Viele kennen das Problem ständiger Störungen am Arbeitsplatz. Ein wichtiger Grund: E-Mails. Insgesamt haben moderne Kommunikationsmittel die Produktivität deutlich gesteigert. Dennoch lassen sie sich an vielen Stellen bewusster einsetzen. Denn unter den unnötigen Unterbrechungen leiden Produktivität und Kreativität.
Volle Konzentration bitte!
Endlich Olympia! Aber nicht für zahlreiche Angestellte in der Schweiz. Dort blockierten einige Unternehmen Live-Streams. Die Sorge der Arbeitgeber liegt auf der Hand:
Wenn sich die Mitarbeiter am Arbeitsplatz mit Privatangelegenheiten beschäftigen, leidet ihre Produktivität und damit die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Unternehmens.
Viel alltäglicher und gravierender wirken sich aber "hausgemachte" Störungen im Arbeitsalltag aus. So zu Beispiel nötige und insbesonders unnötige E-Mails. Denn ständige Unterbrechungen stören die Belegschaft zunehmend. Das ist zumindest das Ergebnis der Workplace-Survey, die 250 Personalmanager in Deutschland und der Schweiz befragte:
- Immerhin 65 Prozent der Betroffenen in Deutschland gaben an, die meisten Mitarbeiter würden sich über solche unnötigen Nachrichten beschweren.
- 37 Prozent sehen negative Auswirkungen auf die Produktivität.
Wenngleich das genaue Ausmaß schwer zu ermitteln ist: Die zunehmende Flut teils unwichtiger E-Mails und Einladungen unterbricht immer wieder den Arbeitsfluss und senkt dadurch die Produktivität. Denn die moderne Hirnforschung hat ermittelt:
Um nach einer Störung wieder die volle Konzentrationsfähigkeit zu erlangen, benötigt das Gehirn ca. acht Minuten.
Überprüfen Sie selbst, wie viel Zeit Sie demnach selber täglich wirklich produktiv arbeiten. Die E-Mails später am Abend abzuarbeiten, schadet der Produktivität übrigens ebenso: Forscher der Universität Michigan fanden heraus, dass der berufliche Gebrauch von Smartphones nach 21 Uhr am nächsten Tag durch mehr Müdigkeit und ein geringeres Engagement bestraft wird, da man nicht mehr in der Lage ist abzuschalten.
Störungen sind Kreativitätskiller
Laut dem renommierte St. Gallener Professor Oliver Gassmann hat dieses Phänomen nicht nur negative Auswirkungen auf die Produktivität und Qualität, sondern darüber hinaus auch auf die Fähigkeit der Mitarbeiter, kreative Lösungen zu erarbeiten und konzeptionell zu denken.
Schlimmer noch, vor allem die Führungskräfte von KMU sind seiner Ansicht nach von dem damit zusammenhängenden Kreativitätskiller der Realtime-Illusion betroffen: Dem Druck, alles sofort und parallel erledigen zu müssen.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Der Zeitdruck lässt sich nicht einfach wegdiskutieren. Er muss sich aber nicht zwingend negativ auf die Kreativität auswirken. Oft ist er sogar förderlich. Vorausgesetzt es besteht die Chance sich auf diese Aufgabe ungestört konzentrieren zu können.
Was ist zu tun?
Um dem zu begegnen rät Gassmann dazu:
- "Dringendes" von "Wichtigem" unterscheiden lernen. Sonst läuft man Gefahr, dass Letzteres systematisch liegenbleibt.
- Informationsqualität vor -quantität zu stellen und
- sich möglichst nur auf eine Aufgabe gleichzeitig zu konzentrieren.
Dafür lassen sich beispielsweise…
- tatsächlich erforderliche Reaktionszeiten feststellen und entsprechend handeln,
- wenn möglich Zeitblöcke für die E-Mail-Beantwortung oder E-Mail-freie Tage einrichten,
- Kollegen dagegen häufiger persönlich ansprechen,
- unnötige in "cc" versendete E-Mails vermeiden oder
- bei Sitzungen Handys und Notebooks abschalten.
Einige dieser Maßnahmen kann jeder Mitarbeiter für sich selbst berücksichtigen. Andere benötigen dagegen verbindlich festzulegende Standards. Eine wichtige Rolle bei der Umsetzung haben die Führungskräfte selbst durch ihre Vorbildfunktion.
Am Rande bemerkt: Ob und wie stark sich das Verfolgen von Olympia auf die Arbeitsproduktivität im Betrieb auswirkt ist selbst unter Experten umstritten. Das Beratungsunternehmen KPMG beispielsweise hebt eher den positiven Beitrag des gemeinsamen Erlebnisses für den Team-Geist hervor und befürchtet keine negativen Folgen.