) kein Vorlesungsthema, sondern kommt nur im Rahmen von Studienprojekten vor. Deshalb nutzten sie das Angebot der RG-Bau und der Bayerischen Ingenieurkammer Bau, um sich einen gründlichen Überblick über Smart Home zu verschaffen.
Der Vortrag von Dr. Marc Jäger bot dazu eine hervorragende Gelegenheit. Dr. Marc Jäger ist nicht nur stellvertretender Vorsitzender des SmartHome Initiative Deutschland e. V. sondern auch Inhaber der Firma JAEGER Wohn- und Gebäudeintelligenz in Bruchsal und hat mit seinem Unternehmen bereits viele Smart Home-Projekte geplant und umgesetzt. Hierzu gehören neben Einfamilienhäusern auch große Bürogebäude. Er konnte aus der Erfahrung zahlreicher Projekte viele Anwendungsmöglichkeiten von Smart Home und deren technischen Umsetzung darstellen.
Neben der Energieeffizienz ist Komfort ein wichtiges Smart Home-Anwendungsfeld. Der demografische Wandel hat zur Entwicklung zahlreicher Lösungen im Bereich alltagsunterstützender Dienstleistungen (AAL) geführt. Telemonitoring und Telemedizin tragen dazu bei, dass immer mehr pflegebedürftige Menschen lange selbstbestimmt in ihrer Wohnung leben können. Doch mit der gleichen Technik kann der fitte Smart Home-Bewohner auch ein hohes Maß an Komfort und Bequemlichkeit erreichen. Ein Beispiel: Der gleiche Sensor, der dafür sorgt, dass nach dem Ablassen des Badewassers die Badbeleuchtung zum Rasieren heller wird, kann später dafür sorgen, dass ein Notruf abgesetzt wird, wenn der ältere Bewohner nach dem Ablassen des Wassers nicht mehr aus der Badewanne aussteigen kann.
Marc Jäger hat auch ein Smart Home für eine Familie mit einem an Diabetes erkrankten Kind geplant. Hier hilft das Haus den Eltern auch, nächtliche Notfälle im Kinderzimmer schnell zu bemerken. Bewegungsmelder können zum Beispiel starke Unruhe bei Überzucker feststellen, VOC-Sensoren typische Veränderung der Ausatemluft bei Unterzucker. Doch ein Smart Home kann noch mehr zur Sicherheit seiner Bewohner beitragen. Neben Schutz und Gefahrenerkennung im Haus gibt es gute Lösungen für Einbrucherkennung, Einbruchvermeidung oder den Video-Beweis, wenn es ein Einbrecher doch ins Haus geschafft hat.
Mehr zu den Projekten der Firma JAEGER Wohn- und Gebäudeintelligenz: www.jaeger-wohnintelligenz.de
Die Teilnehmer des Workshop brachten dann allerdings gleich noch die andere Seite von Smart Home-Sicherheit zur Sprache. Wie steht es um den Schutz der persönlichen Daten im Smart Home? Der SmartHome Initiative e. V. hatte diesem wichtigen Thema in diesem Jahr seine Jahreskonferenz gewidmet. Die SmartHome 2017 Security Conference „SmartHome sicher (er)leben“ am 9. und 10. Oktober 2017 in Bad Soden am Taunus endete nach gründlicher Diskussion aller Aspekte mit der Verabschiedung der Bad Sodener Erklärung zu Sicherheit im Smart Home und durch Smart Home-Techniken. Darin sind alle wichtigen Maßnahmen zusammengefasst, mit denen IT- und Datensicherheit im Smart Home erreicht werden kann.
Hier die wichtigsten Punkte:
- Smarte Häuser und Wohnungen sind – wenn Smart Home Produkte fachgerecht installiert wurden- grundsätzlich sicherer als konventionelle. Smart Home ist dabei eine wertvolle Ergänzung zu mechanischer Sicherungstechnik
- Fälle von Einbrüchen „per Handy“ sind bisher nicht bekannt
- Bei Angriffen auf Smart Home bzw. IoT-Produkte steht aktuell nicht das Eigenheim im Fokus. Stattdessen wird versucht, Geräte und Dienste für andere kriminelle Zwecke zu missbrauchen.
