Target Costing – Optimierungspotenziale kundenorientiert erschließen

Target Costing bewährt und hochaktuell

Zugegeben, Target Costing oder Zielkostenrechnung ist keine neue Methode. Entstanden in den 1960er Jahren bei Toyota, erlebte sie bereits in den 70er und 80er Jahren eine erste große Verbreitungswelle. Trotzdem hat sie bis heute nichts von ihrer Aktualität verloren. Man könnte sogar sagen, dass Target Costing angesichts zunehmender Wettbewerbsintensität und steigendem Kostendruck vielleicht wertvoller ist denn je.

Was hat Target Costing zu bieten?

Denn Target Costing gibt eine Methodik an die Hand, Produkte und Dienstleistungen bereits während der Produktplanung konsequent auf die Kosten- und Qualitätsanforderungen der Kunden auszurichten, Kostentreiber zu identifizieren und Lebenslaufkosten zu reduzieren. Das lohnt sich, denn die Möglichkeiten, diese Ziele zu beeinflussen, sinken im Entwicklungsverlauf rapide.
Target Costing eignet sich dadurch zur Entwicklung neuer aber auch zur Optimierung bestehender Produkte und Dienstleistungen.

Wie funktioniert Target Costing?

Dazu setzt die Methode an den Kundenwünschen an und versucht von Anfang an die Frage zu klären, was ein Produkt aus Kundensicht kosten darf. Daraus werden in vier Hauptschritten systematisch Zielkosten für die einzelnen Produktkomponenten abgeleitet:

  1. Definition eines marktgerechten Produktes
  2. Ermittlung der Gesamtzielkosten
  3. Zielkostenspaltung
  4. Umsetzung

Die Definition eines marktgerechten Produktes…
ist Ausgangspunkt aller weiteren Überlegungen. Das heißt, die wesentlichen Produktanforderungen und Produkteigenschaften werden ermittelt und festgelegt.

Ermittlung der Gesamtzielkosten
In der Folge richtet Target Costing die Produktentwicklung konsequent an diesen Anforderungen aus. Das betrifft nicht nur die Produktqualität, sondern insbesondere auch den Produktpreis. Die entscheidende Frage lautet also:

Was darf das Produkt kosten?

Die Suche nach einem realistischen Zielpreis kann sich dabei an

  • den Kosten des Unternehmens,
  • den Wettbewerbern oder aber
  • konsequent an dem erzielbaren Marktpreis orientieren.

Steht der Zielpreis fest, lassen sich daraus abzüglich der angestrebten Gewinnmarge die erlaubten Kosten bestimmen.

Entsprechend können unterschiedliche Informationsquellen die Suche unterstützen. Dazu zählen zum Beispiel die Conjoint Analyse, Marktstudien, Kundenbefragungen, Experteninterviews, Datenbankanalysen, Branchentrends, das Preisverhalten der Wettbewerber, die Preisentwicklung von Rohstoffen und Bauteilen oder anvisierte Kostensenkungspotenziale.
Parallel dazu werden die Standardkosten bestimmt, also die Kosten, welche entstünden, wenn aktuell gebräuchliche Verfahren eingesetzt würden. In der Regel liegen die Standardkosten über den erlaubten Kosten. Die entstehende Ziellücke ist durch neue Lösungen und Optimierungen zu schließen. Sind die erlaubten Kosten jedoch nicht erreichbar, sollte zunächst geprüft werden, ob der Verkaufspreis bzw. die Funktionalitäten abgeändert werden können oder ob strategische Gründe dafür sprechen, die Zielkosten über den erlaubten Kosten anzusetzen.

Zielkostenspaltung
Mit den Zielkosten für das Gesamtprodukt besitzt die Produktentwicklung bereits eine genaue Zielmarke. Um noch genauere Kostenvorgaben festzulegen, geht es im nächsten Schritt darum, ausgehend von den Gesamtzielkosten Kostenziele für einzelne Produktfunktionen und / oder Produktkomponenten abzuleiten. Sinnvollerweise sind in diesem Schritt allerdings nicht die Gesamtzielkosten, sondern nur die komponentenbezogenen Gemein- und Einzelkosten zu berücksichtigen. Dazu sind zwei Verfahren gebräuchlich: Die Komponentenmethode und die Funktionsmethode.

Bei der einfacheren Komponentenmethode werden die Zielkosten direkt auf einzelne Bauteile aufgeteilt. Das Verfahren eignet sich allerdings eher bei geringfügigen Produktmodifikationen.
Gebräuchlicher ist die zweistufige Funktionsmethode. Alle Funktionen werden zunächst aus Kundensicht erfasst und auf ihren Beitrag zum Gesamtnutzen hin gewichtet. Ausgehend von den komponentenbezogenen Kosten lassen sich die jeweiligen Funktionszielkosten errechnen. Im zweiten Schritt werden die Produktkomponenten den Funktionen gemäß ihres Beitrags zur Funktionserfüllung zugeordnet. Über die verschiedenen Funktionen aufsummiert, geben die gewichteten Anteile an der Nutzenerfüllung den Beitrag einer Komponente am Gesamtnutzen wider. Die komponentenbezogenen Kosten lassen sich entsprechend dieser Anteile zu Komponentenzielkosten aufspalten.

Umsetzung
Um den Handlungsbedarf bei den einzelnen Komponenten zu identifizieren, bietet sich zunächst ein Vergleich zwischen den ermittelten absoluten Soll-Zahlen und den aktuellen Ist-Zahlen an. Weitere Möglichkeiten, um relative Über- oder Untererfüllungen abzubilden, sind

     

  • der Zielkostenindex (Quotient aus Nutzenanteil und Anteil an den Standardkosten) und
  • das Zielkostenkontrolldiagramm (mit den Achsen Nutzenanteil und Kostenanteil).

     

Zur Erreichung der Zielkosten und der Zielqualität stehen darüber hinaus verschiedene Methoden zur Verfügung:

  • Konstruktive bzw. technologieorientierte Ansätze (z. B. Reverse Engineering und Wertanalyse)
  • Produkt- / Prozessorientierte Ansätze (Lebenszykluskostenrechnung, Prozesskostenrechnung, Benchmarking oder Quality Function Deployment)

Für wen sich Target Costing besonders auszahlt

Target Costing ist ein wertvolles Instrument, um die Produktplanung und -entwicklung an den Bedarfen von Markt und Kunden auszurichten und Optimierungspotenziale systematisch zu erschließen. Trotz der mit der Anwendung in der frühen Phase verbundenen Unsicherheiten und Ungenauigkeiten verspricht die Methode Kostensenkungspotenziale von bis zu 20 Prozent.

Allerdings setzt dies entsprechende Veränderungsmöglichkeiten voraus. Insofern eignet sich der Einsatz von Target Costing wenn nicht zu lange Produktlebenszyklen, nicht zu hohe Fixkostenanteile und nicht zu unflexible Produktionsabläufe, dafür aber relativ wettbewerbsintensive Märkte und ein hoher Kostendruck vorliegen.