In den letzten Wochen und Monaten haben wir oft und viel mit Menschen zusammengearbeitet, die mit Personalthemen in mittelständischen Unternehmen betraut sind. Angefangen bei Geschäftsführerinnen, die mangels Personalabteilung Personalangelegenheiten neben vielen anderen Themen selbst betreuen, über Personalverantwortliche, die frisch ins Unternehmen gekommen sind, um eine systematische Personalarbeit aufzubauen, bis hin zu Referentinnen, die arbeitsteilig und professionell einen mehr oder weniger kleinen Ausschnitt aus der Fülle an Personalthemen betreuen. Kurz: wir haben mit Menschen gesprochen, deren Kontexte so bunt sind, wie es die mittelständische Unternehmenslandschaft eben auch ist.
Wie wir uns begegnet sind – Themen und Formate
Begegnet sind wir ihnen in verschiedenen Formaten, die das RKW Baden-Württemberg gemeinsam mit uns für den HR-Bereich anbietet – pandemisch bedingt oft remote: Wir haben in Online-Kurztrainings über Konfliktdynamiken gesprochen, die aus der digitalen Transformation des Unternehmens herrühren, aber auch über verlässlich-agile Methoden, Personalthemen vorausschauend voranzutreiben, und über die Business-Seite der Personalarbeit. Wir haben zwei Tage lang mit Teilnehmenden des Blendend-Learning-Lehrgangs „QualiDigi“ daran gearbeitet, was es bedeutet, aus der Personalabteilung heraus Change-Projekte zu unterstützen, psychologische Grundlagen besprochen, über passende Kommunikationsangebote reflektiert und vieles mehr. In Einzelcoachings haben wir schließlich konkrete Fälle beraten, beispielsweise wie die coronabedingten Veränderungen im Betrieb gut integriert werden oder sich Personalabteilungen zwischen Konzernvorgaben und Mitarbeiterorientierung aufstellen können, ohne einseitig Partei zu nehmen. Last but not least haben wir in Zukunftslaboren gemeinsam neue Perspektiven und Lösungen ins Spiel gebracht, die aus dem eigenen Bezugsrahmen heraus nicht denkbar gewesen wären.
Die Krise als Katalysator bestehender Problemlagen
Ausnahmslos in allen Fällen ging es in der einen oder anderen Weise um Einflüsse der Digitalisierung und um zunehmende Geschwindigkeit. Oft stand implizit der Wunsch nach Verlässlichkeit im Raum und ein Interesse an Themen, die immer schon da waren, nun aber mit erheblicher Wucht auf die Bühne drängen. Vieles, was im Getöse des Tagesgeschäfts gar nicht hörbar war, wurde plötzlich zum Problem: seien es die unterschiedlichen Erwartungen der Generationen an eine gelungene Zusammenarbeit, die fehlende Strategiefähigkeit zwischen Personalabteilung und Geschäftsführung oder die Frage, wie Führung Nähe und Sicherheit anbieten kann, wenn man sich nicht täglich sieht (was meist auch vor Corona bereits der Fall war) – allesamt Fragen, die höchst digitalisierungsrelevant sind.
Über Wunsch und Wirklichkeit der Digitalisierung in der Personalarbeit
Dabei war die Digitalisierung – beispielsweise der Personalprozesse selbst oder in Form von Collaboration-Tools – Hoffnungsträger und Sorgenkind zugleich. Wer Prozesse digitalisiert, stellt womöglich fest, dass die Prozesslandschaft nicht (mehr) zum Geschäft passt. Wer Führung stärker über digitale Tools organisiert, hat es meist immer noch mit den vorhandenen Führungskräften zu tun – und damit mit allen ihren Qualitäten und Restriktionen. Allerdings sind wir auch immer wieder über Projekte gestolpert, in denen die Technologie genau das zu leisten vermochte, was man erhofft hatte: eine sinnvolle Vereinfachung der Prozesse und eine Vereinfachung der (Zusammen-)Arbeit. Da gab es Initiativen zur Einführung einer digitalen Personalakte, die Einführung eines einfachen (digitalen) Skillmanagements oder technischer Tools, welche die Zusammenarbeit in agilen Strukturen sinnvoll unterstützen.
Konsequenzen & Learnings
Die Rolle der Personalentwicklerin oder des Personalentwicklers ist nicht einfach. Das gilt vor dem Hintergrund von sich schnell wandelnden Geschäften und einer pandemischen Lage ganz besonders. Die gute Nachricht: wir haben in unseren Gesprächen und Austauschformaten viele kompetente und findige Menschen getroffen, die den Spagat zwischen professioneller Systematisierung und pragmatischer Problemlösung vielfach gut bewerkstelligt haben. Dabei hatten in unserer Wahrnehmung die Unternehmen die Nase vorn, die ein paar Dinge anders gemacht haben:
- Vorausschauend-pragmatische Personalplanung: die „Wahrheit“ liegt unserer Auffassung zufolge immer an einem individuell zu bestimmenden Punkt zwischen „wer braucht bei all den Veränderungen schon Pläne“ und einer von Kontrollimpulsen getragenen und maschinenähnlichen Planung aller Eventualitäten. Das RKW Baden-Württemberg hat die bewährten Ansätze aus dem RKW-Netzwerk zu einem einfachen Planungsschema weiterentwickelt, das auch den Anforderungen agiler und digitaler Unternehmensführung gerecht wird.
- Potenzial- und engpassorientierte Personalentwicklung: wir wissen mittlerweile recht verlässlich, dass Menschen gut in einem Umfeld gedeihen, das ihnen ihre Arbeit einerseits möglichst einfach und erfolgsträchtig macht. Zum anderen sind Menschen eben keine Maschinen und unterscheiden sich in ihren Potenzialen und Themen erheblich voneinander. Dort, wo es gelingt, Personalentwicklung auf die Engpässe in den stofflichen Arbeitsprozessen und die individuellen Potenziale der Beschäftigten hin zu orientieren, können Unternehmens- und Persönlichkeitsentwicklung Hand in Hand gehen.
- Miteinander auf Augenhöhe: so abgedroschen es klingen mag – dort, wo es im Personalbereich läuft, erleben wir das Miteinander zwischen Unternehmensführung und Personalabteilung als partnerschaftlich-kooperativ. Ohne in eine Henne-Ei-Thematik einsteigen zu wollen: Investitionen in diese Beziehung lohnen sich fast immer.
- Der Blick über den Tellerrand: wer eine Weile in einer Organisation arbeitet, weiß auch entsprechend viel über die Organisation. Das ist ein wertvolles Gut. Gleichzeitig verlieren Irritationen, Fragen und Möglichkeiten, die über die gelebte Praxis hinausreichen, mit der Zeit oft an Kraft. Das ist sicher effizient, erschwert aber eben auch Innovationen und neuartige Problemlösungen. Der Austausch mit Menschen, die etwas vom Geschäft verstehen, ohne betriebsblind zu sein, ist unternehmensintern schlicht nicht ersetzbar und darf kultiviert werden. Beispielsweise als Partner in einer Pilotierung der RKW Kompetenzzentrum, als Teilnehmer beim Online-Speedcoaching oder dem Blended Learning-Lehrgang „Quali-Digi“ (beides aktuell nur beim RKW Baden-Württemberg) oder in zahlreichen anderen Angeboten des RKW Netzwerks.
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