- Der Einsatz von Smart Home-Technik kann vor Sach- und Personenschäden schützen und potentielle Einbrecher abschrecken
- Smart Home braucht nicht zwingend das Internet
- Sichere Router sind eine Grundvoraussetzung für Smart Home mit Internetzugang
- Cloud-Only-Lösungen sind potentiell gefährdet, da sie im Gegensatz zu rein lokalen Lösungen einen zusätzlichen Angriffsvektor bieten und sind gefährlich, da sie nicht über Notlaufeigenschaften verfügen.
- Bestimmte Cloud-Dienste sind gut geeignet, eine sichere Kommunikation zwischen Smart Home Systemen, Bewohnern und Dienstleistern zu gewährleisten.
Die nächsten beiden Vorträge kommen dem aufmerksamen Leser sicher bekannt vor. Prof. Michael Krödel erläuterte in bewährter Art und Weise, wie man die mit Smart Home möglichen Energieeinsparungen im Gebäudebereich berechnen kann. Seit der EnEV 2014 können sich diese teilweise auch im Energieausweis niederschlagen. Bei Nichtwohngebäuden kommen hier zirka 20 Prozent zusammen. Und das passt auch ganz gut. Bei Wohngebäuden findet sich Gebäudeautomation allerdings kaum in den Berechnungsregeln wieder. Leider berücksichtigen bisher auch nur wenige Programme zur Berechnung eines Energieausweises die Effekte von Gebäudeautomation. Doch dem Bauherren kann die Bauwirtschaft mit den einfachen und meist kostenlosen Tools des Instituts für Gebäudetechnologie (IGT) eine gute Grundlage für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Smart Home-Lösungen zur Energieeinsparung geben.
Mehr zu den Tools des Instituts für Gebäudetechnologie (IGT)
Detlef Malinowsky von der IBDM GmbH ist Experte für die Optimierung des Betriebs technischer Anlagen. Er beleuchtete das Energieeinsparpotenzial von Smart Home mehr aus technischer Sicht am Beispiel von Heizung und Warmwassererzeugung. Smart Home-Technik kann nicht nur am Energieverbraucher, dem Heizkörper sinnvoll eingesetzt werden. Die gesamte Anlage einschließlich Wärmeerzeugung, Speicherung und Verteilung können durch Smart Home-Technik intelligent gesteuert und als Gesamtsystem optimiert werden. Die Energieeinsparung ist manchmal sogar größer als die durch den Austausch alter Anlagentechnik, wie zum Beispiel der Umlaufpumpen. Große Bestandshalter können durch Fernüberwachung aller Heizungsanlagen in ihren Gebäuden zusätzlich Kosten sparen.
Allen Teilnehmern des Workshops wurde damit deutlich, Smart Home bringt den Kunden der Bauwirtschaft großen Nutzen. Doch wie kann man als Bauingenieur, Architekt oder Energieberater daraus ein Geschäftsmodell kreieren und ebenfalls profitieren? Ute Juschkus von der RG-Bau im RKW Kompetenzzentrum machte hierfür in ihrem Schlusswort zwei Vorschläge:
- Betrachten Sie Ihr Tagesgeschäft. Mit welchen Aufträgen, Anliegen und Fragen treten Ihre Kunden an Sie heran. Das sind Ihre „Bauthemen“. Suchen Sie sich zu Ihren wichtigsten Bauthemen die passenden Smart Home-Themen aus den drei Smart Home-Anwendungsfeldern Energieeffizienz, Komfort und Sicherheit. Auf diesem Weg finden Sie Ihren persönlichen Einstieg in die große und etwas unübersichtlich wirkende Smart Home-Welt. Befassen Sie sich zunächst nur mit dem Fokus auf Ihr bevorzugtes Smart Home-Thema mit Technologie und Anbietern. In einem späteren Schritt können Sie auch geeignete Partner für Planung und Ausführung suchen.
- Gehen Sie den Weg zu einem Smart Home-Geschäftsmodell Schritt für Schritt. Im Workbook „Fit für die Zukunft – Fit für Smart Home“, welches zum Jahreswechsel gedruckt vorliegen wird, werden vier Schritte auf dem Weg zum eigenständigen Smart Home-Bau- oder Planungsleistung beschrieben. Der Weg dahin ist aufwendig, aber es könnt sich lohnen. Und bereits auf Stufe Zwei können Sie mit umfassenderen Bauherrenberatungen zu Smart Home vielleicht schon erste Umsätze generieren.
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