Warum Brainstorming nicht immer funktioniert
Die Idee vom Sturm der Gehirne
Brainstorming, was für ein schönes Bild! Eine kleine Gruppe tauscht ihre Ideen und Gedanken frei aus, befruchtet sich gegenseitig und löst so einen Sturm in den Gehirnen der Teilnehmer aus. Das Ergebnis: Viele Ideen und gelegentlich auch ein Geistesblitz.
Warum ist es aber sinnvoll, Probleme in Gruppen anzugehen? Neben der frühzeitigen Einbeziehung der an der späteren Umsetzung beteiligten Personen liegt das vor allem an der Art, wie Ideen entstehen.
Zugegebener Maßen sind die genauen Zusammenhänge dahinter noch nicht völlig geklärt. Klar scheint immerhin: Die meisten guten Ideen sind Neukombinationen von bereits bekannten Lösungen in neuen Zusammenhängen. Häufig liest man, 80 Prozent aller Innovationen seien darauf zurückzuführen. Und hier kommt die Gruppe ins Spiel auf der das Brainstorming letztendlich beruht. Unterschiedliche Personen bringen verschiedene Wissensbausteine ein und fügen diese zu etwas Neuem zusammen.
Warum Brainstorming aber nicht immer funktioniert
Die Methodik beschrieb erstmals der Autor Alex Osborn 1942 in seinem Buch "How To Think Up". Nahezu ebenso lange belegen Studien in schöner Regelmäßigkeit, dass Brainstorming nicht funktioniert oder sogar kontraproduktiv sei. Die Gründe:
- Der kritikfreie und offene Austausch ist in der Praxis sehr voraussetzungsvoll. Nicht jede Gruppenzusammensetzung und nicht jede Unternehmenskultur gewährleistet dies.
- Schlimmer noch. Beim Brainstorming kann es zu einem Effekt kommen, den Psychologen als "kognitive Restriktion" bezeichnen. Wer darauf wartet, endlich seine Ideen präsentieren zu dürfen, ist abgelenkt. Dadurch ist er nur noch eingeschränkt in der Lage, den anderen Teilnehmern zuzuhören. Im schlimmsten Fall vergisst oder verwirft er seine Einfälle sogar. Von einem Sturm kann dann keine Rede mehr sein.
Die Botschaft all dieser Studien lautet: Überlegen die Teilnehmer alleine, entwickeln sie deutlich zahlreichere und kreativere Lösungen. Das klingt zunächst nach einem vernichtenden Urteil.
Wer tiefer gräbt findet allerdings auch Studien, die dem widersprechen. Demnach kommt es darauf an, wie gut die Gruppen mit der Methode vertraut sind und ob sie von einem geschulten Moderator gecoacht werden.
Besser als Brainstorming…
funktioniert demnach aber Brainwriting. Auch Brainwriting versucht, die Teilnehmer zu unterstützen, auf den Ideen der anderen Teilnehmer aufzubauen. Die Methode hat jedoch einen Vorteil: Jeder Teilnehmer kann ungestört eigene Ideen sammeln und notieren. Bekannte Spielarten sind etwa die Galeriemethode, die 6-3-5 Methode, das Collective-Notebook oder durch Software unterstützte Varianten.
Natürlich existiert eine Vielzahl weitere intuitive und diskursive Kreativitätstechniken oder Ansätze wie beispielsweise Open Innovation und Cross Industrie Innovation, um zu neuen Lösungen zu gelangen. Welche davon sich jeweils am besten eignet, hat mit den Präferenzen der Teilnehmer und vor allem auch mit der Art der zu lösenden Problemstellung zu tun.
Apropos Problemstellung: Bei aller Sorge um kreative Lösungen sollte sie nicht vernachlässigt werden. Ganz im Gegenteil! Denn jede Idee kann nur so gut sein wie das Problem, das durch sie gelöst wird.
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