Oftmals wird die digitale Transformation als Schreckgespenst der deutschen Wirtschaft dargestellt. Doch wo Schatten fällt, muss bekanntlich auch viel Licht sein. Deswegen möchten wir Ihnen zeigen, wie KMU digital neu denken können. Dabei spielen "Unternehmerinnen und Unternehmer im Unternehmen“ oder neudeutsch "Intrapreneurinnen und Intrapreneure“ eine zentrale Rolle.
Handlungs- und Innovationsfelder der digitalen Transformation
Konsequente Digitalisierung ist einer der wesentlichen Faktoren, um schnell, effizient und nutzungsfreundlich zu agieren. Dabei hat gerade die Corona-Krise gezeigt, dass digitalisierte Unternehmen krisenfester sind. Allerdings kann man im Kontext Digitalisierung schnell den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen. Von Arbeiten in MS-Teams über die Einführung eines neuen ERP-Systems bis zur Entwicklung digitaler Produkte und Geschäftsmodelle gibt es zahlreiche Handlungsfelder.
Digitalstrategie als Fundament
Bevor Sie sich also "ins Tun“ stürzen und Intrapreneurinnen und Intrapreneure ins Rennen schicken, sollten Sie durch die Ausarbeitung einer Digitalstrategie klare Prioritäten definieren, wie genau Ihr Unternehmen von digitalen Maßnahmen profitiert.
Typischerweise lassen sich Maßnahmen grob in folgende vier Domänen einteilen. Dabei liegt der Fokus im deutschen Mittelstand mehr auf der digitalen Erneuerung des heutigen Kerngeschäftes. Der Aufbau digitaler Geschäftsmodelle ist für den deutschen Mittelstand eher eine Ausnahmeerscheinung.
Warum Digitalisierung Intrapreneurinnen und Intrapreneure braucht
Digitalisierung ist auf Vernetzung, Integration und damit grundsätzlich horizontal ausgerichtet. Jedoch sind Unternehmen vertikal in "Abteilungen“ organisiert. Das heißt, jeder Versuch, eine durchdachte Digitalisierung aus einer "Abteilung“ heraus zu steuern, ist mit einer hohen Wahrscheinlichkeit aus mehreren Gründen zum Scheitern verurteilt:
- Anforderungen aus Abteilungen heraus werden oft nicht ganzheitlich "end to end“ gedacht.
- Stakeholder suchen ihr lokales, statt das nächste unternehmerische Optimum.
- Der Abstimmungsaufwand zwischen unterschiedlichen Bereichen und Berichtslinien ist relativ hoch.
Dagegen haben Intrapreneurinnen und Intrapreneure den Raum und die Freiheit, sich über Silo-Grenzen hinweg zu bewegen, um Anforderungen ganzheitlich aufzunehmen und "end to end“ zu denken.
Die idealen Kompetenzen einer Intrapreneurin und eines Intrapreneurs
Intrapreneurinnen und Intrapreneure sind Vernetzende, weil sie Anforderungen über Abteilungsgrenzen hinweg aufnehmen, sowie Störenfriede, weil sie etablierte Routinen gerne infrage stellen.
Allerdings wäre es ein Missverständnis, anzunehmen, dass Intrapreneurinnen und Intrapreneure unabhängig sind. Auch wenn sie grundsätzlich einen hohen Freiheitsgrad genießen, stehen sie im Dienst des Unternehmens, ihrer Kolleginnen und Kollegen und des konkreten Vorhabens im Rahmen der digitalen Strategie des Unternehmens.
Soziale Skills und digitales Fachverständnis
Um zu vernetzen, brauchen Intrapreneurinnen und Intrapreneure eine hohe soziale Kompetenz. Das Zugehen auf Leute, das kritische, jedoch jederzeit wertschätzende Hinterfragen von Anforderungen sind Aufgaben, die gute interpersonelle Skills erfordern. Darüber hinaus benötigen sie ein solides technisches und digitales Fachverständnis sowie Interesse und Neugier, sich mit digitalen Systemen und Technologien auseinanderzusetzen und sich dabei fortwährend weiterzubilden. Je nachdem welche konkreten Vorhaben sie verfolgen, benötigen Intrapreneurinnen und Intrapreneure noch weiterführende Skills.
- Prozesse: ein gutes prozessuales Verständnis und Umgang mit Daten
- Marketing: Verständnis von gängigen digitalen Plattformen (z. B. Google, soziale Netzwerke)
- Digitale Services: Verständnis für die Entwicklung digitaler Produkte und Plattformen
Rahmenbedingungen für erfolgreiches Intrapreneurship
Intrapreneurinnen und Intrapreneure bleiben weitgehend wirkungslos, wenn nicht folgende wichtige Voraussetzungen durch die Eigentümerinnen und Eigentümer und das Management erfüllt sind:
- Digitalstrategie und Handlungsfelder sind definiert und kommuniziert.
- Volles Back-up durch Eigentümerinnen und Eigentümer sowie das Management.
- Klare Rolle und Delegation der Verantwortung für ein Handlungsfeld oder einzelne Vorhaben an die Intrapreneurinnen und Intrapreneure.
- Intrapreneurinnen und Intrapreneure genießen einen hohen Freiheitsgrad, über Abteilungsgrenzen und Titel hinweg.
- Je explorativer ein Vorhaben (z. B. Aufbau eines neuen digitalen Produktes oder Geschäftsmodells), desto mehr sollten Intrapreneurinnen und Intrapreneure von bürokratischen Übergriffen durch Legal, Controlling oder Project Management Office verschont werden.
- Intrapreneurinnen und Intrapreneure haben ausreichend Zeit für ihre Vorhaben. Die absolute Untergrenze sind zwei Tage pro Woche, im Idealfall arbeiten sie Vollzeit an ihren Vorhaben.
- Intrapreneurinnen und Intrapreneure bekommen Budget, um sich bei Bedarf weiterzubilden oder eine Meinung von Expertinnen und Experten einzuholen.
Je mehr dieser Faktoren zutreffen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Ihre Intrapreneurinnen und Intrapreneure erfolgreich sind.
Über den Autor:
Andreas Diehl ist Gründer und Blogger in der #DNO (www.dno.de). Als Berater unterstützt er KMU bei der Gestaltung ihrer digitalen Transformation. Kontakt: andreas(at)digitaleneuordnung.de
Der Artikel ist zuerst in unserem Managementletter 2023 "Intrapreneurship - Mitarbeitende zum Mitgestalten motivieren" erschienen.
- © Anton Vierietin / iStock.com – managementletter_www_blog_2190x1180__beitrag_2.jpg